Damals & heute
Die evangelische Kirche Spittal im Wandel der Zeit
SPITTAL (ven). In unserer Serie Damals & heute sehen wir uns in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Spittal unter der Leitung von Jasmin Granig alte Gebäude, Plätze oder Straßenzüge im Wandel der Zeit an. Diesmal widmen wir uns der Evangelischen Kirche in Spittal.
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Der rasche Aufschwung der Bezirksstadt durch den Bau der Tauernbahn, deren Anbindung an die Kronprinz-Rudolfs-Bahn (die heutige Südbahnstrecke) und der folgenden raschen Industrialisierung hat mit dem Zuzug vieler Menschen auch die Zahl der Evangelischen rasch steigen lassen. Diese feiern ab 1899 (nach dem ersten Gottesdienst im Extrazimmer des Gasthofes "Makoru") nunmehr regelmäßige Gottesdienste an verschiedenen Orten. Auch die Presbyter- und Gemeindevertretersitzungen finden (meist im Anschluss an einen Gottesdienst) an wechselnden Orten statt. So kann man nachlesen, dass Gottesdienste im Saal des Gasthofes "Ertl", im "Sorgo-Bräu", beim Gasthaus Dietrich und im Gasthof Macoru und in der "Krone" (am heutigen Neuen Platz) stattfinden. Im Sommer steht den Gläubigen eine Schießhalle zur Verfügung, im Winter dagegen muss die Gemeinde in eine offene überdachte Gartenhalle des Gasthauses "Sorgo-Bräu" ausweichen, die im Winter mit großen Holzwänden verschlossen wird und so einen überdachten Raum für Veranstaltungen bildet.
Viele Sitzungen der Leitungsgremien finden dagegen in Privatwohnungen statt, unter anderem bei Vikar Schacht in seiner Wohnung über dem Kaufhaus Franz Petutschnig und verschiedenen Gemeindegliedern.
Bauplatz um 7.000 Kronen
Mit Bausteinaktionen, Mitgliedsbeiträgen, Unterstützungsgesuchen, durch Feste und Benefizkonzerte sowie viele andere Aktionen war man bald darauf in der Lage, den damals mitten im freien Gelände südlich des Fratres gelegenen Bauplatz um 7.000 Kronen (nach heutigem Geld etwa 36.340 Euro) von Fürst Aladar von Porcia zu erwerben. Vor allem erwartete man nicht, dass dieser Platz jemals im städtischen Verkehrsgeschehen eine wichtige Rolle spielen könnte.
Eine Bedingung seitens des Verkäufers war allerdings, dass mit dem Bau spätestens 1908 begonnen werden müsse. Es erging daher ein Gesuch an den Oberkirchenrat, vorerst mit der Grundsteinlegung beginnen zu können, da noch nicht der gesamte Bau finanziert werden konnte.
Spenden aus dem In- und Ausland
Spenden aus dem In- und Ausland (hier ist besonders die Sammelreise des Vikars Schacht zu erwähnen, der mehrere Monate durch die Schweiz reiste und für den Kirchenbau sammelte), Förderungen durch den Gustav-Adolf-Verein, sowie ein Bittschreiben an Kaiser Franz Joseph erbrachten etwa die Hälfte der Gesamtbaukosten einer Kirche mit Pfarrhaus von ungefähr 40.000 Kronen (etwa 207.645 Euro) - für damalige Verhältnisse ein enormer Betrag.
Für die andere Hälfte wagte die Gemeinde ein Darlehen der Centralbank der deutschen Sparkassen in Prag.
Zwei Gottesdienste
Am 19. Januar 1902 wurde der "Evangelische Kirchenbauverein" gegründet. Der Spatenstich zur ersten evangelischen Kirche in Spittal erfolgte im Jubiläumsjahr des 60. Regierungsjahres "Seiner kaiserlichen und königlichen apostolischen Majestät" am 15. 11. 1908. Die Baugenehmigung musste nachträglich vom Oberkirchenrat eingeholt werden, mit dem Bau sollte Anfang 1909 begonnen werden.
Anton Lerchbaumer baute
Die ausführende Baufirma war das Bauunternehmen Anton Lerchbaumer Vater und Sohn aus Spittal, unterstützt durch unglaublich viele freiwillig geleistete Arbeitsstunden von Gemeindegliedern und namhafte Materialspenden von Evangelischen und verschiedenen wohlwollend gesinnten Firmen. Nur so war es möglich, dass schon ein Jahr später, und zwar am Reformationstag (31. Oktober 1909) die ebenfalls gestifteten Glocken zum feierlichen Gottesdienst in der neuen Kirche rufen konnten.
Kirche und Gemeindeleben
Charakteristisch für den Bau dieser Zeit ist neben der leicht nationalromantisch angehauchten Architektur die Einheit der Anlage mit dem Pfarrhof. Hier wollte man ein Symbol der Verbundenheit der Kirche mit dem Leben der Gemeinde schaffen. 1976 wurde dem Ensemble ein sachlich wirkender, kubischer Anbau beigestellt. Die Errichtung der Volksschule (1943) sowie die nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt einsetzende bauliche Entwicklung haben die evangelische Kirche mittlerweile vollständig in das Spittaler Stadtgebiet integriert.
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