Wirtschaft/Politik
Wasserstoffbahn ist gestorben: Landesregierung will Akkuvariante

Der Wasserstoffzug im Zillertal wird nie seinen Betrieb aufnehmen. Das Projekt ist gestorben.  | Foto: Management
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Hinter vorgehaltener Hand hatte man es ja bereits des Öfteren gehört. Das Projekt Wasserstoffantrieb für die Zillertalbahn wurde nun aber auch offiziell ad acta gelegt. Begleitet von zahlreichen Pannen, welche in einer gefälschten Doktorarbeit des ehemaligen ZVB-Vorstandes Helmut Schreiner gipfelten, hat man vonseiten des Landes nun ein Machtwort gesprochen und lässt das Thema Wasserstoff sterben. Die Expertise für die Entscheidung kam von der TU Wien. 

ZILLERTAL (fh) Eine Debatte, welche bereit im Jahr 2018 ihren Anfang nahm ist somit endgültig beendet. Auch der politische Eiertanz rund um die neue Bahn für das tourismusintensive Zillertal hat somit eine Ende. Eine unabhängige, technologieoffenen Überprüfung im Auftrag des Landes Tirol stellte dem Thema Wasserstoff vor allem im Hinblick auf die Kosten kein gutes Zeugnis aus. Die Rede war von ca. 130 Millionen Euro und auch aus dem Landhaus in Innsbruck hatte man sich, im Jahr 2023, bereits zum Wasserstoffprojekt bekannt. 

Man rudert zurück

Nun ist alles anders, denn die Landesregierung hat das Interesse am Wasserstoff für die ZVB verloren. Der Beschluss für die Akku- bzw. Hybridlösung ist nur noch Formsache und man möchte, wie aus dem Landhaus zu vernehmen ist, schnell in die Umsetzungsphase kommen. Der Stellvertretende AR-Vorsitzende der ZVB, LAbg./Bgm. Dominik Mainusch erklärt in einer Stellungnahme: "Die Studie ergibt im Wesentlichen, dass alle Varianten technisch machbar sind, dass Vollakku, Oberleitung und Hybrid weitestgehend gleichauf liegen und dass Wasserstoff mit den doppelten Differenzkosten weit abgeschlagen ist. Insofern war es vernünftig und verantwortungsvoll, die Antriebsentscheidung trotz Regierungsbeschluss einer neuerlichen, unabhängigen Prüfung zu unterziehen. Die Empfehlung der Studie lautet auf Akku- Hybrid-Technologie. Dies insbesondere aufgrund der langfristigen Flexibilität im Falle technologischer Neuerungen. Dieser Empfehlung zu folgen erachte ich als richtig. Allerdings muss klargestellt werden, dass der Oberleitungsanteil geringstmöglich konzipiert und lokal begrenzt wird. Nachdem es technisch und wirtschaftlich darstellbar ist, empfehle ich die Oberleitung auf den Taleingang (Jenbach bis Strass) zu begrenzen. Zeitlich wird mit dieser Entscheidung die denkbar kürzeste Umsetzungsphase eingeläutet. Das ist notwendig, um schnellstmöglich die angekündigte Trendumkehr in der Zillertaler Verkehrspolitik zu schaffen.
Insgesamt ist die Akku-Hybrid- Technologie eine langfristig verantwortungsvolle, kosteneffiziente, technisch profunde und nachhaltige Lösung. Ich freue mich, dass diese Kehrtwende möglich wird und damit diese Thematik nun ein professionelles Ende findet." 

Presseaussendung des Landes Tirol:

Vergangenen Freitag präsentierten Experten der Technischen Universität (TU) Wien im Rahmen einer Sitzung des Planungsverbandes Zillertal im Beisein von LHStv Josef Geisler und Mobilitätslandesrat René Zumtobel die Kernergebnisse der Bewertung zur Dekarbonisierung der Zillertalbahn: In der Akku-Technologie sehen die Fachexperten das größte Potenzial. Um eine möglichst schnelle Dekarbonisierung umzusetzen, bleiben somit eine reine Akku-Variante und eine Hybrid-Variante (Akku und teilweise Oberleitung) übrig. Das seit 2018 verfolgte Wasserstoffkonzept war nach Ansicht der TU Wien zum damaligen Zeitpunkt richtig, wurde nunmehr aber von der Akku-Technologie überholt.

