Interview
"Blackout-Thema wird jetzt ernster genommen"

Funkamateur Thomas Kugler gibt sein Wissen weiter.
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Der Telfer Thomas Kugler von der "Gesellschaft für Krisenvorsorge" will mehr Bewusstsein für den "Blackout"-Fall schaffen.

REGION. "Blackout" - der Begriff ist nicht erst seit Elsbergs gleichnamigen Roman und der TV-Serie in aller Munde, die Medien überschlagen sich bereits mit Nachrichten über Vorfälle, Reportagen zur Krisenvorsorge und Warnungen. Seit wenigen Jahren gibt es die Gesellschaft für Krisenvorsorge  (www.gfkv.at) unter der Leitung des bekannten Blackout-Experten Herbert Saurugg. Mit im Boot ist auch ein Telfer: Thomas Kugler, bekannt als ehem. Radio-Moderator, Sprecher bei Veranstaltungen und Mitglied der Feuerwehr. Bezirksblätter baten den Fachmann für Krisenvorsorge zum Interview:

Herr Kugler, es gibt die Gesellschaft für Krisenvorsorge unter der Leitung des bekannten Blackout-Experten Herbert Saurugg. Wie kamen Sie zu dieser Gesellschaft - oder wie kam die Gesellschaft zu Ihnen?
THOMAS KUGLER: "Wir sind vor einiger Zeit im Zuge einer Sitzung der Gemeindeeinsatzleitung Telfs auf das Thema Blackout gekommen und ich hatte damals schon Kontakt zu Herbert Saurugg über den Amateurfunkdienst. Ich habe ihn angerufen und ihn gebeten in Telfs einen Vortrag zu halten und einen Workshop mit uns zu machen. Das hat er gemacht und der Kontakt hat sich dann vertieft bis ich eine Einladung von Herbert Saurugg bekommen habe, der Gesellschaft für Krisenvorsorge beizutreten."

Wie bringen Sie sich in diese Gesellschaft ein?
"Wir sehen uns als Multiplikatoren, Hinweis- und Tippgeber. Es ist ja nicht ganz einfach Verantwortungsträger dazu zu animieren, Geld in eine Vorsorge für ein Ereignis zu stecken, das Jahrzehnte nicht mehr stattgefunden hat. Gottseidank möchte ich sagen! Ein Bürgermeister muss das ja auch seinen Bürgern und dem Gemeinderat erklären, warum für eine solche Vorsorge Geld ausgegeben werden soll.
Die Mitglieder der GfKV sind international vernetzt und beraten sich zumeist Online in Videokonferenzen, da speziell Präsident Herbert Saurugg sehr oft für Vorträge und Interviews unterwegs ist. Nächstes Jahr ist ein Präsenztreffen geplant. Da freue ich mich schon sehr drauf. Bei Spezialfragen telefonieren wir uns kurzfristig zusammen. Ich selbst sehe mich als Multiplikator und Hinweisgeber, komme mit Verantwortlichen ins Gespräch und versuche halt immer wieder Impulse zu geben und das Thema am Köcheln zu halten uns Bewusstsein zu bringen. Wir machen das auch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Jede(r) entscheidet selbst ob und wie vorgesorgt wird."

Wären Sie JETZT auf den Blackout-Fall vorbereitet?

Haben sie sich auf ein bestimmtes Thema im Rahmen der Blackout-Vorsorge spezialisiert?
"Glücklicherweise liegt der letzte Blackout schon sehr viele Jahre zurück und kaum jemand kann sich daran erinnern, dass länger als eine Stunde der Strom ausgefallen ist. Ein Blackout trifft unmittelbar alle Lebensbereiche. Vom Privaten Haushalt über den Landwirt, einen Gewerbebetrieb bis hin zu einer Gemeinde. Jeder von uns wäre unmittelbar von den Auswirkungen eines Blackouts betroffen. Es beginnt mit dem geliebten Kaffee in der Früh, den es nicht gibt, über das Handy, das nicht mehr funktioniert, eine Heizung, die ohne Strom nicht läuft bis hin zur nicht mehr funktionierenden Kühlung für Lebensmittel. Diese Liste könnte man beliebig fortsetzen.
Sich zu spezialisieren ist aber aufgrund der Komplexität sehr schwierig. Spezialisiert habe ich mich auf die Not- und Krisenkommunikation bei Ausfall von Handynetz oder Internet."

