Das Ganze ist mehr als seine Teile
Alles wirkliche Leben ist Begegnung, sagte der Religionsphilosoph Martin Buber. Wie es um die Begegnungsqualität in St. Andrä-Wördern steht, wurde im Rahmen einer Sozialkapitalstudie untersucht. Die Ergebnisse sollen in Kürze präsentiert werden. Das Bezirksblatt hat vorab mit Studienleiter Ernst Gehmacher über erste Erkenntnisse gesprochen.
ST. ANDRÄ-WÖRDERN (cog). „Karikiert gesagt: St. Andrä-Wördern ist eine typische Schlafstadt-Gemeinde“, befindet der Sozialwissenschafter Ernst Gehmacher. Er erstellt im Auftrag der Gemeinde eine Sozialkapitalstudie. Im Frühjahr wurden dafür 9.101 Fragebögen ausgeschickt, 1.220 kamen zurück. Aus diesen Antworten zeichnet Gehmacher ein Bild von St. Andrä-Wördern und der Funktionsfähigkeit der sozialen Strukturen in der Gemeinde.
Gute Strukturen vorhanden, ...
Die Ergebnisse der Studie werden derzeit aufbereitet. Auch wenn Gehmacher noch keine Details verraten will, die Stoßrichtung ist klar: „Insgesamt ist das Sozialkapital in St. Andrä-Wördern recht gut. Die Menschen haben Beziehungen, viele aber außerhalb der Gemeinde – und das ist das Problem, obwohl gute Strukturen etwa in Form von Vereinen da sind. Die Gemeinde hat Charakter.“
... aber Tendenz zur Schlafstadt
Die Entwicklung geht aber in Richtung allmähliche Auflösung des Sozialkapitals: „Es ist die Lage der Umlandgemeinden: Man lebt und arbeitet in Wien und schläft in St. Andrä-Wördern. Es geht aber um die Einbindung in die Gemeinde“, bringt Gehmacher es auf den Punkt. Für ihn ist St. Andrä-Wördern trotz dieses Problems der sozialen Einbindung eine „gute Gemeinde“. Denn: „Die wirklichen Problemgemeinden würden so eine Studie nicht machen. Es muss jedoch einiges passieren. Die Studie ist ein erster kleiner Schritt, das Thema muss weiterverfolgt werden. Wenn nicht daran gearbeitet wird, bleibt eine Schlafstadt mit entleerten Siedlungen, die langfristig zur Pensionistenstadt wird.“ Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, wäre etwa die Schaffung einer Gesamtschule. Eine Idee, die bei den Befragten laut Gehmacher auf großes Interesse gestoßen ist.
ZUR SACHE
Was ist Sozialkapital?
Anders als Humankapital meint Sozialkapital nicht die Menschen an sich, sondern bezieht sich auf die Beziehungen zwischen ihnen.
Das Lebensministerium schreibt dazu: „Wo Menschen zueinander in Beziehung treten – in der Familie, mit Freunden, in Netzwerken, Vereinen oder durch gemeinsame Ideale –, dort entsteht Sozialkapital. Sozialkapital hat positive Auswirkungen auf die Stabilität der Gesellschaft und den Umgang mit Umwelt und Natur. Ohne Sozialkapital ist keine gesellschaftliche Entwicklung möglich.“
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