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"Wir haben keine Geschlechtergerechtigkeit"

Landesrätin Andrea Klambauer (Neos): "Es fehlt an der Basis. Wir haben nach wie vor keine Geschlechtergerechtigkeit."
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Geringeres Einkommen von Frauen, drohende Altersarmut und Nachteile in der Krise zeigen Neos-Landesrätin Andrea Klambauer: "Wir haben nach wie vor keine Geschlechtergerechtigkeit". 

SALZBURG. Frau Landesrätin Andrea Klambauer, welches sind die größten „Frauen-Probleme“ in Salzburg?
ANDREA KLAMBAUER:
Es fehlt an der Basis. Wir haben nach wie vor keine Geschlechtergerechtigkeit. Wenn wir diese hätten, würden Frauen und Männer in gleicher Weise in Familie und Beruf leben können.

"Bei uns wird man als arbeitender Mann schon durch kleine Beiträge als 'guter Vater' bezeichnet – zum Beispiel, wenn man zwei Monate Papakarenz nutzt. Als arbeitende Mutter hat man es aber schwer, als 'gute Mutter' wahrgenommen zu werden. Hier fehlt der ausgeglichene Blick. 
Landesrätin Andrea Klambauer

Welches sind die klassischen Frauenthemen in Salzburg, auch wenn sie es nicht mehr sein sollten?
ANDREA KLAMBAUER: Die fehlende Geschlechtergerechtigkeit, die drohende Altersarmut bei Frauen, sowie die gläserne Decke – sprich, dass Frauen nicht in Führungspositionen aufsteigen.

LR Andrea Klambauer: "Mädchen wird oft vermittelt, weniger fordernd, zurückhaltend, brav und lieb zu sein. Wir müssen die Mädchen selbstbewusster erziehen."
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Bleiben wir gleich bei den Arbeitsmarktthemen. Vom Salzburger AMS heißt es: Egal ob Krise oder Hochkonjunktur, Frauen sind die Verlierer am Arbeitsmarkt. Was gilt es hier zu tun?
ANDREA KLAMBAUER: Das ist eine breite Palette. Man muss auf allen Ebenen ansetzen – z.B. bei der drohenden Altersarmut durch Erwerbslücken bei Frauen. Frauen bekommen aktuell nur 55 Prozent einer Männerpension. Außerdem werden Berufe in denen vermehrt Frauen arbeiten immer noch geringer bezahlt.

Der sogenannte "equal pay day" besagt, dass Frauen in Salzburg – im Vergleich zu den Männern – von Jahresbeginn bis 4. März gratis gearbeitet haben. Wie kann man dem entgegenwirken?
ANDREA KLAMBAUER: Was es braucht, ist Einkommenstransparenz und ein offeneres Verhältnis zum Thema Einkommen unter den Mitarbeitern. Hier gibt es gute erste Schritte. Einmal, dass bei Stellenausschreibungen das Gehalt angeführt werden muss und, dass Firmen ab 150 Mitarbeitern Einkommensberichte vorlegen müssen. 

Und dennoch verdienen Frauen laut AMS im Schnitt um 473 Euro weniger als Männer (teilzeit- und saisonbereinigt). 
ANDREA KLAMBAUER: Das stimmt. Wir Frauen müssen offensiver und selbstbewusster werden. Wir müssen wissen, was unsere Arbeit Wert ist und diesen Wert einfordern. Das hört sich einfach an, ist aber natürlich oft mit Ängsten verbunden.

"Mädchen wird oft vermittelt, weniger fordernd, zurückhaltend, brav und lieb sein zu müssen. Wir müssen die Mädchen selbstbewusster erziehen."
Landesrätin Andrea Klambauer


Zeigt sich in Krisenzeiten – also auch in der Corona-Krise – verstärkt, wem die Zuständigkeit für Familie, Kinder und Pflege von Angehörigen zugeschrieben wird? 
ANDREA KLAMBAUER: Ganz generell zeigt sich: Wenn es irgendwo Probleme gibt, erwartet man, dass sie die Frauen lösen. In der Corona-Krise denke ich z.B. an Homeoffice und Homeschooling. Eine SORA-Studie hat ergeben, dass die Arbeitsleistung im Homeoffice von den Frauen vermehrt am Abend, in der Nacht und am Wochenende erbracht wurde. Und warum? Weil sie sich tagsüber um die Familie gekümmert haben.
Mich hat die Aussage des Bundeskanzlers geärgert, der gesagt hat, es sei keine Schande, wenn man einmal das Kind in die Betreuung gibt, wenn man es nicht mehr aushält. Gerade das erzeugt sozialen Druck. Eltern brauchen vernünftige Rahmenbedingungen und eine Perspektive.

