Burnout: "Der Weg zurück ist ein sehr schwerer"

Wenn der Stress im Alltag überwiegt, droht die Gefahr eines Burnouts | Foto: mev.de
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SPITTAL (ven). Die WOCHE sprach mit Elisabeth Linhart (ehem. Kofler), die als Burnoutprophylaxe-Trainerin in Spittal selbstständig ist. Ab wann ist man eigentlich im Burnout? 

Ausbildung zur Trainerin

Als ehemals selbst Betroffene mit all den damit verbundenen Leiden, Rehabilitation und einer halbjährigen Arbeitsunfähigkeit als selbständige Finanzbuchhalterin, war der Weg zurück für Linhart ein schwerer. "In dieser Zeit der Selbstfindung bzw. Selbstreflexion beschloss ich im Frühjahr 2013 eine Ausbildung zur diplomierten Burnoutprophylaxe-Trainerin zu machen, um mich mit dem Thema Burnout und seinen Folgen eingehend zu beschäftigen. Zur Vertiefung des Themas habe ich zusätzlich das Fachseminar „Burnout Beauftragter im Unternehmen und betriebliche Gesundheitsförderung“ sowie eine Ausbildung zur diplomierten Entspannungs- und Achtsamkeitstrainerin absolviert", erklärt die Seebodenerin. 

Erschöpfungszustand

Das Burnout-Syndrom wird als emotionaler, geistiger und körperlicher „Erschöpfungszustand nach einem vorangegangenen Prozess hoher Arbeitsbelastung, Stress und/oder Selbstüberforderung“ bezeichnet. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei Burnout aber keine eigenständige Krankheit, sondern ein Problem „mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensführung“. In ihrem Katalog der Krankheiten wird Burnout aufgeführt unter den sogenannten Z-Diagnosen. Diese sind „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“, erklärt Linhart.

Schleichender Verlauf

Die Krankheit entwickle sich meist über einen längeren Zeitraum von sechs Monaten bis zu einigen Jahren und verläuft schleichend. "Der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger hat das Burnout-Syndrom in zwölf Stufen eingeteilt: Es fängt an mit dem Zwang sich beweisen zu wollen. Man setzt erhöhte Erwartungen an sich selbst, zeigt verstärkten Einsatz, übersieht die eigenen Grenzen und vernachlässigt die eigenen Bedürfnisse. Man trinkt mehr Kaffee, braucht Aufputschmittel und hat auch schon gelegentlich Schlafstörungen. Es kommt zur Verdrängung von Konflikten und Vergessen von Terminen, Ungenauigkeit, Konzentrationsschwäche; man ist emotional leicht erregbar (Gereiztheit und Aggressivität), oft auch weinerlich und leicht gerührt; innere Unruhe, Energiemangel und Schwächegefühl machen sich breit", so Linhart.

Viele Begleiterscheinungen

Man ist zu müde, um seinen Hobbys nachzugehen. Meistens setzen dann auch noch körperliche Beschwerden wie Muskelverspannungen (Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen), sowie Verdauungsprobleme, Tinnitus, Hörsturz oder Sehstörungen, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Potenz- und Zyklusstörungen, häufige Infekte etc. ein.
"Es kommt dann zur Verschiebung der Selbstwahrnehmung (Umdeutung von Werten) und Verleugnung der auftretenden Probleme. Es folgt der soziale Rückzug. Man empfindet eine zunehmende Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit. Es manifestiert sich eine offensichtliche Verhaltensänderung, die auch für andere deutlich sichtbar wird. Die nächsten Schritte sind Depersonalisierung – man verliert den Kontakt zu sich selbst und es kommt zur inneren Leere. Die letzten beiden Stufen sind die Depression und der völlige psychische und physische Zusammenbruch", sagt die Expertin.

