"War immer zufrieden"

SIERNING. Theresia Ecker ist 88 Jahre alt, lebt im Josefsheim in Sierning und erzählt über ihr Leben.

Wie war ihre Kindheit?
Ecker: Es war schwer denn es war kriegszeit. Wir waren am land, da ist es noch gegangen. Ich bin in Schiedlberg aufgewachsen und dort auch zur Schule gegangen.

Wie war das damals in der Schule?
Wir haben fast eine stunde in die Schule gebraucht. Wir hatten keine ordentlichen Schuhe, im Winter Holzschuhe, im Sommer Holzschlapfen die haben wir getragen und sind barfuß gegangen. Aber es war schön. Viele Kinder waren wir. Manchmal haben wir gerauft und dann sind wir wieder gut miteinander gewesen. Bis das dann das Bombardieren losgegangen ist. Das war schon schlimm. Die haben gleich zu Beginn in Schiedlberg bombadiert, weil sie auf die Steyr Werke geflogen sind. Eine Flak hat ein Flugzeug abgeschossen. In Schiedlberg gab es auch Tote. Da haben wir Angst gehabt. Als Kind versteht man das nicht so.

Wie war die Versorgung mit Lebensmittel?
Unterm Krieg war es besser. Vor dem Krieg haben wir Hunger gehabt. Da sind wir zu den Bauern gegangen und haben um Brot gebittet. Oft haben sie uns aber keines gegeben. Unterm Krieg haben wir gut gelebt.

Was war in der Zeit Luxus für Sie?
Als ich gefirmt worden bin, hat mich meine Godn gefragt was ich möchte, Würstel oder Schnitzel. Und ich habe gesagt Würstel bitte, weil ein Schnitzel habe ich nicht gekannt. Schokolade auch nicht. Das habe ich ihr oft vorgehalten als ich Erwachsen war. Dann hat sie mich eingeladen und hat mir einen Berg Schnitzel hingestellt. Und hat gesagt, die muss ich jetzt zusammenessen. Und ich habe Sie zusammengegessen. Ich habe ein paar Tage vorher nichts gegessen, deswegen habe ich das dann geschafft.

Wie war das damals mit Autos?
Als ich Kind war gab es kein Auto. Das erste Auto habe ich gesehen, als die Amerikaner gekommen sind. Wir haben uns damals recht gefreut und sind hinter denen hergelaufen. Sie haben uns dann Schokolade gegeben. Da haben wir die ersten Autos gesehen

1945 war Kriegsende. Wie haben Sie das erlebt?
Wir haben uns gefreut. Manche andere hatten Angst. Aber sie haben uns nichts angetan. Wir waren erlöst, weil dann das Bombardieren aufgehört hat.

Welche Erinnerung haben Sie an die Besatzungszeit?
Ich habe eine Freundin gehabt, die war öfter in Linz. Die hat zu mir gesagt, ich soll einmal mitfahren mit dem Autobus nach Linz, weil das sind so viele Neger. Ich habe noch nie einen Neger gesehen. Jetzt sind wir halt nach Linz gefahren Schwarze anzuschauen. Die haben wir so angeschaut. Die haben zurückgeschaut und haben sich sicher gedacht, was wollen denn die Dirndln da, warum schauen die denn so. Aber wir waren halt neugierig.

Wie sah ihr weiterer Lebensweg aus?
Mit 14 Jahren war ich schon bei den Bauern arbeiten, im Stall helfen, auf das Baby der Familie aufpassen und in der Küche arbeiten. Ich habe Glück gehabt. Mir ist es gut gegangen. 1953 habe ich meinen Mann geheiratet. Mein Mann war Chauffeur in einer Mühle und Sägewerk in Aschach und dort haben wir eine Wohnung bekommen. Dort sind wir geblieben, bis wir in Sierning einen Grund bekommen haben und Haus gebaut haben. Ich habe zwei Söhne und eine Tochter, drei Enkerl und vier Urenkerl.

Ist es nach der Befreiung Österreichs besser geworden?
Ja ist besser geworden, ist mehr gezahlt worden. Ich habe wie wir in Aschach gewohnt haben nicht arbeiten können, weil ich unter zwei Jahre zwei Kinder gehabt habe. Und da bin ich zu einem Bauern gegangen und habe der alten Bäurerin geholfen. Ich habe Socken und Fäustlinge gestrickt und habe so immer etwas verdient. Uns ist es nicht schlecht gegangen. Wir haben zwar sehr sparen müssen, aber es ist gegangen.

Und der Aufschwung in den 60er?
Mein Mann ist in die Steyr Werke gekommen. Hat doppelt soviel verdient wie bei seinem ersten Posten. Da ist es aufwärts gegangen. Da haben wir dann auch ab und zu fortfahren können. Es haben alle bescheiden gelebt. Wir haben Haus gebaut, haben aber von niemanden Geld gehabt. Wir konnten nur das verbauen, was wir verdient haben. Ich bin dann wieder zu einem Bauern gegangen, das ich die Kinder bei mir habe. Nach dem Hausbauen bin ich auch in die Fabrik gegangen, da waren die Kinder schon größer. Schlecht ist es uns nie gegangen. Wir haben immer gearbeitet und immer etwas verdient.

Welche Erinnerungen haben sie an den EU-Beitritt 1995?
Verschiedene Dinge konnten wir uns mehr leisten als vorher. Butter zum Beispiel war billiger. Dann haben wir statt einem Margarinebrot ein Butterbrot gehabt. Zucker ist billiger geworden und auch das Mehl. Das haben wir schon im Haushalt gespürt. Da haben wir uns oft was gekauft.

Würden Sie heute etwas anders machen in ihrem Leben?
Ja schon, ich hatte keine schöne Kindheit. Habe allen alles verziehen und das würde ich anders machen, das bereue ich heute. Aber was war, das war. Nachher denkt man oft anders. Aber ich war immer zufrieden. Ich habe nie draufgezahlt. Ich bin weg von zu Hause und habe gesagt ich komme nie mehr nach Hause. Und ich bin auch nie mehr nach hause gegangen. Es hat mir nicht geschadet. Ich habe nie Jemanden gebraucht. Wenn ich einen Blödsinn gemacht habe, habe ich auch einstehen müssen dafür.

Ein Rat an die Jugend?
Bisserl sparsamer sein. Kein Geld aufnehmen. Dann stehen sie da Schulden über Schulden. Wir haben nie Schulden gemacht. Wenn wir kein Geld für Brot hatten haben wir Erdäpfel gegessen. Oft hatten wir nur Brot für die Kinder als Schuljause. Wir haben kein Brot gekauft und habe gesagt, ich zahle ihn nächste Woche.
Durch das haben wir auch jahrelang haus gebaut. Wenn wir Geld gehabt haben. Haben wir wieder weitergebaut. Das die jungen soviele Schulden haben, das stört mich.

Wie wird man so alt?
Keinen Alkohol trinken, nicht rauchen und fest arbeiten. Ich hab das Glück alles ein wenig positiv zu nehmen, ned zu tränzen. Das habe ich von meiner Großmutter.

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