Landeskriminalamt NÖ
Mord als 'Knochenarbeit'
Hannes Fellner und seine Kollegen sind den abscheulichsten Verbrechern auf der Spur.
ST. PÖLTEN (pw). Er sitzt den schlimmsten Verbrechern Aug in Aug gegenüber. Er kennt die menschlichen Abgründe und hat schon so manchem Täter ein Geständnis entlockt. Er ist der Leiter der Mordgruppe des Landeskriminalamtes NÖ: Hannes Fellner. Bei Verbrechen gegen Leib und Leben sind er und sein Team zur Stelle. Dass es dabei emotional oft an die Substanz geht, macht es für ihn nicht weniger spannend.
"Es kann immer etwas Unvorhergesehenes geschehen. Jeder Fall ist anders, es passiert nie etwas zwei Mal. Die Ermittlungen sind beinharte Knochenarbeit."
Denn die Kriminalisten sind nicht nur am Tatort mit dem Tod konfrontiert, sondern auch im Kontakt mit den Angehörigen. Bei Vernehmungen von Tatverdächtigen blicken sie häufig in die Tiefe menschlicher Seelen. 17 Opfern – davon 13 Frauen – galt es allein im heurigen Jahr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. "Wir haben zu 95 Prozent mit den Auswüchsen der Gesellschaft zu tun", erklärt Fellner. Seit 28 Jahren ist er für das LKA NÖ im Einsatz – mit einer zweieinhalbjährigen Unterbrechung als Verbindungsbeamter für Europol in Den Haag. "Ich wollte nie etwas anderes machen. Ich habe schon als Kind Polizist gespielt", so der Mordchef.
Das Böse im Menschen
Hannes Fellner war im Fall Fritzl oder beim Wilderer von Annaberg an vorderster Front mit dabei. Auch sein erster großer Akt – ein Doppelmord in Gmünd, bei dem der Täter nicht gefasst werden konnte – lassen den Zwei-Meter-Mann bis heute nicht los. Doch wie geht man mit solchen Gräueltaten um? "Es färbt ab und macht misstrauisch. Ich glaube zwar an das Gute im Menschen, will aber die Bösen ausforschen." Sein Hauptantrieb liegt dabei klar auf der Hand:
"Wir können den Angehörigen den Toten nicht zurückbringen, aber durch das Ermitteln des Täters können sie besser damit abschließen."
Und Wiederholungstäter wollen gestoppt werden.
Der Theorie, dass jeder Mensch zum Mörder wird, wenn man ihn nur lang genug reizt, pflichtet Fellner "theoretisch" bei. Dafür spielen Faktoren wie Eifersucht, Alkohol und Arbeitslosigkeit eine Rolle. In 90 Prozent der Fälle sind die Mörder männlich, doch die jüngste Bluttat in St. Pölten wurde durch eine Frau begangen. Ende Oktober erschoss die 36-jährige Michaela L. zuerst den 50-jährigen Werner H. und dann sich selbst in einem Hotelzimmer. Das Motiv: Eifersucht. "Die Tat war geplant; dass eine Frau zu einem Revolver greift, ist allerdings nicht alltäglich", so Fellner.
"Generell mordet das weibliche Geschlecht nicht weniger brutal, dafür aber sehr phantasievoll."
Die Formen der Gewalt an sich haben sich merkbar verändert. Seit etwa vier Jahren zählen Messer zu den bevorzugten Tatwaffen. "Da ist die Gesetzesänderung bei Schusswaffen deutlich spürbar."
Gesetze anpassen
Auch wenn sich Ermittlungen einmal vermeintlich totgelaufen haben, kommt der Fall bei Fellner nicht zu den Akten:
"Es gibt laufend neue technische Möglichkeiten." Auch die Teamarbeit ist stark gewachsen. Sein Wunsch ans Christkind ist, "dass die gesetzlich möglichen Ermittlungsmethoden dem technischen Stand angepasst werden, und dass der Kriminaldienst die Wertigkeit erhält, die er verdient".
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