Psychologie und Psychotherapie
ADHS im Erwachsenenalter

Was ist ADHS?

ADHS steht für "Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung". ADHS weist eine starke erbliche Komponente auf und tritt in Familien über die Generationen hinweg gehäuft auf.

ADHS wird bei Erwachsenen oft nicht erkannt

Mitunter wird bei Kindern ADHS diagnostiziert und deren Eltern bemerken dann, dass sie selber eine ähnliche Symptomatik wie ihre Kinder haben und dass sie auch unter ADHS leiden. Es handelt sich dabei um eine weit verbreitete (offiziell) "psychische Störung", die auch unter Erwachsenen häufig zu finden ist. Es gibt eine sehr wirksame pharmakologische Behandlung. Vielleicht ist dies einer der Gründe, weshalb es nur wenige psychotherapeutische und psychologische Angebote für Erwachsene mit ADHS gibt.

Das Störungsbild von ADHS im Erwachsenenalter ist besonders und wurde lange Zeit nicht beachtet, weil ADHS viele Jahrzehnte rein kinder- und jugendpsychiatrisch behandelt wurde.

ADHS ist keine Modediagnose, Fehldiagnosen sind selten

ADHS ist keine Modediagnose, sondern es wird häufiger diagnostiziert, weil es heute mehr Sensibilität dafür gibt. Selbstverständlich gibt es auch Fehldiagnosen, wobei diese entgegen der öffentlichen Meinung insgesamt nur selten vorkommen. Insofern ist der Vorwurf der "Modediagnose" auch ein Vorurteil und Klischee und verharmlost das immense Leiden der Betroffenen.

Die Überanpassung an das System kostet Kraft und erschöpft

Zwei Drittel aller Kinder, die unter ADHS leiden, tun dies auch noch im Erwachsenenalter. Die Betroffenen haben oft auch Komorbiditäten, vor allem Ängste und Depressionen, weil die Überanpassung an ein neurotypisches Umfeld soviel Kraft und Lebensenergie kostet. Es ist gefährlich für die Psyche, wenn Menschen mit ADHS nicht lernen, sich ihre Kräfte und Ressourcen gut einzuteilen, sich zu schonen und nicht überanzupassen. Medikamentöse Unterstützung ist dabei ein wichtiger Baustein der State-of-the-Art-Behandlung und lindert viel Leid, allerdings kann sie keine Strategien zum guten, achtsamen Umgang mit sich selbst und den eigenen Kräften oder interpersonelle Kompetenzen ersetzen.

Alltägliche Aufgaben, wie etwa Termine einzuhalten, können für Menschen mit ADHS immens viel Kraft kosten, stellen mitunter eine große Hürde dar und können erschöpfen und depressiv machen.

Typische Alltagsprobleme von Personen mit ADHS sind:

  • in Ehen und Partnerschaften höhere Scheidungsraten, weniger Freund*innen, viel soziale Isolation
  • im Arbeitsleben ein erhöhtes Risiko, Schulen und Ausbildungen abzubrechen, den Arbeitsplatz häufig zu verlieren oder zu wechseln, ein niedrigerer Berufsstatus, mehr Krankentage und Fehltage
  • im Straßenverkehr höhere Schadenssummen, häufigere Unfälle und ein erhöhtes Unfallrisiko, mehr Organstrafen und Ordnungswidrigkeiten
  • Konflikte mit dem Gesetz

ADHS im Erwachsenenalter ist anders als ADHS im Kindesalter

Das Bild von ADHS im Erwachsenenalter unterscheidet sich von dem im Kindesalter. Die Hyperaktivität wird im Alter weniger, stattdessen sind sehr viele kleine Bewegungen, motorische Unruhe, der erhöhte Drang nach Bewegung und innere Unruhe kennzeichnend. Es kommt oft zu gravierenden Schwierigkeiten im Beruf, in Partnerschaften, im Straßenverkehr und auch zu Konflikten mit dem Gesetz.

Film: "ADHS – von ersten Symptomen bis zur richtigen Diagnose"

Fehldiagnosen sind bei ADHS sehr selten. Es ist wichtig, dass Menschen mit ADHS möglichst früh die Diagnose erhalten.