Neos-Landesrätin Andrea Klambauer (re.) im Gespräch mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger.  | Foto: Melanie Reinhard
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War das auch der Grund, weshalb für Salzburg in der Corona-Krise jeder Beruf als systemrelevant gegolten hat und daher alle Eltern ihre Kinder in Betreuung geben konnten?
ANDREA KLAMBAUER:
Ganz genau. Ich wollte auf der Systemebene klarstellen, dass es in Ordnung ist, sein Kind betreuen zu lassen, wenn man berufstätig ist. Ich wollte den Frauen auch sagen: Dein Job ist so viel Wert, wie der deines Mannes.

"Corona hat gezeigt, dass sich Männer in Krisenzeiten gerne inszenieren. In Wahrheit ist es aber so: Wo Frauen an der Spitze sind, ist das Land besser durch die Krise gekommen – und das mit weit weniger Inszenierung."
Landesrätin Andrea Klambauer 


Gewalt an Frauen war in den letzten beiden Jahren bei uns in Salzburg/Österreich verstärkt Thema (Frauenhäuser, Frauenmorde). Was braucht es, damit wir nicht mehr darüber sprechen müssen?
ANDREA KLAMBAUER:  Wir wollen und sollen darüber sprechen, weil das den Tätern klar macht: Häusliche Gewalt ist Unrecht, es ist kein Thema, das wir tolerieren und, die Konsequenzen trägt der Täter alleine. Wir brauchen Beratung, Wegweisung und das Angebot der Frauenhäuser.

"Bisher hat die Coronakrise zu keinem Anstieg der Zahlen von Frauen in Frauenhäusern geführt. Aber wir gehen davon aus, dass die Frauen zuerst die äußere Krise bewältigen müssen, ehe die Betroffenen Schritte gegen Beziehungsgewalt setzen können."
Landesrätin Andrea Klambauer

In unserem allerersten gemeinsamen Interview habe ich Sie gefragt, ob Ihre Ressorts – Frauen, Diversität, Chancengleichheit sowie Kinderbetreuung, Jugend Generation und Familie – "Frauenressorts" sind. Sie haben gesagt „Das will ich nicht so sehen“. Hat sich Ihr persönlich Blick auf diese Ressorts seit Juli 2018 verändert?
ANDREA KLAMBAUER: Nein, das sind alles Ressorts für die Menschen. Mein einziges Frauenressort ist das Frauen-Ressort (lacht). Und in meinen Ressorts "Wohnbau und Wissenschaft" dominieren derzeit noch die Männer.

Was soll sich nach Ihrer Amtszeit in diesen Ressorts verbessert/verändert haben?
ANDREA KLAMBAUER: Ich will sagen können: In meiner Zeit haben sich die strukturellen und niederschwelligen Benachteiligungen von Frauen reduziert und die Selbstbestimmung bei den Mädchen ist gestiegen.

Wir haben aktuell unsere Serie „MutMacherinnen“. Halten Sie sich als erfolgreiche, berufstätige Mutter für eine Mutmacherin?
ANDREA KLAMBAUER: Mir gefällt das Wort Mutmacherin besser als Powerfrau, denn Powerfrau suggeriert, dass diese Person alles gleichzeitig, hervorragend schaffen kann und das ist nicht möglich. Ich bin gerne eine Mutmacherin und werde oft gefragt, wie ich es schaffe, Erwerbstätigkeit und Familie unter einen Hut zu bringen. Dann sage ich: Ohne ein gleichberechtigtes Leben und eine gleichberechtigte Aufteilung der Care-Arbeit (Anm. d. Red.: unbezahlte Arbeit wie Hausarbeit und Kinderbetreuung), wäre das bei mir nicht möglich.

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