Psychologie / Psychotherapie
Superreich und trotzdem unglücklich

Psychische Probleme können auch bei materiellem Reichtum oder gerade deswegen auftreten

Dabei bietet Reichtum viele vermeintliche Vorteile im Leben, und Superreiche werden von vielen ihrer Mitmenschen dafür beneidet. Geld, Reichtum und Wohlstand garantieren einerseits den Zugang zum Gesundheitssystem und zur besten Gesundheitsversorgung. Allerdings gefährden Reichtum, Verwöhnung und Luxus unsere Psyche und Soma sehr stark.

Glück, Zufriedenheit und Sinn lassen sich mit Geld, Wohlstand und Besitz nämlich nicht erkaufen, das lehrt bereits das Märchen der Brüder Grimm "Der Arme und der Reiche".

Vermögen, Luxus, Besitz und Reichtum können den Bezug zur Realität erschweren, narzisstische und manische Persönlichkeitszüge fördern und verstärken und vermindern mitunter Mitgefühl und Empathie. Darüber hinaus sind wohlhabende und reiche Personen überdurchschnittlich häufig von Substanzmissbrauch betroffen. Auch kann Superreichtum Werte, Erziehungspraktiken und zwischenmenschliche Beziehungen negativ beeinflussen.

Misstrauen gegenüber anderen

Viele reiche und superreiche Personen entwickeln ein (oft durchaus gesundes) Misstrauen gegenüber anderen Menschen. Sie fühlen sich mitunter auf ihren Reichtum, auf ihr Geld und auf ihren Erfolg reduziert. Andere Menschen sehen dann nur die Fassade, interessieren sich aber nicht für die Person dahinter, für das Wesenhafte, Echte und Authentische im Menschen.

Ich kenne reiche Menschen, die keine*n einzige*n echte*n Freund*in in ihrem Leben haben, der/die sich aufrichtig für die Gefühle, Emotionen und Bedürfnisse des/der Betroffenen interessiert. Dies kann zu tiefer Einsamkeit und zu einem großen seelischen Leiden führen. Manche haben auch übertriebene und irrationale Schuldgefühle wegen ihres Reichtums.

Film: "Was ist Luxus? Geld. Macht. Glück."

Emotionale Gewalt und Missbrauch wegen Reichtums

Etliche Menschen machen auch die Erfahrung, dass sie wegen ihres Reichtums oder Status immer wieder von anderen benutzt, ausgenutzt oder missbraucht werden. Dabei handelt es sich um emotionale und psychische Gewalt. Muss ich immer wieder erleben, dass ich von Liebespartner*innen nur meines Reichtums oder Status wegen begehrt aber nicht um meiner selbst Willen geliebt werde, so kann dies biographische Verletzungen und Wunden hinterlassen, die sich chronifizieren.

Viele kompensieren ihren Schmerz, ihre Not, Einsamkeit, Langeweile oder innere Leere dann mit Ersatzbefriedigungen wie Konsum, Materiellem, Drogen, Medikamenten, Essen oder Alkohol. Die primären und authentischen Bedürfnisse werden dabei allerdings nicht erfüllt.

Reiche verheimlichen hierauf ihren Reichtum, Status und Besitz, verschweigen viel, ziehen sich zurück und vereinsamen. Wer zudem aufgrund seines Superreichtums nicht arbeiten muss, dem fehlen oft soziale Kontakte und eine solide Tagesstruktur.

Wenn Reichtum, Geld und Prestige nie genug sind - Verlustängste

Von der Angst, Geld, Macht und Status zu verlieren
Unter Reichen und Superreichen lässt sich das Phänomen beobachten, dass es nie genug ist und es immer noch mehr sein muss. Die Betroffenen fühlen sich wie getrieben und besessen davon, ihr Vermögen, ihre Macht und ihr Image zu bewahren und zu vermehren. Sie leiden unter irrationalen Verlustängsten und Gefühlen der Kränkung, wenn ihnen Geld, Macht oder Status verlustig gehen. So manche*r Superreiche*r hat sich schon suizidiert, wenn er/sie hohe Summen an Geld verloren hat, auch dann, wenn er/sie trotz des Verlustes noch immer reich war und ausgesorgt hat.

Dieses ständige Streben nach dem Noch-Mehr macht reiche Menschen gefangen, zwingt sie in eine Tretmühle der Geldvermehrung und verhindert Glücklichsein. Denn je mehr wir verdienen, desto mehr brauchen wir, desto mehr müssen wir wiederum verdienen. Unsere Verlustängste bekommen dann immer wieder neue Nahrung und verstärken sich in diesem toxischen Kreislauf der Geldvermehrung zunehmend ins Unendliche.

Zudem blicken wir fortan ständig auf die anderen Milliardäre oder Multimilliardäre, vergleichen uns permanent mit ihnen und sind gekränkt oder neidisch, wenn diese noch mehr haben als wir. Dabei gehen wir uns selbst verloren, verlieren unseren inneren Halt, und unsere Ängste steigern sich noch zusätzlich. Wir sind dann Gefangene unseres Besitzes.

Ein Weg aus dieser Psychodynamik ist es, sich dieser Angst auszusetzen (Angstexposition), in dem ich etwa versuche:

  • weniger zu verdienen,
  • einmal mit weniger Ersatzbefriedigungen und kompensatorischem Konsum auszukommen und
  • Halt in mir selbst zu finden.

Weniger zu konsumieren bzw. auszugeben, kann innerlich freier, selbstsicherer und glücklicher machen. Ich habe dann auf einmal Zeit für ganz Anderes in meinem Leben, etwa für Freizeitaktivitäten, tiefgehende zwischenmenschliche Beziehungen, meine Familie, meine Kinder u.v.m.

