"Politik soll für Region was tun"

Bürgermeister in Berg, Landtagsabgeordneter und Bezirksparteiobmann der ÖVP Ferdinand Hueter
  • Bürgermeister in Berg, Landtagsabgeordneter und Bezirksparteiobmann der ÖVP Ferdinand Hueter
  • hochgeladen von Verena Niedermüller

BERG (ven). WOCHE: Sie sind seit 1997 Bürgermeister, wurden 2009 mit 80 Prozent der Stimmen gewählt. Haben Sie vor, weiter anzutreten?
Das werde ich beim Berger Kirchtag am 13. September kundtun. Derzeit habe ich noch Lust dazu. Man muss Spaß dran haben. Ich möchte, wenn die Bevölkerung es will, ein großes Projekt angehen. Politik kann man nur mit der Bevölkerung machen. Nicht wie in Flattach.

Welche Themen sind Ihnen wichtig? Was wollen Sie anpacken?
Wir wollen das Berger Mehrzweckhaus neu gestalten und renovieren. Es wird rund 1,2 Millionen Euro ausmachen. Und auch die B100 realisieren. Derzeit ist es ein Katz-und-Maus-Spiel vom Land. Es ist unerträglich. Niemand weiß, wann sie kommt, wie sie kommt. Es ist so viel versprochen und verheißen worden.

Was muss ein Bürgermeister Ihrer Meinung nach mitbringen, welche Eigenschaften sollte er haben?
Er muss auf die Leute zugehen und Verständnis für die Bevölkerung haben. Vor allem muss er überparteilich sein bei zentralen Themen. Das steht jedem zu und es fällt einem irgendwann selber auf den Kopf. Die Leute in Berg wissen, wenn sie was brauchen, wo sie hingehen. Man darf außerdem nie mehr versprechen, als man halten kann. Man muss sagen, ob es geht oder nicht geht. Man kann sich irren, aber dann muss man dazu stehen.

