Erst Heiratspläne, dann kam der „Ruf Gottes“
1940 in Bregenz geboren, 1964 in Wien zum Arzt promoviert, 1970 in Madrid zum Priester geweiht, seit Juli 2004 in St. Pölten: So liest sich Diözesanbischof Klaus Küngs Leben im „Extrem-Zeitraffer“. Dabei hätte es auch anders kommen können: Er wollte sogar heiraten...
BEZIRKSBLATT: Seit 40 Jahren stehen Sie im Dienst der Kirche. Wie hat sich diese Institution in den letzten vier Dekaden verändert? Ist deren Einfluss auf den Alltag der Bevölkerung rückläufig?
KLAUS KÜNG: „Seit meiner Priesterweihe haben wir in der Tat einen tiefgreifenden Wandel in Gesellschaft und Kirche erlebt. Allerorts ist zu beobachten, dass die klassische ,Volkskirche‘, mit der viele von uns noch aufgewachsen sind, am Verschwinden ist.“
BEZIRKSBLATT: Wie soll die Kirche diesem Trend begegnen?
KÜNG: „Vielleicht, indem sich jeder Einzelne an der Nase nimmt und sagt: Ich selber bin Kirche. Wenn ich nicht anderen von meinem Glauben erzähle, tut es vielleicht niemand. Genau dafür sehe ich überall Anzeichen – das persönliche Engagement vieler Gläubigen in unserer Diözese ist gestiegen.“
BEZIRKSBLATT: Dennoch gibt es zahlreiche Austritte zu beklagen. Liegt in einer „weltlicheren“ Kirche die Lösung?
KÜNG: „Es ist wahr – jedes Jahr gibt es viel zu viele Austritte und jeder einzelne schmerzt mich. Die Frage nach dem Warum ist diffizil zu beantworten. Vielleicht hing da die Bindung an die Kirche nur noch an einem Faden, der dann aus irgendeinem Anlass gerissen ist. Ich denke, die Kirche muss attraktiver werden, indem sie authentischer wird. Kirche wird als attraktiv erlebt, wenn Menschen in ihr eine klare Identität vorfinden – und dadurch wirklich eine Heimat.“
BEZIRKSBLATT: Die letzten Monate waren für die Kirche keine leichten. Haben die Maßnahmen der Bischofskonferenz in Sachen Missbrauchsfälle gegriffen? Konnte das Vertrauen der Schäfchen wieder ein bisserl gestärkt werden?
KÜNG: „In der Diözese sind alle Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der Kirche vor weltlichen Gerichten abgeschlossen. Das, gepaart mit dem Handeln der Bischofskonferenz, führte zu einem leichten Rückgang der Austrittszahlen. Die Menschen merken: Es ist uns ernst, die diözesane Ombudsstelle genießt das Vertrauen der Bevölkerung.“
BEZIRKSBLATT: Eine neue Aktion namens „33 Schritte“ soll versuchen, die Bindung Kirche – Gläubige in der Diözese mittels Erneuerung des Taufversprechens zu intensivieren. Was versprechen Sie sich davon?
KÜNG: „Ich sehe mein Herzensprojekt als weiteren Schritt in der Erneuerung der Diözese. Natürlich wird die Aktion nicht alles herumreißen, aber es ist ein Anfang. Die ,33 Schritte‘ sind als Einkehrtag im Alltag zu verstehen, eine Art Wallfahrt zu Hause.“
BEZIRKSBLATT: Was hat Sie eigentlich bewogen, Priester zu werden?
KÜNG: „Der Weg war etwas kurvig. Ich wollte ja Arzt werden, habe auch studiert und sogar praktiziert. Ich hatte auch die Absicht zu heiraten. Dann kam jedoch meine Berufung dazwischen. Hätte mir damals jemand gesagt, dass ich mal Bischof werde, ich hätte laut gelacht.“
BEZIRKSBLATT: Wie feiern Sie Ihren Siebziger – und was wünschen Sie sich für die Kirche?
KÜNG: „Mein Wunsch: Möglichst viele sollen in unserer Diözese das Abenteuer mit Gott wagen – es lohnt sich. Am Geburtstag selbst hätte ich gerne ein wenig Ruhe. Der fällt aber auf einen Freitag – das wird wohl nichts.“
Gespräch: Heinz Lackner
Projekt „33 Schritte“
Taufen „Reloaded“
Hinter dem Projekt „33 Schritte“ verbirgt sich eine Aktion der gesamten Diözese St. Pölten, die im September beginnt und ihren Abschluss am 8. Dezember bei einer gemeinsamen Tauferneuerung in Maria Taferl findet.
Ablauf: Interessierte können sich ab 12. September auf zwei Arten für das Vorhaben anmelden: per Anmeldekarte (die erhalten alle Pfarren) oder über 07413/278 bzw. info@basilika.at. Nach der Anmeldung erhalten die TeilnehmerInnen Ende Oktober ein Begleitheft mit Impulstexten und Gebeten. Die eigentlichen 33 Schritte werden Tag für Tag von 5. Nov. bis 8. Dez. gesetzt, dann erfolgt die Tauferneuerung.
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