Gast aus Österreich ansprechen
Schaden für Tourismus im Salzkammergut noch nicht abschätzbar

Andreas Murray | Foto: TVB Traunsee-Almtal

SALZKAMMERGUT. Andreas Murray, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Traunsee-Almtal im Gespräch mit der BezirksRundschau über eine "gebeutelte" Branche.

Die Zukunft des Tourismus steht noch völlig in den Sternen – kann man schon abschätzen, wie groß der Schaden für die Region Traunsee-Almtal sein wird?
Murray: Es ist schwierig den Schaden abzuschätzen. Fakt ist das wir seit Mitte März einen Totalausfall der Übernachtungen haben und aufgrund der Verordnung der Bundesregierung diese bis mindestens Mitte Mai weitergehen wird. Das sind etwa 110.000 Übernachtungen, die uns in der Region fehlen. Wenn die Lockerung der Maßnahmen beibehalten wird, dann rechnen wir mit einen Sommer- und Herbsttourismus bestehend aus Gästen aus Österreich. Der Einheimische macht bei uns in der Region ohnehin 60 Prozent der Gäste aus. Mit Urlaubern aus dem Ausland können wir aus heutiger Sicht wahrscheinlich erst ab Herbst rechnen. Das heißt für die Region Traunsee-Almtal, dass wir heuer mit einen Rückgang von bis zu 50 Proeznt der Übernachtungen rechnen müssen. Immer unter der Voraussetzung, dass keine zweite Coronawelle kommt und es erneute Shut downs gibt. Da die Region auch einen sehr starken Tagestourismus hat (2,2 Millionen Tagesgäste im Jahr 2019), wird auch dieser Bereich davon betroffen sein. Der Tagesgast kommt aus einen 250 Kilometer großen Umkreis zu uns. Viele davon aus dem Zentralraum, aber auch viele aus dem Salzkammergut (Nächtigungsgäste in andere Regionen). Hier rechnen wir mit nur einen leichten Rückgang, da Bewegung in der Natur erlaubt ist und auch der Sicherheitsabstand gut eingehalten werden kann. In Abstimmung mit dem Land, den Regionen und den Tourismusverbänden wird es akkordierte Marketing-Kampagnen für den Inländischen Gast geben.

Gibt es bereits Betriebe, die gar nicht mehr aufsperren können?
Wir haben bei uns in der Region noch keine Meldungen über Unternehmen, die nicht mehr aufsperren können.

Wen trifft es besonders  – eher kleinere Häuser oder große Hotels?
Es sind alle gleichermaßen betroffen. So etwas hat es ohnehin noch nie gegeben, dass eine Branche, also der Tourismus, so stark und umfassend betroffen ist.

Es gibt ja einige Hotelprojekte in der Region – laufen die weiter oder ist hier auch Stillstand?
Von einigen weiss ich, dass sie nach der Krise weitermachen. Das Jahrhundertprojekt Kulturhauptstadt 2024 steht uns ja noch bevor und wir dürfen davon ausgehen, dass es vorher ein Medikament gegen Corona geben wird und wir tatsächlich voll von der Kulturhauptstadt profitieren können.

Zur Zukunft: gibt es hier schon Pläne, was „danach“ passieren wird?
Die Frage ist, wann ist danach? Experten reden von einer möglichen zweiten oder dritten Welle. Davon, dass es noch bis zu einem Jahr dauern kann, bis ein Medikament verfügbar sein wird! Wir wissen nicht, wie stark leidet die Wirtschaft tatsächlich, kommt eine Rezession oder gar eine Depression? Die Staaten müssen aufgrund der milliardenschweren Hilfspakete Schulden machen, droht dann eine neue Finanzkrise? Das wird keiner von uns beantworten können. Fakt ist aber, dass es nicht mehr so sein wird wie früher. Die Klimakrise hat uns vieles aufgezeigt, was sich jetzt durch die Coronakrise auflöst. Wir werden in Zukunft sicher unser Reiseverhalten überdenken und uns mehr auf den heimischen Gast und die umliegenden Länder konzentrieren. CO2-neutrales Urlauben, kurze Anreisezeiten und Mobilität sind gefragt. Da sind wir in der Region Traunsee-Almtal bereits sehr gut aufgestellt. Mit unseren Projekten Waldraum, Waldness, Traunsteintaxi und Industriekultur sind wir bereits in der Umsetzung und werden diese Projekte noch schneller und stärker vorantreiben.