Jeder Vierte steuert auf Burnout zu

Dabei ist das Krankheitsbild gar nicht so selten. Rund 39 Prozent aller Österreicher fühlen sich durch Stress im Beruf erheblich beeinträchtigt. "Beinahe jeder Vierte (23 Prozent) nähert sich dem Ende seiner Kräfte und steuert auf ein Burnout zu. Doch Stress beschränkt sich nicht nur aufs Berufsleben, so empfindet auch jeder Vierte sein Privatleben als stressig (15 Prozent fühlen sich gar burnoutgefährdet)", so Linhart, die eine Studie der Allianz Versicherung dabei zitiert.

Zeit- und Leistungsdruck

Die häufigsten Auslöser sind laut Linhart äußere Faktoren wie Zeit- und Leistungsdruck, Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, Mobbing oder fehlende Wertschätzung. "Dazu gibt es noch Perfektionismus, Ungeduld, Kontrollstreben, Einzelkämpfertum und Selbstüberforderung, die als Stressverstärker wirken."

Gefühl für sich selbst

Wie kann ich Burnout verhindern? "Indem ich ein gutes Gefühl für mich selbst entwickle. Je besser ich mich selber wahrnehmen lerne (z.B. in meinen Kursen für Entspannungs- und Achtsamkeitstraining), desto schneller kann ich auf eine Dysbalance reagieren. Je früher, desto besser! Wichtig ist immer ein ausgeglichener Rhythmus zwischen Anspannung (Anforderung) und Entspannung (Erholung)." 

Einfach mal abschalten

Linhart empfiehlt, sich öfters mal aus der schnelllebigen Welt rausnehmen, sich Zeit nehmen für Dinge, die einem gut tun. "Handy-, PC- und Sozialmedia-freie Zeiten einplanen, sich abgrenzen lernen und auch mal 'nein' sagen. Regelmäßige Bewegung in der Natur, gesundes Essen, genießen und sich mit lieben Freunden treffen all das zählt ebenfalls zu einer guten Burnout-Prophylaxe."

Nicht eingestehen

Burnout-Betroffene sprechen selten über ihre Beschwerden oder gestehen ihre Erkrankung nicht ein. Deshalb ist es ganz wichtig, wenn jemand sprechen will: Zuhören und Geduldig sein. Loben von besonderen Fähigkeiten und das Aufzählen von bereits Erreichtem helfen die Selbstzweifel von Betroffenen abzubauen. "Gemeinsame Unternehmungen lenken vom Alltag ab. Respekt und Wertschätzung dem Betroffenen gegenüber, sowie Verständnis für seine Situation sind extrem wichtig. Ratschläge und Aussagen wie: 'Stell dich nicht so an! Reiß Dich zusammen!' etc. sind fehl am Platz. Man sollte Betroffene auch zu einem Arztbesuch motivieren", so Linhart weiter.

Diagnose mit Spirit

In Spittal gibt es das Stressdiagnostikzentrum Spirit, ein Netzwerk aus Medizinern, Psychologen, Therapeuten und Trainern, wohin sich Betroffene wenden können. Um aus einem Burnout rauszukommen, braucht es oft Monate bis zu einem Jahr. "Deshalb ist die Prophylaxe und das frühzeitige Erkennen und Reagieren so wichtig", sagt Linhart.

Achtsamkeit schulen

Der Schlüssel für sie sei die Schulung der Achtsamkeit. "Sie ist ein wirkungsvoller Weg, um gegenzusteuern und einen Ausgleich zu Hektik und Stress zu finden – das genaue Gegenteil von vollautomatischem Funktionieren: Ich lerne wieder Gestalter meines eigenen Lebens zu sein." Regelmäßig praktiziert, verbessere Achtsamkeit nicht nur die Entspannungsfähigkeit, Regeneration, Konzentration und Ausgeglichenheit, sondern führe auch zur Selbsterfahrung und zur Selbsterkenntnis. "Man lernt Reiz und Reaktion zu unterbrechen und das ist für mich die beste Burnout-Prävention", schließt sie. 

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