Landesgericht St. Pölten
Tschetschene protestierte gegen Schuldspruch
Völlig uneinsichtig protestierte ein 64-jähriger Tschetschene gegen den Schuldspruch des St. Pöltner Richters Markus Grünberger, der ihn wegen versuchter schwerer Nötigung, sowie wegen Anstiftung zur Falschaussage und Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, davon 16 Monate bedingt verurteilte (nicht rechtskräftig), obwohl er aufgrund der Untersuchungshaft bereits in zwei Wochen wieder frei zu lassen ist.
ST. PÖLTEN (ip). Anlass zur Inhaftierung des bislang unbescholtenen Mannes war seine Bestrebung, eine seiner Schwiegertöchter dazu zu bringen, ihre Aussagen im Prozess gegen einen seiner Söhne zu widerrufen. Dieser wurde im vergangenen Oktober wegen Mordversuchs und fortgesetzter Gewaltausübung gegenüber seiner Frau zu zwölf Jahren Haft verurteilt, aber auch der Ehemann der Zeugin muss sich wegen fortgesetzter Gewaltausübung vor Gericht verantworten.
Wie Florian Kreiner als Verteidiger des 64-Jährigen betonte, sei es in dieser Kultur üblich, familiäre Probleme untereinander zu klären. „Mein Mandant ist nach wie vor davon überzeugt, dass seine Schwiegertochter ihren Schwager zu Unrecht belastet hat“, beteuerte Kreiner, es habe auch keine Morddrohungen gegen die Zeugin gegeben und diverse Audioaufzeichnungen ließen doch einen Interpretationsspielraum, darüber hinaus auch Übersetzungsprobleme vermuten.
Zur Drohung mit „Blutrache“ erklärte der Beschuldigte: „Das ist eine unserer Traditionen. Das hat aber mit Blut gar nichts zu tun. Blut ist Familie!“, behauptete der Pensionist. Es bedeute auch, dass jemand, der beleidigt wird, eine Beleidigung zurückgebe. Zu Konsequenzen für seine Schwiegertochter befragt, erklärte er: „Sie muss sich nur vor einem höchsten Gericht rechtfertigen für ihre Lügen!“
Bewährungsstrafe
Vier Frauen teilten sich die Anklagebank mit dem 64-Jährigen, zwei davon wurden aus dem Verfahren vorerst ausgeschieden, die beiden anderen zu je sechs Monaten Bewährungsstrafe verurteilt (nicht rechtskräftig). Sie sollen auf Anstiftung des Hauptangeklagten ein Schreiben zum Widerruf der belastenden Aussagen verfasst und sie der Zeugin in ihrer St. Pöltner Wohnung vorgelegt haben.
Wie deren Opfervertreterin betonte, fühlte sich die Zeugin massiv unter Druck gesetzt und habe große Angst vor der Community. Es bedurfte einiger Anläufe, dass sie sich diesmal in den Zeugenstand traute. Grünberger entsprach der Forderung der Opfervertreterin und sprach 300 Euro Schmerzensgeld zu. Gleichzeitig verhängte er über den 64-Jährigen ein umfassendes Kontaktverbot und riet eindringlich, sich an diese Auflage zu halten.
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