Landeshauptmann im Interview: "Ich grenze niemanden aus"

Für Landeshauptmann Günther Platter ist der soziale Friede in Tirol das wichtigste Anliegen.
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  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Ein turbulentes Jahr geht zu Ende. Mit welchen Gefühlen blickt der Landeshauptmann zurück?
Günther Platter: „Mit wechselhaften Gefühlen, weil Tirol heuer mit zahlreichen, nicht vorhersehbaren Ereignissen konfrontiert wurde. Seien es die vielen Flüchtlinge und deren Unterbringung, die Naturkatastrophen in Pians, Strengen, Imst und Landeck oder auch der insgesamt angespannte Arbeitsmarkt. Nur durch den guten Zusammenhalt in Tirol, durch unsere tüchtigen Wirtschaftstreibenden und das von uns geschnürte Impulspaket ist es uns gelungen, diese Herausforderungen zu meistern und so die Arbeitslosigkeit stärker als alle anderen Bundesländer zurückzudrängen.“

Die Reform der Mindestsicherung bleibt offen. Warum wollen Sie die gemeinsam mit Salzburg und Vorarlberg gestalten?
„Das ist eine Notwendigkeit, weil es keine unterschiedlichen Regelungen geben darf. Asylberechtigte sollen sich die Unterbringung nicht nach der Höhe der Mindestsicherung aussuchen können. Die Bundesregierung hat das Vorhaben offenbar aufgegeben. Meine Devise ist: Wer arbeitet, muss mehr Geld zur Verfügung haben als die Bezieher dieser Sozialleistung.“

Sie übernehmen ab Jänner den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz. Wird die gemeinsame Mindestsicherung doch noch ein Thema und welche anderen Schwerpunkte nehmen Sie sich vor?
„Bei der Mindestsicherung habe ich kaum Hoffnung auf eine bundesweite Lösung. Ein großer Schwerpunkt wird die Bildung sein. Es geht um Schulautonomie, um Elementarpädagogik, aber auch darum zu verhindern, dass ein zentralistisches System keine Rücksicht mehr auf Bedürfnisse vor Ort nimmt. Zudem ist mir die Stärkung des ländlichen Raums, etwa durch Verkehrsmaßnahmen oder den Breitbandausbau, ein großes Anliegen.“

Ein Blick zu den Nachbarn: Die Euregio scheint nur am Papier zu bestehen, Bayern ist in Verkehrsfragen anderer Meinung als die Tiroler. Warum reibt es sich in den Beziehungen?
„Was die Euregio betrifft, so gibt es viele gute Beispiele für enge Zusammenarbeit, auch in schwierigen Fragen. So tragen die Kollegen in Südtirol und dem Trentino den Beschluss mit, am Brenner als letztes Mittel Grenzkontrollen einführen zu müssen. Es gibt einen gemeinsamen Wissenschafts- und Mobilitätsfonds für Studierende, und es kommt der gemeinsame Familienpass. Das größte gemeinsame Projekt ist der Brenner Basistunnel. Was Bayern betrifft, ja, die meinen schon manchmal, sie seien alleine auf der Welt. Trotzdem sind wir freundschaftlich in Verbindung und es gibt laufend Gespräche.“

Die Aufgriffe von Flüchtenden am Brenner und in Tirol steigen stetig. Wann ist die Schmerzgrenze erreicht, um rigorose Grenzkontrollen einzuführen?
„Die ist schon erreicht. Und die EU schafft es weiterhin nicht, die Außengrenzen zu sichern. Das ist auch eine Sicherheitsfrage. Tirol würde in kurzer Zeit ganz anders aussehen, wenn viele illegal ins Land Eingereiste sich hier unkontrolliert aufhalten. Die Grenzraumkontrollen wurden schon verschärft, auch um zu vermeiden, dass sich Tragödien mit Toten auf Güterzügen wiederholen. Auch der Kampf gegen die Schlepper wurde verstärkt.“

Ein großes Problem ist der Verkehr, die wöchentlichen Staus zeugen jede Woche davon. Die Bevölkerung fühlt sich im Stich gelassen. Wie lange noch?
„Ein neuralgischer Punkt ist die Fernpass-Strecke. Der Scheiteltunnel wird geplant und auch gebaut. Und für den Tschirganttunnel werde ich mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit massiv in Wien einsetzen. Ich erwarte mir hier auch die Unterstützung der Bundes-ÖVP. Auch der Bund braucht das Land Tirol immer wieder.“

Immer wieder wird das gute Verhältnis in der Koalition hochgelobt. Jedoch bleibt Kritik auch aus den ÖVP-Reihen nicht aus. Gibt es Chancen für weitere fünf Jahre Schwarz-Grün nach der Wahl?
„In Koalitionen gibt es immer, auch bedingt durch ideologische Unterschiede, Diskussionen und Kompromisse. In der Regierung herrscht in vielen Belangen Einstimmigkeit. Natürlich muss intern hart argumentiert werden. Aber die Grünen sind ein verlässlicher Partner. Wie es nach 2018 weitergeht, entscheidet der Wähler.“

Würden Sie die FPÖ ausgrenzen?
„Ganz klar nein. Ich grenze niemanden aus.“

Apropos Wahl: In unserer Umfrage (kommende Ausgabe) sind 68 Prozent der Tiroler gegen vorverlegte Landtagswahlen. Wie sehen Sie das?
„Genauso. Ich will diese Legislaturperiode bis 2018 weiterarbeiten.“

Welchen Neujahrswunsch hätte der Landeshauptmann für das Land Tirol?
„Mir geht es um den Zusammenhalt in Tirol, mir geht es auch um politische Entscheidungen, die den sozialen Frieden sichern, mir geht es um die Sicherheit im Land und ich werde alles tun, damit die Menschen in Tirol Arbeit haben.“
Interview: Sieghard Krabichler

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