Gerhard Weissensteiner
Armut früher und heute
Gerhard Weissensteiner über seine Kindheit und die damalige Armut.
SCHIEDLBERG. "Ich habe in meiner Kindheit im Holzknechtdorf Brunnbach die ärmlichen Verhältnisse der vielen Holzknechtfamilien zum Teil noch selber miterlebt. Um die Jahrhundertwende lebten in Brunnbach etwa 380 Einwohner. Im Jahr 1950 waren es noch 100 und heute kann ich die gebürtigen Brunnbachler der Generation meiner Eltern schon an einer Hand abzählen. Holzknechte werden ja nicht mehr gebraucht. Heute machen das die Maschinen in ganz kurzer Zeit. Vor der Motorisierung hat der Wald noch vielen Familien über das ganze Jahr hinweg Arbeit gegeben", weiß Autor und Heimatforscher Gerhard Weissensteiner.
Arm waren sie damals alle. Manche sogar so sehr, dass das Fernbleiben der Kinder vom Unterricht mit: „Kein Brot und keine Schuhe“ entschuldigt wurde. So nachzulesen in der Schulchronik der Brunnbachschule. Doch der Großteil der Familien kam mit ihrer Arbeit und der Möglichkeit sich eigenes Vieh zu halten dann doch ganz gut über die Runden. Das alles funktionierte aber nur, weil alle bei der Arbeit immer zusammen geholfen haben.
"Wenn dann der Vater zur Arbeit gegangen war, waren die drei Kinder zu versorgen. Und dann begann erst die richtige Arbeit für sie."
"Mein Vater war Holzknecht und meine Mutter kümmerte sich um den Haushalt. Sie war um 4 Uhr früh beim Aufstehen die Erste und am Abend immer die Letzte, die zu Bett ging". Zu aller erst richtete sie die Jause des Vaters, schmierte noch seine Arbeitsschuhe, macht die Wohnung sauber und holte frisches Wasser vom Brunnen. Fließendes Wasser gab es im Haus noch nicht. Auch die Toilette war ein einfaches Plumpsklo hinter dem Stall.
"Wenn dann der Vater zur Arbeit gegangen war, waren die drei Kinder zu versorgen. Und dann begann erst die richtige Arbeit für sie. Wir hatten so wie viele anderen Familien im Stall eine Kuh, zwei Ziegen, ein Schwein und mehrere Hühner. Außerdem noch einen eigenen Hausgarten. Um das alles kümmerte sich meine Mama. Als ich kurz vor ihrem Tod zu ihr sagte: `Du hast ja dein ganzes Leben nur geschuftet und gerackert, hattest nie Urlaub und warst immer nur für deinen Mann, deine Kinder und für unsere Tiere da', antworte sie mir: „Das war für mich ganz normal. Die Arbeit hat mir ja auch nicht geschadet. Sonst wäre ich ja wohl nicht über neunzig Jahre alt geworden“.
Nie Hunger leiden
Mit den Tieren und dem Garten musste die Familie Weissensteiner eigentlich nie Hunger leiden. "Außerdem hatte ich als Kind mit dem Plaissabach, der bei unserem Wohnhaus vorbeifloss, ein eigenes Fischwasser. Dass der Pachtvertrag mit den Bundesforsten nur einseitig war, machte mir nicht das geringste aus." Als „Schwarzfischer“, der sprichwörtlich mit allen Wassern gewaschen war, trug Weissensteiner mindestens einmal in der Woche dazu bei, dass auch Forellen auf dem Speiseplan standen. "In meinem ersten Buch „Brunnnbach- Erzählungen eines Holzknechtbuben“ kann man mein Aufwachsen und meine Erlebnisse in dieser damals eher ärmlichen Umgebung, nachlesen. Ich erlebte meine Kindheit in Brunnbach wie in einem Paradies."
Ein kurzer Auszug aus dem Buch: „Einmal im Jahr wurde unser Schwein geschlachtet. Da kam dann unser Nachbar, auch ein Holzknecht, der das Schlachten eines Schweines einfach konnte. Er sah zuerst tief ins Schnapsglas, dann der Sau genau so tief in die Augen und schon war es um sie geschehen.“
Das Fleisch wurde portioniert und natürlich rationiert. Es musste ja lange reichen." "Meine Mutter brachte das auch ohne Kühltruhe gut zustande. Das Fleisch wurde geselcht und in Fett eingegossen", erinnert sich Weissensteiner.
Zusammenhalt war wichtig
Täglich wird alles teurer. Viele Familien können sich aufgrund der steigenden Preise nicht mehr das zum Leben Nötigste kaufen. Die Armut nimmt immer mehr zu. Hunderttausende sind aufgrund der Wirtschaftslage, dem Krieg in der Ukraine und der maßlosen Gier vieler Politiker und Herrscher, vom Hungertod bedroht. "Ich hatte Gott sei Dank das Glück, zu einer Zeit geboren zu sein, in welcher der Zusammenhalt aller dazu beitrug, dass es meiner Generation gut ging. Ohne tägliches Schuften und Rackern jedes Einzelnen, wär es aber nicht möglich gewesen".
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