Psychologie / Psychotherapie
Autismus-Spektrum-Störungen und Trans*Identitäten

Autismus-Spektrum und Geschlechtsinkongruenz

Lesen Sie in diesem Artikel über die Kombination von Autismus-Spektrum-Störungen und trans*Identität.

Menschen, die trans* (transident, transgender, transsexuell, genderfluid, nicht-binär, agender, polygender, gender queer) sind und Autismus-Spektrum-Störungen (ASS, etwa Asperger oder verschiedene Formen von Autismus) aufweisen, sehen sich oft mehrfachen Stigmatisierungen ausgesetzt:

So können sich neurotypische Menschen, das sind Personen, die keine ASS aufweisen, nur schwer auf die Bedürfnisse von Personen mit ASS einstellen und stigmatisieren die typischen Verhaltensweisen von Menschen mit ASS ohne deren Stärken und Ressourcen anzuerkennen.
Auch trans*Menschen ohne ASS kennen diese Stigmatisierung aufgrund ihres Abweichens von der gesellschaftlichen Normalität und ihres Andersseins. Sind Menschen zugleich trans* und weisen ASS auf, so kann es mitunter zu mehrfachen Diskriminierungen kommen.

Menschen mit ASS sind überdurchschnittlich häufig trans* oder non-binär.

Diskriminierung und Stigmatisierung

Menschen, die eine ASS aufweisen und trans* sind, werden oft wegen folgender Merkmale diskriminiert und erfahren psychische Gewalt, wie etwa Ausgrenzung und Mobbing:

  • wegen ihres Andersseins und ihres Abweichens von gesellschaftlichen Normen
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, zu mentalisieren; menatlisieren meint die Fähigkeit, sich bewusst zu werden, was in anderen Menschen mental, kognitiv und emotional vorgeht
  • wegen des nicht-verstanden-Werdens, aber auch des nicht-Verstehens und aller zwischenmenschlichen Konflikte, die damit einhergehen
  • wegen ihres scheinbar sozial unangemessenen und unbeholfenen Verhaltens
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, was körperliche Nähe, Sexualität, Erotik und Partnerschaft betrifft
  • wegen ihrer Geschlechtsinkongruenz
  • wegen der Schwierigkeit, ihre Gefühle und Emotionen zu dechiffrieren und zu benennen
  • wegen einer abweichenden sexuellen Orientierung, wie etwa Homosexualität, Bisexualität, Pansexualität, Asexualität
  • wegen ihrer Schwierigkeiten, ihre trans*Identität zu benennen

Podcast: "Was Queerness mit Autismus zu tun hat"

Menschen mit ASS sind häufiger queer, trans*ident oder non-binär. Erfahren Sie in dieser Sendung, warum das so ist.

Das Leben mit ASS und trans*Geschlechtlichkeit

Menschen, die ASS aufweisen, versuchen sich oft (zu) stark an ihr soziales Umfeld anzupassen, dass nicht auf ASS eingestellt ist und auch nicht auf deren spezifische Bedürfnisse eingeht. Diese Kompensationen kosten viel Kraft und Lebensenergie und führen häufig dazu, dass Menschen mit einer ASS eine chronische Erschöpfung, ein Burnout, eine Depression, Angststörungen oder Zwangsstörungen entwickeln. Auch sozialer Rückzug kann eine Folge sein.

Menschen mit ASS sind allerdings auch unabhängiger von sozialen Normen als neurotypische Menschen, was entlastend sein kann, wenn sie trans* sind. Dies kann Vorteile haben, wenn ein Kind, das ASS aufweist, trans* ist und dann eher seine trans*Geschlechtlichkeit zu leben vermag als ein neurotypisches Kind.

Zugleich kann es aber für ein Kind oder einen Jugendlichen mit ASS schwieriger sein, einzuschätzen, was es bedeutet, sich zu einem oder mehreren Geschlechtern zugehörig zu fühlen. Nach meiner Erfahrung ist es hier wichtig, trans*Personen mit ASS viel Zeit und Raum zu geben, keinen Druck auf sie auszuüben und zugleich immer auf die spezifischen Bedürfnisse einzugehen, die mit ASS einhergehen. Dies erfordert mitunter Langsamkeit und viel Struktur, wobei ich immer wieder die Erfahrung mache, das Personen mit einer ASS diese Langsamkeit auch selber wünschen und einfordern.
Eine Transition mildert übrigens nicht die Symptomatik von ASS.

ASS stellt niemals eine Kontraindikation für ein positives Gutachten dar. Eine Hormonbehandlung oder chirurgische Maßnahmen sind mit ASS (oder Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie) grundsätzlich vereinbar, wenn die betroffene trans*Person stabil genug für die Transition ist. Schwierig wird es aber dann, wenn ein Mensch ein Desintegriertes Strukturniveau hat. Dieses hat aber nichts mit ASS zu tun, sondern liegt manchmal bei schweren Persönlichkeitsstörungen oder bei Schizophrenie vor.

Filmtipp: "Coming out as LGBTQ+ when you’re autistic"

Viele LGBTIQA* sind autistisch. Erfahren Sie in diesem Film von den Ressourcen und Stärken autistischer LGBTIQA*.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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