Vor 87 Jahren
Abenteuer und Fernweh – Wallfahrt mit dem Fahrrad nach Lourdes

Eine Geschichte aus dem Tourenbuch des Hans Pallasser. | Foto: privat
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  • Eine Geschichte aus dem Tourenbuch des Hans Pallasser.
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TELFS, LOURDES. Vor 87 Jahren fuhr der Telfer Fußballfan und Bergfex Ing. Hans Pallasser mit seinem Freund Oswald Rampl mit dem Fahrrad nach Lourdes. Auf dem Weg zum französischen Wallfahrtsort bestiegen sie auch viele Berge, u.a. den Mont Blanc. Nun kam sein Sohn Oswald Pallasser in Zusammenarbeit mit Ferdinand Reitmaier auf uns zu und überbrachte uns diesen Bericht über eine unvergessliche Reise.

Mit "Drahteseln" auf nach Lourdes 

In der Vorkriegszeit gab es zwar viele Räder, doch die Technik war vom heutigen Standard meilenweit entfernt. Diese „Drahtesel“ waren schwer und von einer Gangschaltung konnte keine Rede sein! Ing. Hans Pallasser , den älteren Telfern als passionierter Platzsprecher vom Emat und treuer Fußballfan am Tivoli bekannt, hatte auch eine besondere Begeisterung für das Radfahren und für Bergtouren. Am schönsten war es für ihn aber, wenn er beides verbinden konnte, wie im Jahre 1934 bei seiner legendären „Tour de France“ nach Lourdes, die er zusammen mit seinem Freund (und späteren Trauzeugen), dem bekannten Kunstmaler Oswald Rampl aus Innsbruck, unternahm.

Ausrüstung kam nicht an

Bis zu ihrem Ziel lagen allerdings einige Alpenpässe und die Pyrenäen in Südfrankreich. Über mehrere Hochpässe wie den Julier, Oberalp, Furka, Col de la Forzlas und Col de Montet ging es zunächst nach Chamonix. Hier wollten sie den Mont Blanc besteigen und mussten sich dazu aber die Ausrüstung ausborgen, weil ihre eigene, mit der Post vorausgeschickt, nicht eingelangt war. Hans Pallasser hat diese Tour in einem langen Bericht exakt geschildert und schreibt wörtlich: „Unseren Müttern hatten wir versprochen, vom fernen Wallfahrtsort Lourdes schöne, geweihte Rosenkränze mitzubringen. Und am 11. August 1934 war es soweit, dass zwei Freunde, der Oswald und ich der Hans, wie zwei aus dem Stall ausgerissene Gäule um 14 Uhr in der Höttingerau vor der Kranebitterallee, auf ihren Fahrrädern lostraten“.

Mit Oswald Rampl, seinem Berg- und Wallfahrtskameraden erlebte Hans Pallasser viele Abenteuer. | Foto: privat
  • Mit Oswald Rampl, seinem Berg- und Wallfahrtskameraden erlebte Hans Pallasser viele Abenteuer.
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Rauf auf den Mont Blanc

Am 17. August, um halb zwei Uhr früh begann ihr Aufstieg zum höchsten Berg der Alpen, für Hans leider ohne Steigeisen, weil auf der Hütte keine auf Lager waren. Bei der geschlossenen Vallothütte, auf etwa 4300 Metern, gönnten sie sich ein kleines, kaltes Frühstück: „Ich selbst hatte schon längst immer wieder aus den Hosentaschen gedörrte Zwetschken zum Essen herausgeholt. Um dreiviertel acht Uhr erreichten wir den Gipfel mit 4810 m. Die Aussicht an dem schönen Tag war des hohen Berges würdig. Kein Lüfterl rührte sich. Nach einer Gipfelaufnahme stiegen wir wieder ab. Mit einem großen Fernrohr beim Balmat-Denkmal hatte man uns beobachtet und genau die Zeit gesagt, als wir oben am Mont Blanc eingetroffen waren.“

Ziel erreicht

Und weiter ging die Reise. Auch in den Pyrenäen wurden einige Berge, unter ihnen der Nethou, mit 3404 m der höchste Gipfel der Maladetta-Gruppe bezwungen. Noch einige Pässe standen bevor, vor allem auch der bei der Tour de France so gefürchtete Port de Pyresurde. Aber es gelang ihnen, auch diesen Pass ohne abzusteigen zu überwinden.
Und endlich war das Ziel erreicht: „Bereits bei Dunkelheit hatten wir den berühmten Wallfahrtsort Lourdes, unser Ziel, mit den vielen beglaubigten Heilungen, erreicht. In einem Garten eines Restaurants durften wir unsere Fahrräder mit Gepäck einstellen. Auch ein gutes Abendessen gönnten wir uns deshalb. Noch am selben Abend begannen wir, die Heiligtümer dieser Stadt zu besuchen.