Was fordern Sie von der Landespolitik? Von der Landes-ÖVP?
Momentan passt es in der Landes-ÖVP sehr gut. Man hat mit Christian Benger einen guten Strategen mit Zielen und Visionen erwischt. Von der Landespolitik fordere ich, dass man für den ländlichen Raum etwas tut. Im Bezirk Spittal gibt es eine massive Arbeitslosigkeit, Tendenz stark steigend. Wir Brauchen Antworten und müssen den Leuten helfen, die was tun wollen. Die Politik muss jeden Strohhalm ergreifen, den sie bekommen kann. Ein Lurch in der Natur hat noch nie einen Pensionsbeitrag gezahlt. Von 33 Gemeinden haben 29 einen Bevölkerungsschwund. Es ist dramatisch. Man hat 4299 Einwohner in den letzten zehn Jahren verloren. Das macht bei den Ertragsanteilen jährlich 3,3 Millionen Euro aus. In zehn Jahren sind das 33 Millionen, sogar mehr, weil in Spittal ein anderer Schlüssel gilt, das heißt wir liegen bei 35 Millionen. Das Geld wird von jeder Gemeinde für Infrastruktur verwendet.
Da gäbe es Investoren, die hier entgegensteuern wollen und dann gibt es vom Land aus das Achselzucken wegen Naturschutzgesetz und Alpenkonvention und irgend ein geologisches Gutachten. Da muss ich einfach sagen, da hat die Politik noch nicht verstanden, wofür sie da ist. Und der letzte Schmäh vom Landeshauptmann, zu sagen, jetzt werden die Beamten entscheiden, ist das Allerdümmste. Da schwindelt sich die Politik an ihren Aufgaben vorbei. Dann stellen wir drei Beamte ein und schaffen die Politik ab, da ersparen wir uns viel Geld. Die gleichen Menschen, Freiheitliche und Rote, haben 1989 das Gesetz gemacht und die Kleinfragant unter Schutz gestellt, gegen den Willen der Bauern und gegen die Gemeinde. Und heute reden die selben, wir können nichts dagegen tun, das wäre ja Anlassgesetzgebung. Im heurigen Jahr haben wir 16 Gesetze mit einer Verordnung geändert. Man braucht auch Mut in der Politik und nicht nur sich hinter Paragrafen zu verstecken. Andere Bundesländer machen das vor. Die haben die gleichen Naturschutzgesetze, dort geht alles. Bei uns geht die Welt unter. Im Winter vor allem, da fahre ich über einen dreiviertel Meter Schnee, da tu ich keinem Lurch und keinem Frosch weh. Im Naturschutzgebiet Wurten-West haben wir sehr wohl eine Verordnung erlassen, damit die E-Wirtschaft was tun kann. Das ist auch so in Ordnung. Die machen genauso Erdbewegungen, da passt alles. Aber nur, wenn jemand Schifahren will, das ginge nicht. Da müsste man auch das Tourengehen verbieten.
Da gibt es Leute, die haben beim Biosphärenpark 2012 sehr wohl gegen die Grundbesitzer eine Anlassgesetzgebung gemacht, die sehen sich heute als die Grundbesitzervertreter. Man muss abwägen zwischen Natur und Menschen, aber das sowohl-als-auch und nicht das entweder-oder und das ist höchst an der Zeit. Die Natur haben die Bauern erhalten, und nicht ein paar Pseudo-Grüne. Es werden Grenzen gezogen am Papier. Wenn die Politik was unter Schutz stellen will, dann soll sie Grund kaufen. Wir brauchen in den Gemeinden Wertschöpfung und Arbeitsplätze, sonst werden wir die Infrastruktur nicht mehr erhalten können. Wir haben ja Gebührenhaushalte, die die Bevölkerung aliquot bezahlen. Wenn weniger Menschen werden, müssen die Übrigen mehr bezahlen. Jetzt denkt man an, den Mölltalfond aufzumachen. Das ist nur ein Momentaneffekt. Damit ist kein Arbeitsplatz geschaffen, der nachhaltig ist, und das Hotelprojekt wäre so ein Projekt gewesen. Aber das machen wir mit Akribie kaputt. Da gibt es ein paar Vertreter aus dem Bezirk, die hinter Spittal nicht mehr wissen, dass sie Bezirksvertreter sind. Da gibt es welche, die sagen 'Wir sind grundsätzlich dafür, aber'. Solche brauchen wir nicht. Entweder bin ich dafür, oder dagegen. Dieses Katz-und-Maus-Spiel, wie es Günther Novak macht, das kann er in Mallnitz machen. Der braucht nur zu seinem Peter Kaiser gehen. Tiefnig Alfred aus Irschen ist der selbe.

Sie sind Verkehrssprecher im ÖVP-Landtagsklub. Welche Projekte wollen Sie hier angehen?
Endlich einmal die Realisierung B100, dann die Lieserschlucht. Das nächste Thema mit der Tunnellösung. Für die Sprengung der Ertlwand haben wir Geld genug, aber wir müssen einmal wirklich nachdenken. Da geht es um eine langfristige Sache, es fahren jeden Tag 15.000 Autos. In Bad Sankt Leonhard haben wir sehr wohl eine Tunnellösung gemacht. Das hat 54 Millionen Euro gekostet. In Spittal haben wir für einen Tunnel um 30 Millionen Euro scheinbar kein Geld. Die Radwegthematik bei uns ist auch in einem Zustand, speziell das Landesstraßennetz, das lässt sehr zu wünschen übrig. Da wären mehr als genug Aufgaben. Ich werde nicht müde werden, die Dinge immer wieder anzusprechen. Der zuständige Landesrat Köfer sollte in jeder Sitzung berichten, wie weit er ist. Nicht, dass alles wieder einschläft. Ich werde da sehr lästig sein. Ich kann nicht immer nur sagen, ich habe kein Geld. Ich kann ein Projekt wie die B100 sehr wohl rechtlich auf Schiene bringen. Dass ich bei der Finanzierung mithelfe, ist gar keine Frage.