Menschen die Zeit wertvoller erachten als Geld sind zufriedener mit ihrem Leben, haben eine höhere Lebenserwartung, führen gesündere Beziehungen, pflegen bessere soziale Kontakte und sind glücklicher in ihrem Beruf. Glück und Zufriedenheit wiederum fördern unsere biopsychosoziale Gesundheit, entspannen uns und lassen uns länger leben.

Film: "Brauchen wir Geld und Luxus zum glücklich sein?"

Nöte, Ängste, Sorgen und Bedürfnisse nach Nähe und Zufriedenheit betreffen jeden Menschen und haben immer ihre Berechtigung, auch wenn Personen reich bzw. superreich sind.

Film: "Macht Geld glücklich?"

Reichtum in Familien und "Rich Kids"

Reiche Väter sind oft abwesend und in ihrem Familien kaum präsent.

Auf den Kindern lastet ein immenser Druck, in der Schule, im Sport, in der Freizeit nur die allerbesten Leistungen zu erbringen und in die Fußstapfen des Erfolges ihrer Eltern zu treten.

Für gesundes, zweckfreies und freudvolles Spielen bleibt zu wenig Zeit. Viel dreht sich um das UM ZU, d.h. die Kinder sollen bereits möglichst früh Fähigkeiten erwerben, welchen ihnen später zu Prestige, Status, Reichtum, Erfolg und materiellen Teilhabechancen verhelfen können.

Manchmal werden sie von ihren Eltern emotional viel zu wenig unterstützt, sie fühlen sich einsam und werden zur Kompensation von ihren Eltern mit Geschenken und Luxusgütern überhäuft. Die Eltern tun dies meist, um latente Schuldgefühle wegen der emotionalen Vernachlässigung zu kompensieren. Zugleich werden sie wegen ihres Reichtums oft durch ihre Familien isoliert und von ihren Peers aufgrund von Neid ausgegrenzt. Isolation, Ausgrenzung, emotionale Verwahrlosung und materielle Verwöhnung fallen übrigens unter psychische Gewalt.

Aufgrund der materiellen Verwöhnung und der emotionalen Wohlstandsvernachlässigung erhalten Kinder reicher Eltern kaum ein "Nein" und gesunde Grenzen. Auf diese Weise kann sich sogar die Phase der Adoleszenz verlängern.

Kinder und Jugendliche entwickeln dann öfters betrügerisches und narzisstisches Verhalten, Diebstahl, Angststörungen, Essstörungen, Depressionen, Drogen- und Alkoholmissbrauch oder Suchtdynamiken als ihre weniger wohlhabenden Altersgenossen. Sie lernen nämlich, authentische Bedürfnisse nach Liebe, Sicherheit, Halt und emotionaler Zuwendung durch fragwürdige Ersatzbedürfnisse zu kompensieren. Zudem ist ihnen der Zugang zu Alkohol und anderen Drogen erleichtert. Dadurch bilden sich Fixierungen auf Reichtum und Besitz aus, die zu emotionalen Krücken werden.

Kinder und Jugendliche aus reichen Familien entwickeln schwerer tiefgehende Freundschaften und profunde, authentische zwischenmenschliche Beziehungen, in denen sie die Erfahrung machen, um ihrer selbst willen geliebt zu werden. Sie erleben wenig bedingungslose Akzeptanz, sondern müssen stets etwas vorgeben, leisten und darstellen.

Dysfunktionale Familiensysteme

Vermögende Familien können regelrecht dysfunktional sein, wenn die Eltern sehr abwesend sind, permanent arbeiten, auf Geschäftsreisen sind und Events der High High Society besuchen. Die Kinder bekommen dann kaum Raum, bedingungslose Liebe, Zeit und Halt, den sie für ihre Entwicklung dringend benötigen. Sie werden von Haushälterinnen, Nannys oder anderem Personal großgezogen und auf die besten Internate der Welt geschickt. Dadurch machen sie immer wieder schwere Trennungserfahrungen. Sie entwickeln eine gestörte Beziehung zu sich selbst, ihren Mitmenschen und Bindungsstörungen, manchmal sogar Bindungstraumen und Traumafolgesymptome (Trauma-2-Typ).

Sie werden von klein an darauf getrimmt, dass der Schein und das Auftreten nach außen das Wichtigste im Leben seien. Auf diese Weise entwickeln sich narzisstische, histrionische und hysterische Bewältigungsmechanismen.

Die Eltern tun dies freilich mit den besten Absichten, oft, wie oben beschrieben, um ihre Schuldgefühle überzukompensieren.

Narzissmus und Manie

Extremer Reichtum führt zu einer Verzerrung der Realitätswahrnehmung und zu narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierungen. Die Betroffenen neigen zur Selbstdarstellung, Manie, Rücksichtslosigkeit, zum Egozentrismus, zu Arroganz, Heuchelei, unethischem Verhalten und zeigen weniger Empathie, d.h. sie haben weniger Mitgefühl für ihre Mitmenschen.

Da Kinder aus superreichen Familien oftmals narzisstisch erzogen werden, isoliert sind und emotionalen Missbrauch erleben, verwundert dies nicht. Sie sind aufgrund psychischer Gewalt nicht selten traumatisiert, haben niemals die Erfahrung gemacht, um ihrer selbst bedingungslos geliebt zu werden und haben maligne psychische Schemata ausgebildet, aus denen sie von selbst nicht wieder herauskommen. Sie leiden später als Erwachsene ihr ganzes Leben lang unter ihren biographischen Wunden, Kindheitstraumata, unter Sucht, erlernter Hilflosigkeit, Angststörungen, Depressionen, psychischem Schmerz und emotionalem Leid.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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