Rock vor dem Richter gelüftet
Eine Pensionistin soll ihren Nachbarn in einem Wohnhaus im Bezirk Tulln das Leben schwer gemacht haben.
BEZIRK TULLN (ip). „Ich bin schon 30 Jahre da und hab noch nie jemanden umgebracht“, wiederholte eine 64-jährige Serbin, die, laut Aussage eines Zeugen, ihm und anderen Nachbarn in einem Wohnhaus im Bezirk Tulln das Leben schwer machen würde.
Am Landesgericht St. Pölten musste auch Richter Slawomir Wiaderek die Beschuldigte mehrmals heftig zurecht weisen, da die Pensionistin ständig dazwischen redete und gegen die Vorwürfe protestierte. Sie wisse überhaupt nicht, warum sie hier sei. Nichts von dem, was in den beiden Strafanträgen stünde, sei wahr.
Kalbsrollbraten unter Rock versteckt
Die Frau soll in einem Supermarkt in Tulln einen Kalbsrollbraten und zwei Sirupgetränke unter ihrem Rock an der Kassa vorbeigeschwindelt haben. Diesen Vorwurf versuchte sie dadurch zu entkräften, dass sie ihren Rock hob, um dem Richter zu zeigen, dass sie diese Waren darunter jedenfalls nicht verstecken hätte können. Wiaderek unterbrach den Beweisantritt der Serbin und schied das Faktum vorerst aus, zumal eine Zeugin nicht zum Prozess kommen konnte.
„I bring di um!“
Der zweite Vorwurf brachte die Pensionistin noch mehr in Rage. Ein Postbediensteter, der gleichzeitig Nachbar der Beschuldigten war, verständigte die Polizei, als die Frau vom Fenster ihrer Wohnung aus ihm nachgeschimpft und schließlich gedroht habe: „I bring di um!“ Danach habe sie sich ein Messer an den Hals gehalten und eine Schneidebewegung mit den Worten, sie werde ihm die Kehle durchschneiden, angedeutet.
„Das geht zu weit“, dachte der 34-Jährige und verständigte die Polizei. „Wer hat Sie aufgehetzt?“, unterbrach die Serbin die Zeugenaussage und an den Richter gewandt protestierte sie: „Ihr glaubt´s dem Burschen und der springt bei mein Fenster rein wie der Teufl!“
„Ja, i bin a bisserl krank“
Im Vorfeld des Prozesses erstellte Psychiater Richard Billeth ein Gutachten, wonach die Frau zwar an einer höhergradig eingeschränkten Dispositionsfähigkeit mit Wahnsymptomatik leide, es sei jedoch nicht zu erwarten, dass sie tätlich werde.
„Ja, i bin a bisserl krank“, erklärte die Pensionistin. Von einer Behandlung wolle sie jedoch nichts wissen. „I fahr halt ganz weit weg, nach Serbien vielleicht“, überlegte sie. Das nicht rechtskräftige Urteil – fünf Monate bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren – nahm sie zur Kenntnis und ärgerte sich nochmals darüber, dass der Nachbar für glaubwürdig erachtet wurde.
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