In der Landes-ÖVP hat es in letzter Zeit auch Personalwechsel gegeben, Wolfgang Waldner und Gabriel Obernosterer sind zurückgetreten, Christian Benger hat ihre Funktionen übernommen. Wäre Kontinuität für die ÖVP nicht wichtig?
Ja, mich gibt es über zehn Jahre, ich glaube, ich beweise das. Eine Partei hat Höhen und Tiefen und die Personalrochade, da kann man vorher nie sagen, wie es ausgeht. Da gibt es ein paar Dinge, die im Ablauf nicht so gepasst haben, aber ich bin überzeugt davon, dass wir mit Christian Benger den richtigen Menschen haben und dass die Kontinuität wieder einkehrt. Ich glaube, die ersten Monate haben gezeigt, dass er zu jedem Thema, das ihm aufgetragen wurde, eine glasklare Meinung hat. Er hat klar aufgezeigt, wie er sich manche Dinge vorstellt und mir macht Politik wieder Spaß. Man sieht, dass jemand am Werk ist, der das Handwerk Politik versteht und bemüht ist, es umzusetzen. In der Politik lernt man auch jeden Tag dazu.

Mit Ihrer Aussage im Juli 2013, die FPÖ-Landtagsfraktion wären „Zigeuner“, haben Sie für Aufsehen gesorgt. Sind Sie seitdem vorsichtiger in Ihrer Wortwahl geworden?
Das Wort ist ganz anders gemeint gewesen, als es interpretiert wurde. Es ist ein normales Wort hier in Oberkärnten und nicht negativ gemeint. Da haben sich genau die richtigen angesprochen gefühlt, das hat genau gepasst. Aber wer mich kennt, weiß, wie ich die Dinge mein. Ich bin nicht einer, der "herumeiert", sondern ich sage alles immer auf den Punkt. Ich bin auch nicht nachtragend. Auch in der Politik muss man sich angewöhnen, die Dinge beim Namen zu nennen. Entweder ist man dafür oder nicht. Halbschwanger gibt es nicht. Bisl gestorben ist auch tot. Diese Wörter, die von einigen oft missverstanden werden, sind durchaus nicht persönlich gemeint. Der, der sich angesprochen fühlt, der soll sich angesprochen fühlen. Dazu stehe ich. Wenn ein Wort rausgekommen ist, das im Übereifer enstanden ist, habe ich überhaupt kein Problem damit, mich zu entschuldigen. Aber da muss auch ein triftiger Grund sein. Wenn was gepasst hat, dann entschuldige ich mich nicht. Sonst wäre ich nicht dort, wo ich jetzt bin. In Berg schätzen das die Leute. Wenn ich was sage, das akzeptieren sie. Auch wenn es für den ein oder anderen oft unangenehm ist.

Bei der Gemeinderatswahl 2009 konnte die ÖVP ihr Bezirks-Ergebnis von 2003 annähernd halten. Wie sieht Ihre Prognose für März 2015 aus?
Wir gewinnen dazu. Weil die Leute wissen, dass die ÖVP für Werte steht, für Eigentum, Verantwortung, diese christlich sozialen Werte, weil ich glaube, dass die in Zukunft wieder mehr Potenzial erreichen. Wir haben gute Kandidaten und die Qualität der Kanditaten wird die Menschen überzeugen. Ich bekomme auch ein relativ gutes Stimmungsbild, wenn ich im Bezirk unterwegs bin. In Gemeinden, wo wir schwach sind, brauchen wir nicht viel erwarten, aber ich bin überzeugt davon, dass wir den einen oder anderen Bürgermeister dazugewinnen können.