Geht die Zukunft noch mehr in Richtung Qualitätstourismus?
Wir haben schon seit Jahren auf Qualitätstourismus gesetzt, das macht sich jetzt bezahlt und wird weiterhin unser Credo sein. Trotzdem darf man gerade jetzt den Low Budget-Bereich nicht ignorieren. Viele Menschen sind von dieser Krise betroffen und haben nicht mehr die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie vorher, möchten aber trotzdem auf Urlaub. Hier werden die Privatvermieter bis Drei-Stern-Hotels sehr gefragt sein.

Welche Herkunfts-Regionen werden künftig angesprochen – ist es der Tourist aus Österreich, der jetzt mit gezielten Kampagnen angesprochen wird?
Für das restliche Jahr 2020 wird es hauptsächlich der Gast aus Österreich sein. Eventuell noch Süd-Deutschland und Tschechien, je nach Grenzöffnung und Reiseerlaubnis.

Es gibt ja viele Messen, an denen die Ferienregion Traunsee-Almtal teilnimmt. Wann wird da die nächste stattfinden – oder steht das auch völlig in den Sternen?
Bis Ende Juni 2020 sind ohnehin alle Messen abgesagt. Im Sommer hat es nie welche gegeben und die Messesaison für 2021 fängt dann im Winter an. Ich gehe davon aus, dass wir wieder teilnehmen werden, aber es werden die Rahmenbedingungen anders sein. Weniger Teilnehmer pro Quadratmeter, Abstand halten und wahrscheinlich Maskenpflicht.

Wie will man den Tourist der Zukunft mit welchen Botschaften erreichen – welche Kanäle oder Werbeformen?
Die Botschaften habe ich schon erwähnt: Naturräume, CO2-neutrales Urlauben, Mobilität, kurze Anreise, Qualität. Die Werbekanäle werden in etwa gleich bleiben. Aber ich denke, dass der Online-Bereich noch stärker zunehmen wird. Wir haben in den letzten vier Wochen gelernt, alles Online zu machen weil es nicht anders gegangen ist. Das hat viel Zeit, Papier und Kilometer gespart. Es wird sicher vieles davon bleiben, auch dem Klima zur Liebe.

Kulturtourismus ist ja bei uns groß geschrieben – Musical, Festwochen oder die Adventmärkte. Was wäre hier im Sommer/Frühjahr eine Alternative?
Ja, der Kulturtourismus ist in der Tat eine ganz wichtige Säule für uns in der Region. Wir sind in permanentem Austausch mit den Veranstaltern, wie wir das für die Zukunft regeln können. Es werden sicher hohe Auflagen der Regierung kommen was Abstand, Maskenpflicht usw. anbelangt. An Masken werden wir uns ohnehin langfristig gewöhnen müssen. Wenn jedoch bei Open Air-Veranstaltungen eine maximale Personenzahl pro Quadratmeter festgeschrieben wird und in Konzerthallen/Stadttheater jeder zweite Platz freibleiben muss, um Abstand halten zu können, werden sich viele Veranstalter die Frage stellen, ob die Veranstaltungen dann noch finanzierbar sind. Die halbe Kapazität heißt auch die halben Einnahmen und das wird bei Kulturveranstaltungen schwierig. Der Gast/Besucher wird kaum bereit sein, das doppelte an Eintritt zu zahlen. Hier gibt es noch keine Lösung. Aber vielleicht erfahren wir ja schon diese Woche von der Bundesregierung mehr.

Was wünschen Sie sich von den Einwohnern bzw. Gästen?
Gerade jetzt ist es wichtig, die regionalen Betriebe zu unterstützen. Unser Motto: Besorge alles, was geht, in der Region.

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