Ein Verein kämpft für die Opfer
Der Verein Aegide setzt sich für die Opfer des Nationalsozialismus im Oberen Drautal ein
GREIFENBURG (aju). Seit seiner Gründung 2012 organisiert der Verein Aegide ein bis zwei Veranstaltungen pro Jahr und betreut das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Greifenburg. Vergangenes Wochenende erst fand unter dem Namen "Anschluss"-Gewalt eine Gedenkfeier in Greifenburg statt.
Geschichte recherchieren
Ursprünglich wurde der Verein Aegide gegründet um das Denkmal für die Verfolgten des NS-Regimes im Oberen Drautal zu errichten und zu betreuen. Zudem war es Ziel des Vereins, die NS-Herrschaft und ihre Nachwirkungen historisch aufzuarbeiten. "Die Nachkriegsgesellschaft hat die politische Gewalt der Nationalsozialisten verdrängt. Die Verfolgten wurden im Nachhinein noch einmal diskriminiert, an den Rand gedrängt, vergessen und oft nicht entschädigt", sagt Peter Pirker, Obmann des Vereins. Aegide will deshalb die Geschichte genau recherchieren, Namen der Verfolgten herausfinden und Solidarität mit den betroffenen Familien zeigen.
Keine Verharmlosung
Zu den Aufgaben gehört auch die Suche nach Dokumenten um den Angehörigen die rechtmäßige Entschädigung zu ermöglichen. "Wir wollen in der Öffentlichkeit eine andere Geschichte der NS-Herrschaft erzählen als jene verharmlosende, die uns in der Schule vermittelt wurde und die über Jahrzehnte in den Dörfern dominiert hat", sagt Pirker. Angehörige, mit denen die Mitglieder in Kontakt stehen, finden sich aber nicht nur in Österreich, sogar in die USA, nach Südamerika oder nach Australien wurden Kontakte aufgebaut.
Neuauflage des Buches
Im kommenden Jahr plant der Verein zusätzlich eine Neuauflage des vergriffenen Buches "Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung". Verfasst wurde dieses Buch von Vereinsmitglied Anita Profunser und zeigt eindrucksvoll Geschichten von Opfern des Nationalsozialismus in Oberkärnten. "Jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus lehnen wir ab. Aber die rasanten gesellschaftlichen Entwicklung begünstigen diese Reflexe, mit eigenen Ohnmachtsgefühlen umzugehen", sagt Pirker. Deshalb würde er sich wünschen, dass sich jeder bemüht, sein Leben stärker selbst zu bestimmen.
Zum Verein
Aegide bedeutet: Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung. Der Verein hat sechs Vorstandsmitglieder, unter ihnen Künstler Hans-Peter Profunser, der das Denkmal erbaute und Anita Profunser, die das vergriffene Buch "Aus dem Gedächtnis in die Erinnerung" schrieb.
Zur Geschichte
- Ganz wesentlich in der Geschichte des Nationalsozialismus ist, dass das Obere Drautal bereits in den frühen 1930er-Jahren eine Hochburg des Nationalsozialismus war.
- In den Tagen der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es in Greifenburg zu gewalttätigen Ausschreitungen von Nationalsozialisten gegen politische Gegner.
- Insgesamt 40 Menschen im oder aus dem Oberen Drautal fielen der NS-Herrschaft zum Opfer, wobei drei Widerstandskämpfer auf der Flucht von der Gestapo in Slowenien von der jugoslawischen Geheimpolizei OZNA getötet worden sein dürften.
- Im Oberen Drautal gab es keine jüdische Bevölkerung, gegen die sich die Gewalt der Nationalsozialisten richten hätte können.
- Davon abgesehen befinden sich unter den Ermordeten alle Opfergruppen: Zwangsarbeiter, politische Gegner, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, sozial randständige, kranke und behinderte Menschen, ein Homosexueller und auch zwei Sinti-Mädchen.
- Die Gewalt, an der Einheimische anderswo in Europa beteiligt waren, etwa in Slowenien und Italien, ist dabei ein Kapitel, das noch nicht geschrieben ist.
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