Mariazellerbahn: Untersuchungen laufen auf Hochtouren
Nach der Zugsentgleisung der Mariazellerbahn muss jetzt an die Zukunft gedacht werden.
VÖLLERNDORF (pw/th). Nach dem Zugunglück in Völlerndorf, bei dem rund 30 Menschen teilweise schwer verletzt wurden, laufen die Untersuchungen weiterhin auf Hochtouren. Aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit ist die Mariazellerbahn, wie berichtet, in einer Kurve entgleist. Ob ein technisches Gebrechen oder menschliches Versagen die Ursache war, ist Gegenstand von Ermittlungen. Nun stellt sich die Frage, wie es nach so einem Unfall weitergeht.
Prozedere
Welche Schritte müssen seitens der NÖVOG nach dem Unfall gesetzt werden?Geschäftsführer Gerhard Stindl erklärt: "Neben den baulichen Maßnahmen – Fahrleitungen wiederherstellen und Oberbau reparieren – kümmern wir uns um die Betreuung für in Mitleidenschaft gezogene Fahrgäste. Gemeinsam mit dem Verein "Tender" bieten wir professionelle Betreuung bei der Aufarbeitung des Geschehenen. Betroffene können sich kostenlos und anonym unter der Telefonnummer 0699/17148464 melden. Darüber hinaus werden die beiden beschädigten Triebwagen nach Freigabe durch die Staatsanwaltschaft in die Schweiz zum Hersteller transportiert und es wird entschieden, welche Schritte für eine allfällige Reparatur oder Neubeschaffung gesetzt werden müssen." Der entstandene finanzielle Schaden durch das Unglück dürfte, laut Stindl, einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen.
Der Ober-Grafendorfer Bürgermeister Rainer Handlfinger betonte die perfekte Zusammenarbeit aller Blaulichtorganisationen, sagt aber auch: "Es ist auf jeden Fall Handlungsbedarf, denn es darf nicht passieren, dass Ersthelfer und Rettungskräfte nicht zu den Verunglückten können, weil der Strom rund 45 Minuten lang nicht abgeschaltet werden kann. Diesbezüglich werden wir mit der NÖVOG und den Einsatzkräften besprechen, wie wir das in Zukunft regeln werden. Hier kann man wirklich den Leuten, die direkt vor Ort sofort reagiert haben - Ersthelfern, die von außen die Problematik 'Strom' sofort erkannt haben - nicht oft genug danken."
Kriseninterventionsteam
Solch ein Unfall stellt für alle Beteiligten eine Ausnahmesituation dar. Michael Heussler, Triebfahrzeugführer und Lehrlokführer der NÖVOG, ist im Rahmen des Kriseninterventionsteams im Einsatz: "Die NÖVOG verfügt seit einigen Jahren über ein internes Betreuerteam. Es ist eine Rund-um-die-Uhr-Rufbereitschaft, die immer automatisch verständigt wird. Die Reaktion bzw. Verarbeitung solcher Ausnahmesituationen ist individuell von der Persönlichkeit abhängig. Psychologisch geschulte Mitarbeiter (Peers), die als Laienhelfer in der Kollegenhilfe tätig sind, versuchen abzuschätzen, ob ihre Laienbetreuung ausreichend ist oder professionelle Unterstützung erforderlich wird."
Was ist in so einem Moment am wichtigsten? "Die betroffenen Mitarbeiter werden so rasch als möglich vom Dienst abgezogen. Die Peers versuchen vor Ort Rückzugsmöglichkeiten zu finden, um den Kollegen die Gelegenheit zu geben, sich zu beruhigen. Die betroffenen Mitarbeiter werden nach Hause begleitet. Das Wichtigste ist jedoch das Zuhören, wenn das Bedürfnis da ist, vom Geschehenen zu erzählen. Eine Nachbetreuung von ein bis zwei Wochen ist üblich", erklärt Heussler.
Konsequenzen
Otfried Knoll, Studiengangsleiter für Bahntechnologie an der FH St. Pölten, schildert seine Einschätzung der Situation: "Schnelle Urteile sind immer problematisch. Aus meiner 40-jährigen Erfahrung als Bahnexperte kann ich sagen: So lange die Untersuchungsergebnisse nicht vorliegen, kann man dazu keine seriöse Einschätzung abgeben. Erst mit den Ergebnissen lassen sich Konsequenzen ziehen. Die müssen dann auch umgesetzt werden und führen möglicherweise zu neuen Erkenntnissen bezüglich Sicherheit. Und bedenken Sie bitte auch: Wenn an einer Kreuzung ein Lkw in die Mariazellerbahn gefahren wäre, dann wäre das genauso furchtbar. Man kann aber eines sagen: Das Bewusstsein für die Mariazellerbahn ist da, sie ist als Verkehrsmittel gut angenommen. Die NÖVOG muss ihren Verkehrsauftrag erfüllen und das wird sie auch tun."
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