Krippenstein
Dachsteintragödie forderte vor 70 Jahren 13 Tote

Große Suchaktion am Dachstein. | Foto: Archiv Wolfgang Ebner
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Am Karfreitag jährt sich zum 70. Mal die Dachsteintragödie. 1954 kamen in einem Schneeinferno drei Erwachsene und zehn Schülerinnen und Schüler ums Leben. Die Suche nach ihnen war einer der aufwändigsten Rettungseinsätze in der Geschichte des österreichischen Alpinismus.

SALZKAMMERGUT. „Einer der über die letzten Stunden und den Todeskampf von zehn Schülern und drei Lehrkräften im Schneesturm am Krippenstein berichten könnte, der schweigt - der Dachstein“. Diese Worte sind der Gedenkrede von Altlandeshauptmann Josef Pühringer entnommen, der vor 20 Jahren zusammen mit einer Delegation aus Heilbronn und Vertretern der Exekutive, des Bundesheeres und der Bergrettung in einer schlichten Feier am Krippenstein des Karfreitagdramas gedachte.

Seilbahnmitarbeiter empfahlen Umkehr

Voller Freude war am Palmsonntag 1954 eine 142-köpfige Reisegruppe aus Baden-Württemberg mit dem Zug nach Hallstatt gekommen, um in der Bundessportschule Obertraun Quartier zu beziehen. Unter den Angekommenen auch Schülerinnen und Schüler aus der Stadt Heilbronn. Nach Eingehtouren auf den Sarstein und Loser verließ der aus Südtirol stammende Lehrer Hans Georg Seiler mit zwei weiteren Begleitpersonen und zehn ausgewählten Schülern am Gründonnerstag um sechs Uhr in der Früh die Bundessportschule Obertraun mit dem Ziel, über die Schönbergalm auf den Krippenstein zu wandern. Das Wetter verschlechterte sich an diesem Tag zusehends und bei der Schönbergalm traf die Gruppe auf Seilbahnmitarbeiter, die dem Lehrer Umkehr und Talabstieg empfahlen. Dieser ignorierte die Warnungen und stieg mit dem ihm anvertrauten Kindern unbeirrt weiter bergwärts. Der anfängliche Regen wurde zum Schneefall, Nebel brach ein und der Wind artete in dieser Seehöhe zum Orkan aus. Weil die Wandergruppe nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zum Abendessen in der Bundessportschule eintraf, telefonische Rückfragen auf der Gjaidalm, am Krippenstein und in Krippenbrunn kein Ergebnis brachten, wurde eine Suchaktion gestartet, die nach Mitternacht wegen Lawinengefahr und mangelnder Sicht abgebrochen wurde.

Großaufgebot suchte nach Vermissten

Am nächsten Tag, am Karfreitag, startete eine der größten Suchaktionen, die es bisher in der Geschichte des Alpinismus in Österreich gab. Ein Großaufgebot an Gendarmen, Bergrettern, Hüttenwirten, Skilehrern und Freiwilligen war tagelang im Sucheinsatz, ohne Erfolg. Für das Wochenende 24. und 25. April war eine Großsuche angesetzt und von den Einsatzkräften wurde im „Speikbergkar“ eine aus dem Schnee ragende Hand gesichtet. Ein erster Hinweis auf die seit mehr als eine Woche abgängigen Lehrer und Schüler. Sofort wurde mit dem Ausgraben begonnen und man fand an dieser Stelle zwei tote Lehrer und sieben Schüler. Im Sitzen dürften sie nach rückwärts gekippt und eingeschlafen sein, heißt es im Protokoll der Exekutive. Mit „Totenbrettern“ wurden die Leichen zur Schönberg Alm gezogen und von dort mit der Krippensteinseilbahn nach Obertraun hinuntergefahren. Neun Särge im Turnsaal der Bundessportschule ermöglichten den wartenden, trauernden Angehörigen und Vertretern der Stadt Heilbronn Abschied von den Bergopfern zu nehmen. Mit einem Sonderwaggon der ÖBB erfolgte am 28. April 1954 die Überführung der Särge in die Heimat nach Heilbronn. Währenddessen wurde von den Einsatzkräften am Berg unermüdlich nach den noch fehlenden drei Vermissten gesucht.

Armbanduhr blieb um drei Uhr stehen

Drei Tage nach dem ersten Leichenfund wurde in einer Entfernung von 400 Metern ein weiterer Schüler und die Landkarte des Lehrer Seiler gefunden. Die Armbanduhr des Schülers bliebe bei drei Uhr in der Früh stehen, so dass angenommen wird, dass niemand der Gruppe die Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag überlebt haben dürfte. Am Sonntag, dem 16. Mai waren Bergretter abermals zu einer Suche aufgebrochen und sie fanden im „Speikkar“ die Leiche eines weiteren Schülers, zusammen mit Inhalten aus Rücksäcken der bereits geborgenen Schüler. Weitere zwölf Tage später gibt das eisige Grab nun seine beiden letzten Vermissten frei. Die Gendarmen, Bergretter, Hüttenwirte, Skilehrer und Freiwillige waren zu einer neuerlichen Großsuche aufgebrochen und fanden rund 500 Meter nördlich des Biwakplatzes in einer Mulde zwischen dem Hohen und Niederen Speikberg eng umschlungen Lehrer Hans Georg Seiler und einen seiner Schüler.

Kreuz und Kapelle errichtet

Zur Erinnerung an die Dachsteintragödie 1954 wurde ein schlichtes Holzkreuz – das Heilbronner Kreuz - am Wanderweg vom Krippenstein zur Gjaidalm errichtet. Am Krippenstein selbst wurde eine Kapelle gebaut, in der eine Glocke aus der Stadt Heilbronn aufgezogen wurde. Und in Heilbronn selbst manifestierte sich eine Klassenkameradschaft derjenigen Schülerinnen und Schüler, welche nicht für die Wanderung auf den Krippenstein ausgesucht wurden und deshalb das Inferno am Gründonnerstag 1954 überlebten. Sie trafen und treffen sich alle regelmäßig am Jahrestag der Katastrophe am Hauptfriedhof Heilbronn, um der verstorbenen Mitschülerinnen und Mitschüler zu gedenken.

Text von Wolfgang Ebner

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