Reinhold Mitterlehner ist nach dem Rücktritt von Spindelegger nun Vizekanzler und Minister f. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Johann Schelling ist Finanzminister. Harald Mahrer ist Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Sind Sie mit dieser Postenbesetzung zufrieden? Hätten Sie andere Ideen gehabt? Was fordern Sie von der Bundes-ÖVP?
Bin keiner, der allwissend ist. Bin mit dieser Besetzung sehr zufrieden, weil ich glaube, dass es eine positive Stimmung erzeugt und dass sie die Themen, von denen andere nur reden, endlich angehen. Ich bin überzeugt davon, dass die Weichen positiv stehen. Es liegt an den Leuten, aus dem was zu machen. Schelling hat gute Vorschusslorbeeren geerntet, aber jetzt muss er auch zeigen, dass er es kann und ich traue es ihm auf jeden Fall zu. Auch den anderen. Jetzt ist die Zeit des Redens vorbei, jetzt müssen sie Taten folgen lassen. Die Belehrungen aus dem Süden brauchen sie in Wien draußen auch nicht. In Kärnten ist es das selbe. Wir brauchen dringends Reformen. Aber welche, die in die Tiefe gehen und nicht nur Reförmchen. Die Reichensteuer wird nicht alleine das Problem lösen. Das ist auch schon mehreren bewusst worden. Die Reichen, von denen einige träumen, sind schon lange weg. Die haben das Geld schon längst wo anders geparkt. Da müssen wir die ehrliche Antwort haben und sagen, dass es an den Mittelstand geht. Da geht es an den Häuslbauer, der ein bisschen ein Eigentum hat, der zahlt jetzt. Dann ist es aber keine Reichensteuer mehr. Das Wort passt da nicht. Da muss man es auch offen aussprechen, es ist keine Reichensteuer, sondern eine Mittelstandssteuer. Wenn ich höre, von der Gewerkschaft 300.000 Einheitswert, jedes kleine Haus hat gleich mal den Wert von 300.000 Euro. Man kann in der Politik über alles reden, dann muss man sie auch ehrlich benennen. Wenn ich will, dass der Mittelstand noch stärker belastet wird, wobei wir hier die Grenze bereits erreicht haben, dann muss man das auch ehrlich aussprechen. Aber ich bin überzeugt davon, dass es höchste Zeit ist, vor allem im Sozialbereich, Reformen zu machen. Menschen, die Ja zum Kind sagen, müssen steuerlich vom Staat entlastet werden. Dafür stecken wir den 'Tahinierern', die die Hände nach beiden Seiten ausstrecken, das Geld zustecken. Es gibt einen Unterschied zwischen Sozialempfänger bzw. soziale Hängematte und jemanden, der täglich was leistet. Aber nicht die Mindestsicherung auf 2.000 Euro raufschrauben. Wer geht denn dann noch arbeiten? Dann geh ich auch nicht mehr. Denjenigen, die einzahlen, muss man entgegenkommen. Wir haben den zweithöchsten Steuersatz in Europa, das kann auf Dauer nicht gehen. Wir werden in Kärnten schleunigst über die Krankenanstalten und Sozialhilfeausgaben nachdenken müssen. Und auch über den Personalbereich. Wenn wir diese drei Dinge nicht in den Griff bekommen, brauche ich über keine Sanierung des Landesbudgets und auch nicht der Gemeinden sprechen. Wenn ich jedes Jahr weniger Einnahmen als Gemeinde habe, aber die Ausgabenseite steigt, der Schnittpunkt ist relativ bald erreicht, wo sich das nicht mehr ausgeht. Wenn das heute politischer Wille ist, dass von den 132 Gemeinden in Kärnten 80 Prozent Abgangsgemeinden werden - und wir steuern auf das zu - dann wird das Land reagieren müssen. Und zwar schnell.

Sie befürworten das Hotelprojekt am Gletscher. Die Region braucht Arbeitsplätze. Was ist noch nötig?
Die ganzen peripheren Gebiete brauchen Antworten, wie man die Zukunft bewältigen kann. Ich weiß halt noch nichts Gscheideres, als dass die Menschen vor Ort eine Arbeit brauchen. Ich weiß, dass der Mölltaler Gletscher alleine nicht ganz Oberkärnten retten wird. Aber es erzeugt eine positive Stimmung. Und wenn Unternehmer sagen, in der Region zahlt es sich aus, zu investieren, dann ist der Eindruck da, dass eh nur Steine in den Weg gelegt werden und dass nichts geht. Wer soll denn dann noch investieren? Zu glauben, dass das Land oder der Heilige Geist mit dem Füllhorn kommen wird und sagt 'Liebes Oberkärnten, jetzt kommen wieder 20 Millionen Euro, brauchst nur den Mund aufhalten', das wird es nicht spielen. Man soll eine Pro-Einstellung haben und grundsätzlich mal alle Dinge zulassen. Die Politik soll mithelfen und nicht verhindern. Das ist die Aufgabe. Einige in der Regierung in Kärnten haben noch nicht bemerkt, dass sie in der Regierung sind. Der Horizont muss hier erweitert werden.

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