"Die Vergrabung" in Bad Goisern
Deftiger Schlagabtausch – "Kritik an Wegwerfgesellschaft" oder "Steuergeldvernichtung"?

Im Goiserer Ortszentrum wurde ein Wohnzimmer vergraben. Laut Künstler Alfredo Barsuglia soll damit auf die Wegwerfgesellschaft aufmerksam gemacht wrden. | Foto: Alfredo Barsuglia
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Michael Gruber (FPÖ) sieht das Kulturhauptstadt-Projekt in Goisern als Steuergeldvernichtung unter dem Deckmantel „Freiheit der Kunst“. Aus FP-Sicht solle "Salzkammergut 2024" nicht exotische Experimente fördern, sondern typische Kultur aus der Region. Wir haben bei der künstlerischen Leiterin der Kulturhauptstadt, Elisabeth Schweeger, und Kurator Gottfried Hattinger nachgefragt, was sie über die Kritik denken.

LINZ, BAD GOISERN. Keinerlei Verständnis hat der Landesparteisekretär der FPÖ Oberösterreich, LAbg. Michael Gruber für exotische Projekte im Rahmen von "Salzkammergut 2024" auf Kosten der Steuerzahler. "Mir fehlt es wahrscheinlich an Phantasie, was das Eingraben von Gebrauchsgegenständen eines Wohnzimmers für ein Jahr in Goisern – immerhin Weltkulturerbe - mit Kultur zu tun hat“, kritisiert Gruber diese Steuergeldvernichtung unter dem Deckmantel „Freiheit der Kunst".

Wohnzimmer eingegraben

Doch worüber ärgert man sich in FP-Reihen so? Alfredo Barsuglia, ein Wiener Künstler, hat in Bad Goisern ein ungewöhnliches Projekt ins Rollen gebracht: Unter dem Titel „Vergrabung“ wurde ein komplett ausgestattetes Wohnzimmer vergraben und soll im Zuge der Kulturhauptstadt im kommenden Jahr wieder ausgegraben werden. Die Bevölkerung war aufgerufen, "Einrichtugnsgegenstände" zur Verfügung zu stellen.

Das Wohnzimmer wurde eingegraben und soll im Zuge der Kulturhauptstadt 2024 wieder ausgegraben werden. | Foto: Alfredo Barsuglia
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Gruber: "Absurdes Kunstprojekt"

Für Gruber sei es allein mit diesem Projekt verständlich, dass sich Hannes Androsch für „global-exotische“ Dinge nicht länger eingebracht habe (wir haben berichtet). Es sei jedem unbenommen, Kunst für sich selbst zu definieren. "Geht es aber um Steuergelder, mit denen ja diese Projekte finanziert werden, so hört sich bei derart absurden Kunstprojekten für mich der Spaß auf. Die Menschen in der Region haben sich zu Recht erwartet, dass ihre Kultur und Tradition im Salzkammergut vor den Vorhang gebracht wird und nicht ein Wiener Künstler für so einen Aktionismus gesponsert wird“, mahnt Gruber ein, „dass wir viel besser in die ehrenamtlichen Musiker der vielen Kapellen in der Region investieren sollten. Wenn 'Salzkammergut 2024' sich mit solchen Aktionen rühmen will, dann muss sich die künstlerische Leitung die Frage gefallen lassen, ob sie nicht eine glatte Fehlbesetzung ist."

Gottfried Hattinger: "Billiges Totschlagargument"

Die Künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt 2024, Elisabeth Schweeger, hat auf Anfrage der BezirksRundSchau Rücksprache mit Kurator Gottfried Hattinger gehalten. Dieser sieht die Kritik wiefolgt: "Wieder einmal das billige Totschlagargument 'Kein Steuergeld für Kultur und Kunst'. Kultur und Kunst stehen für lebendige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Verhältnissen, für Phantasie und Aufklärung, aber auch für individuelle Interventionen. " Dass künstlerische Arbeiten im öffentlichen Raum polarisieren und kontrovers aufgenommen werden sei normal und sollte auch Anreiz sein, sich darauf einzulassen, vielleicht darüber zu diskutieren. "Im gegebenen Fall zum Beispiel über die Wegwerfgesellschaft oder über fiktive künstlerische Welten. Ignorieren geht auch. Jedenfalls sind Investitionen in Kultur und Kunst und geistige Lebendigkeit wichtiger als Förderungen der rechtsextremen neonazinahen schlagenden Verbindungen mit Steuergeld", so Hattinger.

Die Bad Goiserer Bevölkerung war im Vorfeld dazu aufgerufen worden, Gegenstände für das Wohnzimmer bereitzustellen. | Foto: Alfredo Barsuglia
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Schweeger: "Kunst ist zur Erbauung aber auch zur kritischen Reflexion da"

Schweeger kann die Argumentation von Hattinger nachvollziehen, und schließt sich ihr an: "Kunst ist zur Erbauung aber auch zur kritischen Reflexion da. Ohne sie würde sich die Gesellschaft nicht weiterentwickeln können." Dagegen sein gehöre dazu, es fördere den Diskurs, den jede sich als Demokratie verstehende Gesellschaft brauche, man nennt das konstruktive Streitkultur - so denn plausible Argumente ins Feld geführt werden. "Die 'Vergrabung' hat für mich auch die Bedeutung, das wir vieles einfach wegwerfen, achtlos. Dass wir ganze Kulturen verschwinden haben lassen, meist aus politischem Eigensinn - aber die archäologische Arbeit holt die Vergangenheit wieder zurück und lehrt uns, wie andere vor unserer Zeit gelebt hatten. Auch hier wird im nächsten Jahr wieder gegraben und gesehen, was übrig bleibt und was man sich erhalten will. Eine künstlerisch gesellschaftliche Erkundung und ein Erforschungsprojekt. Lassen Sie sich drauf ein."

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