Was wäre Weihnachten ohne die Rituale?
Diakon und Religionslehrer Thomas Diesenberger hat seine Schüler gefragt, wie wichtig ihnen das Weihnachtsfest ist.
SCHÄRDING. Eines hat Thomas Diesenberger stutzig gemacht: Schon Mitte November haben die Schüler begonnen, ihre Klassenzimmer weihnachtlich zu dekorieren – und zwar eigenständig. In ihrer Freizeit. "Wieso?", hat sich der Religionslehrer, der an der HAK Schärding unterrichtet gefragt. "Da muss doch ein tieferes Bedürfnis dahinter stecken", dachte er sich und hat kurzerhand einen Fragebogen zusammengestellt. Diesen teilte er an rund 150 Schüler aus. Das Ergebnis hat selbst den erfahrenen Pädagogen überrascht.
Herr Diesenberger, was kam raus bei der Umfrage?
Man glaubt doch, den Jugendlichen sei Weihnachten nicht so wichtig. Aber ich habe das Gegenteil erfahren: Es ist ihnen sogar sehr wichtig. Weihnachten als Familienfest hat für sie einen wichtigen Stellenwert.
Warum?
Weil auch sie Wert auf die Rituale legen. Auch wenn diese oft unbewusst durchgeführt werden, hat jede Familie ihre eigenen Rituale. Diese sind bei jedem unterschiedlich aber auch gleichzeitig unverrückbar. Dazu gehört etwa auch das gemeinsame in die Kirche gehen am Heiligen Abend.
Aber finden Sie es nicht "scheinheilig", nur an Weihnachten in die Kirche zu gehen und sonst das ganze Jahr über nicht?
Eigentlich nicht. Denn es ist ein schönes Zeichen, wenn man am Heiligen Abend gemeinsam mit der Familie die Messe besucht. Als Pfarre muss man das unterstützen. Denn es ist marketingtechnisch eine Chance für die Kirche. Wann sonst kann man sich einem so großen Publikum präsentieren?
Denken Sie, das Christkind als weihnachtliches Symbol hat für die Jugend noch eine Bedeutung?
Ich denke, Weihnachten hat bei uns am Land einen großen kulturellen Wert. Das solide Wissen, was es mit dem Christkind auf sich hat, ist da.
Was bedeutet für Sie das Christkind?
In meinem religiösen Glauben interpretiere ich das so: Im Alten Testament wird ein Erlöser angekündigt. Licht wird kommen in die Finsternis. Und dieser Erlöser, dieses Licht, ist ein kleines Baby, ein schutzbedürftiges Kleinkind. Will ich dieses Licht also erhalten, muss ich es schützen.
Hat das Weihnachtsfest wie es heute gefeiert wird, damit noch viel zu tun? Man denke an die Geschenke, den Konsum.
Wenn es den Leuten wichtig ist, dass sie teure Geschenke kaufen, wer bin ich, dass ich das verurteile? Die Quelle des Weihnachtsfestes ist zwar religiös, aber jede Familie macht etwas anderes daraus.
Und das ist gut so?
Ja, denn Weihnachtszeit ist Familienzeit. Die Kirche legt viel Augenmerk auf Familie und Partnerschaft. Die Familie hat das Potential, die Gesellschaft zu verändern. Weihnachten kann somit die Chance sein, die Familie zu stärken und die Gesellschaft zu verändern ...
Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an Weihnachten in Ihrer Kindheit denken?
Auf das Christkind zu warten, war unerträglich für mich. Ich bin froh, dass ich das heute nicht mehr muss (lacht).
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