Seit wann hat das Thema „Blackout“ in ihrem Leben mehr Raum eingenommen, interessieren sich für Krisen-Szenarien?
"Auf das Thema Blackout bin ich über meine Ausbildung zum Funkamateur gestoßen, als mir das Amt des Not- und Katastrophenfunkreferenten im Landesverband Tirol des Österreichischen Versuchssenderverbandes (ÖVSV) übertragen wurde. In diesem Referat beschäftigen wir uns hauptsächlich mit alternativen Kommunikationsmöglichkeiten abseits des Internet und im Regelfall notstromversorgt. Ohne funktionierende Kommunikation ist eine Krisensituation nicht zu beherrschen. Beim Studium der möglichen Ursachen für eine solche Krisensituation bin ich dann recht rasch auf das Thema Blackout gestoßen. Ich habe mich daraufhin eingelesen und intensiv recherchiert. Die Tatsache, dass ein Blackout eine absolute Zäsur allen Lebensbereichen bedeutet, das normale Leben mehr oder weniger schlagartig zum Stillstand kommt, hat mich veranlasst, mich intensiver mit dem Thema auseinander zu setzen und meine Informationen auch weiterzugeben."

Das Thema begleitet zuletzt immer mehr den Alltag von Menschen und auch Behörden, warum ist es in diesen Zeiten so brisant?

"Das europäische Stromnetz ist extrem komplex und fragil. Die Steuerung um das sensible Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch zu halten, ist in den letzten Jahren unter anderem auch wegen der Energiewende um ein Vielfaches schwieriger geworden ist. Der Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise, technische Probleme und andere Faktoren tragen nicht gerade zur Erhöhung der Stabilität bei. An dieser Stelle ist es aber schon wichtig zu betonen, dass die Kraftwerks- und Netzbetreiber europaweit hervorragende Arbeit leisten und immer wieder Versorgungsausfälle und Blackouts verhindern."

Ist ein Blackout immer realistischer und zeitlich näher an uns herangerückt?
"Wenn ich mit jemandem vor zwei Jahren über das Risiko und die Auswirkungen eines Blackouts gesprochen habe, hatte ich oft das Gefühl, nicht wirklich ernst genommen zu werden. Heute ist das anders. Das Thema ist nicht zuletzt aufgrund der starken Medienpräsenz und der Energiekrise bei den Verantwortlichen und in der Bevölkerung angekommen.
Es lässt sich nicht berechnen, wie realistisch ein Blackout ist. Geschweige denn vorhersagen. Das österreichische Bundesheer hat im Jänner 2020 die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Blackout in den nächsten 5 Jahren mit sehr hoch bzw. 100% bewertet. Es laufen beim Bundesheer auch bereits entsprechende Vorkehrungen um Kasernen autark zu machen. Städte und Gemeinden bereiten sich vor, schulen ihre Einsatzstäbe und Institutionen wie zum Beispiel die Feuerwehr und informieren auch die Bevölkerung.
Sicher ist, dass das Risiko eines Blackouts in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen ist und auch heute das Risiko nicht geringer geworden ist.
Nur ein Beispiel: Frankreich hat von seinen 56 Atomkraftwerken hat aktuell weniger als die Hälfte seiner Atomkraftwerke am Netz. Frankreich hat zwar kein Gasproblem aber Schwierigkeiten genügend Strom zu produzieren. Man kann jetzt zu Atomkraft stehen wie man will, aber Frankreich wird wohl wenig bis keinen Strom exportieren können. Dieser fehlt natürlich im Netz. Deutschland hat sich dazu entschlossen, Atomkraftwerke länger laufen und Steinkohlekraftwerke am Netz zu lassen. Insgesamt wird europaweit viel getan, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Da europaweit alles zusammenhängt, können Versorgungsprobleme in einem Land auch zu Problemen in anderen Ländern führen."

