Klares Nein gegen Gewalt an Frauen - St. Pölten bezieht Stellung
Wenn viel Nähe zur Gefahr wird
Ein Weckruf: 16 Tage setzten St. Pölten und die Welt klare Zeichen gegen Gewalt an Frauen.
ST. PÖLTEN (ag). Es passiert oftmals heimlich in den eigenen vier Wänden, genau dort, wo man sich eigentlich sicher fühlen sollte - Gewalt an Frauen und Kindern. Die Zahlen an Betretungsverboten, die in der Stadt St. Pölten ausgesprochen wurden, beweisen, dass Gewalt in vielen Familien vorherrscht, vor allem in diesem Ausnahmejahr 2020: 167 Betretungsverbote, 42 Frauen und 57 Kinder, die derzeit im Frauenhaus St. Pölten wohnen und 9.976 Nächtigungen (bis 31. Oktober).
Olinda Albertoni, Leiterin des Frauenhauses St. Pölten, spricht im Bezirksblätter-Gespräch über dieses herausfordernde Jahr: "2020 gab es während der beiden Lockdown-Phasen viele Anfragen, jedoch weniger Neueinzüge." Albertoni vermutet hier, dass die Frauen keine Möglichkeit zur unbeobachteten Flucht hatten und dass sie zusätzliche Ängste wie Arbeitsplatzverlust und finanzielle Schwierigkeiten plagten. Doch nach dem ersten Lockdown zogen laut der Frauenhaus-Leiterin besonders viele Frauen ein. "Eine ähnliche Situation könnte nach dem 2. Lockdown eintreten", befürchtet Albertoni.
Nähe wird zur Gefahr
Die Zahlen aus diesem Jahr zeigen bereits ein trauriges Bild, dass die Gewalt an Frauen in St. Pölten zugenommen hat. "Allein durch den Anstieg an Betretungsverboten um 10 Prozent ist eine Zunahme an Gewalt gegen Frauen und Kinder ablesbar. Die verordnete unausweichliche Nähe im privaten Bereich birgt eine erhöhte Gefahr. Situationsbedingt überforderte Männer können rasch zu Tätern werden", so Albertoni.
Petra Fischer ist Leiterin des Caritas Mutter-Kind-Hauses und sieht ebenso die prekäre Situation, in denen sich Mütter in diesem Jahr befinden: "Wir betreuen derzeit insgesamt zehn Frauen und 13 Kinder im Wohnhaus und in Startwohnungen. Ehemalige Bewohnerinnen nehmen in diesen schwierigen Zeiten immer wieder Beratung und Nachbetreuung in Anspruch."
Klares Nein zu Gewalt!
Weltweit finden von 25. November bis 10. Dezember Kampagnen gegen Gewalt an Frauen statt. 16 Tage lang ein Zeichen setzen und darüber hinaus - "auch in Zeiten der Pandemie, welche viele Menschen als ausweglose Situation wahrnehmen, ist es mithilfe von Expertinnen des Frauenhaus-teams möglich, Perspektiven für die Zukunft zu finden und den Weg in ein gewaltfreies Leben zu gehen", so Albertoni. "Schämen Sie sich nicht, holen Sie sich Unterstützung", rät Fischer betroffenen Frauen.
Zahlen bis 31. Oktober 2020
Im Jahr 2020 wurden 167 Betretungsverbote in St. Pölten seitens der Polizei ausgesprochen. 2.706 Personen wurden vom niederösterreichischen Gewaltschutzzentrum beraten. Im Frauenhaus gab es 9.976 Nächtigungen.
Hilfe in Krisenzeiten
Verein Frauenzentrum, Linzer Straße 16, 0676/309 4773, office@frauen-zentrum.at, www.frauen-zentrum.at. Beratung für Migrantinnen, Maximilianstraße 69, 02742/366 514, hausderfrau.stpoelten@pgv.at. Gewaltschutzzentrum NÖ, Grenzgasse 11, 4. Stock, 02742/319 66, office.st.poelten@gewaltschutzzentrum-noe.at. Mutter-Kind-Haus, Matthias-Corvinus-Straße 60, 02742 363 053.
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