„Damit ist die Entscheidung gefallen. Die Zillertalbahn soll künftig mittels einer Akku-Technologie betrieben werden“, erklären LHStv Geisler und LR Zumtobel unisono. Der bestehende Grundsatzbeschluss der Tiroler Landesregierung zur Zillertalbahn wurde demnach in der heutigen Regierungssitzung aktualisiert. In weiterer Folge werden nun die nächsten Planungsarbeiten beauftragt und die notwendige Ladeinfrastruktur technisch geprüft. Die Region – insbesondere die Gemeinden und die Tourismusverbände – werden auch in die nächsten Schritte intensiv miteinbezogen. Realisiert werden soll die Dekarbonisierung der Zillertalbahn jedenfalls in der Programmperiode 2025 bis 2030 des Mittelfristigen Investitionsprogramms für Privatbahnen.

Umstellung auf emissionsfreien Antrieb bei Bus und Bahn

„Im Zillertal soll der öffentliche Nahverkehr künftig vollkommen dekarbonisiert fahren. Neben einer innovativen und akkubasierten Lösung für die Zillertalbahn soll auch der gesamte öffentliche Busverkehr ausgebaut und sukzessive emissionsfrei betrieben werden“, gibt LR Zumtobel das Ziel aus. Eine Akku-Technologie bei der Zillertalbahn lässt sich mit zwei Varianten umsetzen, nämlich mit reinem Akku oder mit Hybrid-Lösungen, welche unterschiedlich lange Lade- und Versorgungsabschnitte haben. Die Varianten liegen nach Einschätzung der TU Wien Kopf an Kopf, die kalkulierten Kosten pro Kilometer liegen im Toleranzbereich. Die reine Akku-Variante bringt Vorteile bei der Beschaffung, hat aber Nachteile im laufenden Betrieb, insbesondere bei der Nutzungsdauer. Die Hybrid-Varianten wiederum bringen Vorteile im laufenden Betrieb, erfordern aber gerade zu Beginn höhere Investitionskosten. Zudem machen Hybrid-Varianten laut Expertise vor allem dann Sinn, wenn in weiterer Folge ein Vollausbau zu einer durchgängigen Oberleitung forciert wird.

Die vollständige Errichtung einer Oberleitung über die gesamte Bahnstrecke schließen die Region und die Tiroler Landesregierung unter anderem aufgrund der Grundeigentumsverhältnisse und den hohen Investitionskosten aus. Deshalb haben sich das Land Tirol, der Planungsverband Zillertal und die Tourismusverbände auf die Akku-Technologie festgelegt und lassen die notwendige Ladeinfrastruktur nun technisch prüfen. Dabei gilt: so viel Ladeinfrastruktur wie notwendig, so wenig Oberleitung wie möglich.

„Wir wollen so rasch wie möglich weg vom Dieselantrieb kommen. Die Unterstützung aus der Region ist dabei unerlässlich. Das Zillertal ist bereit für Innovation und trägt diese auch mit. Alle ziehen an einem Strang“, freut sich LHStv Geisler. Durch die Dekarbonisierung werden jährlich 900.000 Liter Diesel eingespart. Der Obmann des Planungsverbands Zillertal, Bürgermeister Hansjörg Jäger, ergänzt: „Die Einschätzung der Experten der TU Wien liegt jetzt vor. Uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ist nun wichtig, dass auf Basis dessen nun eine rasche Entscheidung getroffen wird. Wenn wir auch im Tal untereinander zusammenarbeiten und uns eng abstimmen, kann hier ein absolut herzeigbares Zukunftsprojekt entstehen.“

TU Wien bestätigt Potenzial von Wasserstoff

Vor rund zehn Jahren wurde die Idee geboren, grünen Wasserstoff für die Mobilität im Zillertal zu nutzen. Laut Einschätzung der TU Wien war die Entscheidung für ein innovatives Wasserstoffkonzept im Jahr 2018 – eingebettet in eine Modellregion – zum damaligen Zeitpunkt richtig. Seitdem habe sich der Stand der Wissenschaft und der Technik stark weiterentwickelt. Nach den Vorkommnissen rund um den ehemaligen Geschäftsführer der Zillertalbahn war das Vertrauen in das Projekt verloren gegangen. Eine neue, unabhängige technische Bewertung durch die TU Wien soll die verschiedenen Technologien objektiv bewerten. Insgesamt werden durch die TU Wien sechs unterschiedliche Antriebsszenarien einer Prüfung unterzogen, unter anderem Diesel-Wende-Zug, Voll-Elektrifizierung oder Wasserstofftechnologie. Alle analysierten Szenarien könnten die geforderten Fahrzeiten erfüllen und sind technisch umsetzbar. Verglichen werden die Kosten für Beschaffung, Erhaltung, Infrastruktur und Betrieb, aber auch die schnellstmögliche Umsetzung. Sobald das Bewertungsgutachten „Dekarbonisierung Zillertalbahn“ schriftlich vorliegt, wird es auf der Homepage des Landes Tirol veröffentlicht.

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