Wie sehr sind öffentliche Einrichtungen - bleiben wir im Land Tirol - auf Krisen vorbereitet?
"Die öffentlichen Stellen üben mit ihren Einsatzstäben, Netzbetreiber und Energieversorger simulieren diverse Szenarien, Krankenhäuser haben Notstromaggregate, die laufend gewartet werden.
Entscheidend ist die Dauer des Ausfalls. Je länger desto schwieriger wird die Lage. Lieferketten sind unterbrochen, es kommt kein Nachschub an Lebensmitteln, Medikamenten, Diesel oder Benzin etc. Kühlanlagen fallen aus. Lebensmittel verderben. Notstromaggregate fallen aufgrund von Treibstoffmangel irgendwann aus. Außerdem sind bei weitem nicht alle Photovoltaikanlagen Inselfähig – können also ohne Stromnetz nicht betrieben werden. Landwirtschaftliche Betriebe stehen vor dem Problem, dass die Belüftung von Ställen nicht mehr funktioniert und Kühe nicht mehr gemolken werden können, etc.."

Von welcher Seite bemerkt die „Gesellschaft für Krisenvorsorge“ das größte Interesse zum Thema „Blackout"?

"Hauptsächlich wenden sich derzeit Städte und Gemeinden an uns, aber auch Wasserversorger und Gewerbebetriebe. In vielen Gemeinden gibt es auch Ausschüsse und Sicherheitsbeauftragte, die sich mit Krisenszenarien beschäftigen. Das finde ich gut und richtig. Eine gute Krisenvorsorge ist ein längerer Prozess, keine Einzelaktion. Gute Vorbereitung ermöglicht schnelles Handeln."

Finden Sie, dass die große Masse der Bevölkerung das Thema immer noch zu leichtfertig nimmt?
"Mir steht nicht zu den Menschen mit dem erhobenen Zeigefinger zu sagen, was sie zu tun haben. Das entscheidet jeder für seine Lebenssituation selbst. Viele verlassen sich aber tatsächlich auf die Behörden. Keine Gemeinde wird allerdings in der Lage sein, die Bevölkerung über mehrere Tage oder gar länger mit Nahrung - salopp formuliert mit einer Gulaschkanone - zu versorgen. Sich darauf blind auf die Behörden zu verlassen und nicht selbst Vorzusorgen wäre fatal.
Daher ist es generell sinnvoll, einen gewissen Vorrat zuhause zu haben. Oft scheitert es aber am Bewusstsein, an finanziellen Möglichkeiten oder am Lagerplatz. Es gibt auf der Homepage von Herbert Saurugg (www.saurugg.net) gute Leitfäden und Checklisten um sich günstig und gut vorzubereiten. Manches gibt es zuhause vielleicht schon und muss nur ergänzt werden."

Sind Sie selbst in Ihrem privaten Bereich auf den Ernstfall vorbereitet?
"Ich bereite mich selbstverständlich in verschiedenen Bereichen vor. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist ein Teil davon. Als Funkamateur befasse ich mich hauptsächlich mit der Not- und Krisenkommunikation, wenn das Handynetz oder das Internet nicht mehr funktionieren sollte. Als Mitglied der Feuerwehr rechne ich natürlich damit, in einer Krisensituation irgendwo im Einsatz zu sein. Vorher muss aber zuhause alles geregelt sein."

Wir danken für das Gespräch

SERIE: Blackout-Tipps von Thomas Kugler - HIER


Blackout-Experte Thomas Kugler | Foto: Fotos: Larcher / pixabay
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