Hier schrieb Hans Pallasser in seinem Tourenbuch über die Wallfahrt nach Lourdes. | Foto: privat
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Schleichende Pilger

Gleich an einer Straße mit vielen Verkaufsständen besorgten wir uns die versprochenen Rosenkränze für unsere Mütter. Dann gingen wir der Kirchenmusik entgegen, die aus Lautsprechern, die auf Kastanienbäumen montiert waren, ertönte. In der Runde des Parks bewegte sich eine Prozession, deren Gläubige in der rechten Hand brennende Kerzen trugen. Wir schwindelten uns förmlich in das Innere der Basilika, die von einer großen Pilgerschar aus der Stadt Clermont Ferrand total besetzt war. Endlich fanden wir auch die berühmte Grotte, wo das Mädchen Bernadette die Erscheinungen der Gottesmutter erlebte. Bei einem der vielen Wasserauslässe tranken wir auch das heilbringende Wasser.

Außergewöhnlich und glücklich

Am nächsten Morgen ging ich noch einmal zur Grotte, nachdem Oswald eine gute Suppe gekocht hatte und alles für die Heimreise vorbereitete. Knapp vor der Grotte wurde eine Messe gelesen. Viele Leute standen herum, andere lagen auf Tragbahren, auch mit Wägelchen wurden etliche Kranke vom nahen Spital hergefahren. Sie alle hofften auf Heilung. – Nun war es höchste Zeit, wieder zum Lagerplatz zu kommen, wo mein Freund Oswald wirklich alles für die Abfahrt vorbereitet hatte. Von hier aus galt es, die 1700 km lange Heimreise unfallfrei zu bewältigen!
Und tatsächlich endete am 12. September 1934 diese außergewöhnliche Wallfahrt mit den Fahrrädern nach Lourdes glücklich mit den zusätzlichen Besteigungen des Mont Blanc und der Pyrenäenberge Nethou und der Maladetta. Die Mütter freuten sich besonders über diese wertvollen Rosenkränze. Und Hans Pallasser schreibt am Ende seines Berichtes: “Vielleicht hat dieser Rosenkranz in unserem Besitze auf der Heimreise schon öfter geholfen bei meinen dauernden Schwierigkeiten während der Fahrt. Sicher waren wir, besonders ich, von einer Schar Schutzengeln beschützt. Wir danken!“

Nach fast 100 Jahren voller Abenteuer verstarb Hans Pallasser 2006. Viele TelferInnen kennen den ehemaligen Platzsprecher vom Emat noch. | Foto: privat
  • Nach fast 100 Jahren voller Abenteuer verstarb Hans Pallasser 2006. Viele TelferInnen kennen den ehemaligen Platzsprecher vom Emat noch.
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Rückkehr zu den Schutzengeln 

Und Ing. Hans Pallasser begnügte sich nicht mit dem Erlebten, sondern begann in späteren Jahren alle seine Fahrten und Erlebnisse niederzuschreiben. Auch da zeigt sich sein vielseitiges Talent. Ein Erlebnis zu erzählen, ist eine Sache, es aber so zu erzählen, dass der Leser das Abenteuer dahinter spürt, eine andere. Das konnte der Hans! Viele seiner Geschichten sind in verschiedenen Medien schon veröffentlicht worden. Vielleicht schmunzelt er heute von oben, denn Hans ist schon lange zu seinen Schutzengeln zurückgekehrt! Ing. Hans Pallasser: Geboren 1910 In Lienz, Matura an der HTL für Elektrotechnik 1929, zuletzt bei Fa. Jenny & Schindler Telfs, + 2006.

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