Dabei darf die Diagnose der ADHS nur gegeben werden:

  • wenn die Störung schon vor dem zwölften Lebensjahr begonnen hat
  • wenn die Symptome in ganz unterschiedlichen Situationen auftreten (etwa zuhause, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis ...)
  • wenn das Leben dadurch beeinträchtigt wird
  • wenn andere körperliche und psychische Erkrankungen als Ursachen der Symptome ausgeschlossen werden können

Menschen mit ADHS sehen sich mit folgenden Vorurteilen konfrontiert:

  • Sie müssten sich nur mehr anstrengen und zusammenreißen. Dies geht aber nicht bzw. tun dies die Betroffenen ohnedies schon zur Genüge und erschöpfen sich dabei bis zum depressiven Zusammenbruch oder Burnout.
  • Medikamente seien schädlich. Damit wird das Leid verstärkt, da ein stark ausgeprägtes ADHS ohne medikamentöse Behandlung für Körper und Psyche schädlicher ist als es die Nebenwirkungen der Medikamente sind.
  • ADHS sei eine Modediagnose. Damit werden die Betroffenen nicht ernst genommen oder gesehen. Ihr Leid wird nicht anerkannt und bagatellisiert.

Exkurs: Burnout und Erschöpfung

Wie entsteht ein Burnout?
Chronische Stressbelastungen, mangelnde Möglichkeiten, abzuschalten und sich zu erholen und eine schlechte Work-Life-Balance sind Risikofaktoren für die Entwicklung eines Burnouts. Auch ein übertriebener beruflicher Ehrgeiz und eine leistungsorientierte Psychodynamik mit starken inneren Antreibern und Kritikern spielen bei der Entwicklung eines Burnouts eine zentrale Rolle. Ein Burnout baut sich oft über viele Monate oder Jahre hinweg auf. Hierbei verbraucht der Körper jede Energie und auch die psychische Kraft geht völlig verloren.

Im Burnout erleben sich Menschen als völlig erschöpft, ausgebrannt und entmenschlicht.

Film: "Von Burnout bis Angststörung: wenn Stress krank macht"

Immer mehr Menschen leiden an Zuständen der Erschöpfung. In diesem Video kommen Betroffene zu Wort.


Exkurs: Hochsensibilität und Hochsensitivität: Was ist hochsensitiv und hochsensibel?

Hochsensible und hochsensitive Menschen haben aufgrund besonderer Eigenschaften ihres Nervensystems eine überdurchschnittlich feine, intensive, tiefe und differenzierte Wahrnehmung. Sie nehmen Sinnesreize viel intensiver wahr und verarbeiten sie tiefer.

Reizüberflutung als Stressor

Die betroffenen Personen sind trotz zahlreicher Vorteile mitunter gestresst und überfordert, wenn die Reizüberflutung und Überstimulation zu groß wird. Oft sind hochsensitive und hochsensible Menschen auch hochbegabt. Hochbegabte Menschen nehmen mehr Reize wahr und verarbeiten diese rascher.

Vermutlich gibt es u.a. genetische Ursachen für Hochsensitivität und Hochsensibilität. Hochsensitivität hat viele Vorteile, wie etwa ein Mehr an Intuition, Empathie, Kreativität, der Fähigkeit zu reflektieren, Spürigkeit u.v.m.

Es kann zu Problemen mit dem sozialen Umfeld kommen, welches die spezifischen Bedürfnisse hochsensitiver und hochsensibler Menschen nicht oder zu wenig validiert oder gar völlig ignoriert. Hochbegabte Menschen werden darüber hinaus durch soziale Systeme oft gehemmt, sabotiert, nicht gesehen, nicht anerkannt bzw. nicht ernst genommen, abgewertet oder als Hochstapler*innen diffamiert. Dies kann bei ihnen reaktiv zu Depressionen und Ängsten führen.

Filmtipp: "Hochsensibilität: Was ist das eigentlich?"

Die permanente Reizüberflutung kann hochsensitive und hochsensible Menschen massiv belasten.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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