Sepp Hofer probt den Aufstand
Dienstältester Millstätter Politiker moniert die hohen Ausgaben für die Feuerwehr
MILLSTATT. Sepp Hofer probt den Aufstand. Der parteilose Gemeindevorstand (GV), der seit 1991 dem Gemeinderat und damit als Dienstältester angehört, hat in einer Postwurfwendung an alle Haushalte der Marktgemeinde die hohen Ausgaben für die Feuerwehr zu Lasten anderer notwendiger Investitionen wie "den behindertengerechten Zugang zum Rathaus, die Umsetzung des Ortsentwicklungskonzeptes und die Sanierung der Gemeindestraßen" beklagt.
Beschluss ohne Diskussion
"Es ist sicherlich unpopulär, sich gegen die Feuerwehr zu stellen", räumt Hofer von der Namensliste NHK im Gespräch mit der WOCHE ein, "aber sonst traut sich ja keiner". Auslöser für diesen Schritt an die Öffentlichkeit sei der von allen anderen Parteien beschlossene Ankauf eines neuen Löschfahrzeugs für die Matzelsdorfer Feuerwehr in Höhe von 305.000 Euro. Weder im Gemeindevorstand noch im Finanzausschuss sei dazu eine Diskussion möglich gewesen, so Hofer.
Hofer schreibt: "Die Marktgemeinde Millstatt zählt zu den höchst verschuldeten Gemeinden in Kärnten und ist gleichzeitig Spitzenreiter bei den Feuerwehrausgaben. Die jährlichen Ausgaben für die Feuerwehren betragen laut Jahresrechnung 2016 121.726,86 Euro (und liegen damit. Red.) um 100 Prozent über dem Kärntner Durchschnitt, in den letzten sechs Jahren sind diese Kosten um 76 Prozent explodiert. Dazu kommen noch die laufenden Kosten für die Neuanschaffungen der elf Löschfahrzeuge. Zusammen betragen die jährlichen Ausgaben für die Feuerwehren 150.000 bis 200.000 Euro. "
"Forderung ist unverantwortlich"
Es sei von der Feuerwehr "unverantwortlich, dass sie ohne Rücksicht auf andere Interessen der Bürger die volle Ausrüstung für fünf Feuerwehren mit elf Löschfahrzeugen von der Gemeinde fordert!." Zum Vergleich führt Hofer die "gleich große" Fremdenverkehrsgemeinde Reifnitz–Maria Wörth mit nur einer Feuerwehr und drei Löschfahrzeugen an.
Sepp Hofer, der gegenüber der Woche "schon positive Rückmeldungen auch von aktiven Feuerwehrlern" anführt, schließt: "Ich ersuche den Bürgermeister und die Fraktionsführer von ÖVP, Grüne und FPÖ um eine öffentliche Stellungnahme, wie sie es gegenüber dem Gemeindebürger rechtfertigen, doppelt so viel Steuergeld für die Feuerwehr auszugeben als andere Gemeinden in Kärnten. Mit dem Hinweis auf die Sicherheit für die Gemeindebürger können solche hohen Investitionen ohne Überprüfung auf deren Notwendigkeit nicht vertreten werden."
Bürgermeister Schuster kontert
Bürgermeister Johann Schuster (SPÖ) reagiert auf Anfrage wie folgt: "Gemeindevorstand Sepp Hofer hat zwei Feindbilder, die Feuerwehr und die Landwirtschaft. Diese beschimpft er seit Jahren mit gleichbleibenden Vorwürfen, deren Wahrheitsgehalt aber sich durch ständige Wiederholungen nicht verbessert. Hofer ignoriert konsequent, dass die fünf Feuerwehren seit weit über 100 Jahren im freiwilligen Einsatz stehen und dass sich eine Zerschlagung dieser gewachsene Strukturen nachteilig für die Gemeindefinanzen und für die gesamte Bevölkerung auswirken würde. Fünf einsatzbereite Wehren sind kein Problem. Zu wenige freiwillige Feuerwehrleute: Das wäre ein Problem."
Zu den angeführten Zahlen führt Schuster aus: "Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Man kann nicht fünf dezentrale Wehren unserer Gemeinde mit einer zentralen Wehr einer anderen Gemeinde vergleichen." Ferner sei es nicht richtig, dass in den Gemeindegremien Neuanschaffungen für die Feuerwehr nicht hinterfragt werden dürften: "Richtig ist vielmehr, dass Sepp Hofer mit seiner Ansicht im Wesentlichen allein dasteht und sich deswegen an die Öffentlichkeit wendet."
Bürgerversammlung im November
Das will nun auch der Bürgermeister: "Wir planen eine Bürgerversammlung am 17. November, bei der die Gemeindefinanzen zentraler Bestandteil sein werden. Dort ist auch Raum für die Diskussion der Kosten der öffentlichen Sicherheit."
