Katholische Kirche im Salzkammergut
Predigtgedanken von Franz Starlinger für den 12. Februar

Dechant Franz Starlinger. | Foto: Pfarre Laakirchen
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SALZKAMMERGUT. Die Predigtgedanken für den 6. Sonntag im Jahreskreis, 12. Februar, stammen von Dechant Franz Starlinger von der Pfarre Laakirchen: Sir 15,15-20 (16-21) | Ps 119,1-2. 4-5. 17-18. 33-34 |1 Kor 2,6-10 | Mt 5,17-37.

Streiten, aber nicht ausschließen

Ein jüdischer Witz nimmt die innerjüdische Lust am Streit um die richtige Auslegung der Gesetze, der Weisungen Gottes spöttisch aufs Korn: Ein Rabbi wird nach einem Schiffbruch auf eine einsame Insel verschlagen. Kaum hat er sich aufgerappelt, beginnt er zwei Synagogen zu bauen: eine, die er regelmäßig aufsucht, und eine, die er niemals betreten würde. Bis heute lebt das Judentum von diesem Ringen um den rechten Weg vor Gott. Dabei kann es durchaus turbulent zugehen, man ringt und streitet miteinander, manchmal bis hin zur gegenseitigen Ausgrenzung. Das wäre dann die andere Synagoge, die man niemals betreten würde. Entscheidend ist bei allem Streit: Gegnerschaft darf sein, aber keine Feindschaft, die dem Anderen sogar das Existenzrecht in der eigenen Glaubensgemeinschaft abspricht. Von dieser Gefahr sind alle betroffen, in unserer Gegenwart besonders. Man kennt nur noch zwei Meinungen, die eigene und die falsche.

Wahrheit kann man nicht pachten

Vom Theologen Friedrich Schorlemmer stammt die Aussage: „Die Wahrheit beginnt zu zweit – sie liegt in der Mitte und ist immer obdachlos.“ Die Wahrheit lässt sich nicht vereinnahmen, sie ist kein exklusiver Besitz von irgendjemand. Obdachlos bleibt sie zwischen den verschiedenen Standpunkten und lädt ein, sich ihr zu nähern, in ihrer Nachbarschaft zu campieren. Sie lädt mich ein zu einem begründeten Verdacht, der dem Anderen die Wertschätzung und Anerkennung nicht entzieht. Es ist der Verdacht, der mich sagen lässt: Vielleicht hat der Andere auch recht. Dem Evangelisten Matthäus verdanken wir diese wunderbare Komposition der Bergpredigt. Nicht Ausschluss und gegenseitige Exkommunikation prägen sein Evangelium, sondern eine tiefe Verbundenheit trotz aller Leidenschaft. Der Jesus der Bergpredigt ist ein solch leidenschaftlicher Lehrer, der in Vollmacht die größere Gerechtigkeit der Weisungen Gottes aufspürt und bekräftigt.

Wehret den Anfängen

Schauen wir exemplarisch auf das Tötungsverbot. „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein.“ Kaum jemand stellt ernsthaft das Verbot infrage. Doch Jesus will mehr. Er geht dem Verbot auf den Grund, will es erfüllen, indem er es auf seinen Wesenskern zurückführt. Denn das Töten eines Menschen ist letztlich der tiefste Punkt einer Eskalationsspirale. Dem gehen viele Schritte des Zorns, der Verachtung, der Geringschätzung voraus. Sie tragen in sich den Keim der Vernichtung des Anderen. Wehret den Anfängen, könnte man auch ausrufen. Der russische Schriftsteller Tolstoi erzählt dazu eine eindringliche Geschichte: Es ist die Geschichte von zwei jungen Hitzköpfen. Deren Väter hatten ihr Leben lang friedlich und in guter Nachbarschaft nebeneinander gelebt. Doch ihre Söhne, Iwan und Gawrilo, geraten aneinander, als sie die Erbschaft antreten. Mit einem unbedeutenden Streit um ein Hühnerei fängt es an, gegenseitige Beschimpfungen folgen. Mit der Zeit eskaliert der Streit zum Dauerzustand und erreicht eine Eskalationsstufe nach der anderen. Die beiden Familien werden handgreiflich, schleppen sich vor Gericht. Zum Schluss legt Gawrilo, von Iwan beobachtet, Feuer in der Nebenscheune des Nachbarn. Iwan könnte es noch löschen, doch ihm ist wichtiger, Gawrilo zu verfolgen. Er wird dabei aber niedergeschlagen. So kann sich das Feuer immer schneller ausbreiten. Zum Schluss ist das halbe Dorf abgebrannt, einschließlich der Gehöfte der beiden Streithähne. Am Ende kniet Iwan vor dem Lager seines sterbenden Vaters. Dieser hatte die eskalierende Fehde nie verstanden, hatte seinem Sohn den Rat gegeben: „Lass den Funken nicht zur Flamme werden. Brennt das Feuer erst lichterloh, kannst du es nicht mehr löschen.“ Wie wahr! Am Sterbebett des Vaters stellt Iwan die bange Frage: „Wie sollen wir den jetzt leben, Vater?“ Es ist die Frage, wie denn jetzt noch Versöhnung und ein Neuanfang möglich sein sollen, nachdem aus einem Funken ein Großbrand wurde. Der Vater gibt Iwan einen Rat, der aus der Mitte der Versöhnungsbotschaft Jesu entspringt: „Sag keinem Menschen, wer das Feuer angestiftet hat. Decke die Sünden anderer zu, dann wird dir Gott die deinen doppelt vergeben.“ Tolstoi bringt auf den Punkt, worum es Jesus in seiner Auslegung des Tötungsverbotes geht: „Lass den Funken nicht zur Flamme werden.“ Und selbst dann gibt es noch die Chance zu einem Neuanfang und zur Versöhnung, wenn man sie denn will und bereit ist, die eigenen Anteile ehrlich einzugestehen. Dann „erfüllt“ sich Gottes Wille in seinen Weisungen, die uns miteinander zum Leben und zur Menschenliebe anleiten möchten.

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