Huss und Salzburger (ÖGK):
"Auch in Tirol gibt es zu viele Wahlärzte"

Der Obmann der ArbeitnehmerInnen in der ÖGK, Andreas Huss, und Tirols Vorsitzender des Landesstellenausschusses, Werner Salzburger
  • Der Obmann der ArbeitnehmerInnen in der ÖGK, Andreas Huss, und Tirols Vorsitzender des Landesstellenausschusses, Werner Salzburger
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Wir trafen den Obmann der ArbeitnehmerInnen in der Österreichischen Gesundheitskasse – Andreas Huss. 

TIROL. Wenn es nach dem Obmann der ArbeitnehmerInnen in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, geht, sollte die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Zukunft reorganisiert werden. "Das Kassensystem entspricht nicht mehr den modernen Anforderungen der jungen Mediziner, die Wahlärzte haben zu wenig versorgungswirksame Aufgaben und die Tests für den Zugang zum Medizinstudium sind zu wenig für spätere Ärzte im niedergelassenen Bereich konzipiert", erklärt ÖGK-Obmann Andreas Huss im Bezirksblätter-Gespräch.
Huss will in Zukunft kein attraktives Wahlarztsystem, sondern ein attraktives Kassenarztsystem. "Jeder, der einen Kassenvertrag will, sollte einen bekommen, wer nicht, sollte Privatarzt sein und dann sollte es auch für diese Patienten keine Rückerstattung von Kassenleistungen mehr geben", erklärt Huss. "Auch in Tirol gebe es zu viele Wahlärzte", räumt der Vorsitzende des Landesstellenausschusses Tirol, Werner Salzburger ein. Salzburger: "Durch die Möglichkeit, Kassenstellen aufzuteilen, werden aber auch wieder mehr junge Ärzte in Kassenstellen kommen", ist er sich sicher.

Ländlicher Raum 

Die ÖGK ist die größte soziale Krankenversicherung in Österreich. Derzeit sind rund 82 Prozent bei der ÖGK versichert – das sind 7,2 Millionen Versicherte. Die ÖGK ist am 01.01.2020 durch die Fusion der neun ehemaligen Gebietskrankenkassen entstanden. "Und natürlich hat die Fusion Kosten verursacht, die ÖGK hat derzeit 140 Mitarbeiter, die hat es vorher nicht gegeben", räumt Huss ein. Auch längere Prozesse in der Verwaltung seien nun an der Tagesordnung. "Aber die ÖGK wird bleiben, nur braucht es wieder mehr regionale Kompetenzen, speziell was die Nachbesetzungen und Personalagenden betrifft. Denn gerade im ländlichen Raum muss auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht genommen werden, das kann in Wien niemand entscheiden."

Parität in der Kritik

Die Beiträge der ÖGK stammen ausschließlich von Arbeitnehmern. "Nun sitzen aber im Verwaltungsrat sechs Mitglieder der Wirtschaftskammer, die mitbestimmen, wie die Beiträge verwendet werden – das geht überhaupt nicht, da werden wir massiv dagegen auftreten", sagt Huss. Derzeit ist in der ÖGK auch der Rechnungshof zu Gast. "Und der sucht noch immer vergebens die versprochene Patientenmilliarde", sagt Huss.

Primärversorgerzentren

Als ein Mittel, die Kassenstellen in Zukunft attraktiver zu gestalten, sehen Salzburger und Huss die Primärversorgerzentren. In Tirol sind sechs geplant. "Im Oktober startet ein Pilotprojekt im Stubaital, durch dieses Modell bin ich mir sicher, dass bis Ende 2022 die sechs geplanten Zentren in Tirol besetzt sind."
"Es ist eine optimale Art der Zusammenarbeit, es ist den Patienten, den Ärzten und auch der ÖGK geholfen", so Huss. Junge Ärzte und auch Ärztinnen können hier ideal ihre Lebensplanung unabhängig von einer selbstständigen Tätigkeit organisieren", sagt Salzburger. Denn auch für die nachkommenden Mediziner sei die Work-Life-Balance immer wichtiger.

Hausapotheken

Andreas Huss kennt auch die Problematik rund um die Hausapotheken bei den niedergelassenen Ärzten, speziell im ländlichen Raum. "Dabei ist das nicht die Kompetenz der ÖGK, sondern ein reines Politikum", erklärt er. Huss schlägt vor, dass alle Kassenärzte ein Kontingent von den wichtigsten und am häufigsten gebrauchten Medikamenten bekommen. "Das wäre auch für die Patienten ein Vorteil."

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