Landesgericht St. Pölten
Mordversuch mit Rattengift: Erster Prozesstag
Als ein 83-jähriger Altbauer aus dem Großraum St. Pölten wegen Verletzungen nach einem Sturz und nicht zu stillendem Nasenbluten ins Krankenhaus kam, entdeckte man im Blut des Mannes Rattengift. Die Diagnose erschütterte den Landwirt und unter Tränen berichtete er dem Arzt von massiven Problemen mit seinem 53-jährigen Sohn.
ST. PÖLTEN (ip). Ein, wie Verteidiger Michael Sedlacek es nannte, Gerüst mit einer Vielzahl von Indizien, das im Laufe der Verhandlung nach und nach einstürzen werde, brachte den Jungbauern vor Gericht, wo Staatsanwältin Barbara Kirchner den Geschworenen einerseits die Lebensumstände, andererseits das Motiv und die Möglichkeit des Angeklagten, seinen Vater mit Rattengift zu töten, darlegte. Demnach war der Jungbauer, der mit seiner Frau deren Landwirtschaft betreute, auch nach einem Übergabevertrag des elterlichen Anwesens zwar dessen Eigentümer, jedoch gleichzeitig verpflichtet, es zu bewirtschaften, sowie für seinen Vater, der das Wohnrecht beibehalten hatte, Unterhalt und allfällige Pflegekosten zu finanzieren. Nach dem Tod der Altbäuerin sei der Angeklagte zunehmend aggressiver geworden, übermäßiger Alkoholkonsum, ein krankes Kind, Schwierigkeiten mit seinem Vater, vor allem die Pflichten, die mit dem Übergabevertrag verbunden waren, hätten den 53-Jährigen dazu gebracht, dem Vater Rattengift vermutlich in die Schalen von „Essen auf Rädern“, die täglich in einer Scheune deponiert wurden, zu mischen.
„Was wäre, wenn …“,
... leitete Opfervertreterin Elisabeth Januschkowetz ihre Ausführungen ein. Wäre der Altbauer nicht gestürzt und das Nasenbluten in der Folge nicht zu stillen gewesen, wäre er nicht ins Krankenhaus gekommen, sondern alsbald an innerlichen Blutungen, die vermutlich als „normale Hirnblutung“ diagnostiziert, kein besonderes Aufsehen erregt hätte, verstorben. Rattengift reduziere die Blutgerinnung über einen langen Zeitraum, es käme zu einem „schleichenden Tod“ und damit zu einem „perfekten Mord“, so Januschkowetz, die für das Opfer, das nach wie vor an den Folgen leide, Schadenersatz von rund 16.000 Euro beantragte.
„Nicht schuldig“, erklärte der Jungbauer und bekräftigte damit die Worte der Staatsanwältin, wonach der Mann alles bestreitet,
„was man ihm vorwirft, auch das, was eindeutig bewiesen ist!“
Dazu zähle nicht nur der Mordversuch, sondern auch zwei Vorfälle, bei denen er seinen Vater massiv körperlich attackiert habe, wobei zuletzt im Juli Hämatome ärztlich bestätigt seien. Er weise auch zurück, Alkoholiker zu sein und bestreite einen Anruf im Krankenhaus, bei dem er einer Schwester gegenüber gesagt habe, dass er den alten Trottel nicht mehr sehen wolle, er sei zu Hause nicht mehr erwünscht. Die zunehmende Aggressivität des Jungbauern werde auch von dessen Geschwistern bestätigt, die den Kontakt zu ihm abgebrochen hätten.
Rattengift in der Suppe
Streitereien mit dem Vater habe es gegeben, als er den Betrieb modernisieren wollte, erklärte der Jungbauer und eigentlich sei sein Vater der Böse gewesen, den keiner mochte und der seine Frau geschlagen habe. In das „Essen auf Rädern“ habe er nie hineingeschaut, wobei Verteidiger Sedlacek auf einem Bild zwei Suppenteller mit identem Inhalt zeigte, nur auf dem einen Teller war der Suppe Rattengift beigemischt und diese zeigte eine deutliche Veränderung der Farbe, was dem „Werkzeug“ der Bauern als Warnsignal dienen solle.
Prozess geht am Freitag weiter
Während Gerichtsmediziner Wolfgang Denk die Wirkweise von Rattengift darlegte, erklärte Werner Brosch die psychische Situation des Angeklagten, der seiner Meinung nach keine höhergradige geistig-seelische Krankheit aufweise und somit als zurechnungsfähig einzustufen sei. Ein Urteil wird für Freitag nach der Einvernahme zahlreicher Zeugen erwartet, wobei das Opfer selbst bereits im Vorfeld kontradiktatorisch eine Aussage macht.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.