Vizebürgermeister Albert Burgstaller (ÖVP) bedauert, dass Gemeindepolitiker in Zeiten, wo in Kärnten, und besonders in Millstatt, eine Aufbruchsstimmung herrscht, mit unqualifizierten Rundschreiben diese positive Stimmung gefährdet. Dieses Verhalten ist auch deshalb besonders zu verurteilen, weil Herr Hofer nicht nur mit vollkommenen falschen Zahlen und Fakten agiert, er will anscheinend die Bevölkerung gegen die Feuerwehr und gegen die selbstlose Hilfsbereitschaft aufbringen. Ohne besonderen Aufwand kann jeder recherchieren, dass die von Herrn Hofer in Vergleich gezogene Gemeinde etwa drei mal kleiner ist als Millstatt. Auch die Kosten die wir in Millstatt für die Feuerwehren ausgeben, liegen voll im Kärntner Schnitt."
"Wir gestalten die Zukunft"
Es gehört nicht zu unseren Führungsverständnis mit Feindbilder zu arbeiten. Wir gestalten die Zukunft und stehen mit den Verantwortlichen der Feuerwehren immer in engen Kontakt und hinterfragen jede einzelne Investition auf deren Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit. Jeder wird verstehen, dass Fahrzeuge, die über 40 Jahr alt sind, irgend wann mal ausgetauscht werden müssen. Wir wollen nicht haben, das unsere Gemeindebürgen bei Einsätzen ihre Gesundheit oder gar ihr Leben gefährdet wird, und das nur deshalb, weil wir an der Ausrüstung und Sicherheit unverantwortlich sparen. Auch wurden drei der von Herrn Hofer erwähnten Feuerwehrfahrzeuge von der Kameradschaft finanziert."
Burgstaller schließt: "Ich bin mir sicher, wenn Herr Hofer bereit wäre, selbst bei Einsätzen der Feuerwehr oder irgend einer Hilfsorganisation mitzuwirken, würde er mehr Unterstützung einfordern."
Judith Oberzaucher korrigiert Zahlen
GV Judith Oberzaucher, Finanzreferentin der Marktgemeinde Millstatt, merkt an: "Die regelmäßig wiederkehrenden politischen Diskussionen über die Anschaffungen im Kontext der Feuerwehren sind nicht nachvollziehbar. Alle Beteiligten sind bemüht optimale Lösungen sowohl für die Marktgemeinde als auch für die Feuerwehren zu finden. Abgesehen davon, dass es eine Erhaltungspflicht der Gemeinden gibt, stellen die ehrenamtlichen Leistungen der fünf Feuerwehren einen wertvollen Beitrag für das Gemeinwohl der Gemeinde und ihrer BürgerInnen dar."
Judith Oberzaucher (Die Grünen) bemängelt zudem "die falschen beziehungsweise aus dem Zusammenhang gerissenen Zahlen. Ein Beispiel dafür ist Aussage, wonach die jährlichen Ausgaben für die Feuerwehren bei bis zu 200.000 Euro liegen. Tatsächlich betragen die Ausgaben der letzten 15 Jahre im Durchschnitt rund 120.000 Euro pro Jahr inklusive Fahrzeuganschaffungen."
Und auch die Aussage, wonach ich als Finanzreferentin sämtliche Bauprojekte gestrichen habe, lässt sich leicht durch einen Blick auf die umgesetzten Gemeinderatsbeschlüsse widerlegen. So wurden Investitionen in die Lawinen- und Wildbachverbauung des Riegenbachs, die Sanierung des Sprungturms, die Umsiedelung der Gemeindegärtnerei, die Anschluss und Adaptierungskosten für die Fernwärmeanschlüsse der Gemeindegebäude, Finanzierungsbeiträge zur Sanierung des Kasperleweges, des Forstnigweges sowie der Mirnockstraße, die Durchführung des Ortskernprozesses und anderes getätigt."
Gesprächsbasis wird zerstört
Die Finanzreferentin am Schluss: "Konstruktive Vorschläge sind jederzeit erwünscht, doch derartige Rundumschläge bringen nur ehrenamtlichen Einsatz in Verruf und zerstören jede Gesprächsbasis."
Der Obmann der FPÖ Millstatt, Gemeinderat Anton Pertl, erklärt auf Anfrage: "I ch stehe hinter den Feuerwehren in unserer Gemeinde! Hier wird nicht nur freiwillig Freizeit und Arbeitsleistung investiert, die Bürger erfahren dadurch auch ein Sicherheitsgefühl, Kameradschaft und den Dienst am Nächsten."
"Flugblätter nicht dienlich"
Weiter sagt Pertl: "Solche Flugblätter sind einer Lösung nicht dienlich. Wir liegen zwar über dem Landesdurchschnitt, dennoch ist unsere besondere geografische Lage zu berücksichtigen. Wenn es Diskussionsbedarf gibt, dann sollte dies in einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Feuerwehren besprochen werden, so dass eine ganzheitliche Versorgung und Abdeckung weiterhin gewährleistet werden kann."
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