"Leben am Limit"
Sozialer Rückzug durch zu wenig finanzielle Mittel
"Leben am Limit": Einladungen werden ausgeschlagen, wenn das Geld knapp ist, die Folge: sozialer Rückzug.
BEZIRK. Die Pandemie und die wirtschaftliche Lage samt Teuerung haben die Armut für viele verschärft. Vor allem betroffen: Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, ältere Frauen, chronisch und psychisch Kranke und Menschen mit geringem Bildungsniveau.
"Nur wenige haben den Mut darüber zu sprechen. Scham hindert sie, sich Hilfe zu holen. Belastende Gefühle entstehen aus vorangegangenen negativen Gedanken, die einen nicht mehr los lassen".
so Martina Luxardo, Verhaltenstherapeutin aus Tulln.
" In der Folge geht es uns schlecht, wir fühlen uns niedergeschlagen, sind nur noch traurig, vernachlässigen Hobbies und nichts freut uns mehr. Der Schlaf leidet und wir beginnen uns von unserem gesellschaftlichen Leben zurück zu ziehen".
Andererseits werden Betroffene ob beabsichtig oder unbeabsichtigt auch ausgeschlossen. Oftmals fehlt das Verständnis, wie man mit dieser Situation umgehen soll – Unterstellungen und Vorurteilen resultieren. Durch diesen Stress und tägliche Überforderung können psychische Erkrankungen entstehen.
Verzweiflung ist groß
Sätze wie: „Ich schlage Einladungen aus, weil ich nichts mitbringen kann“, „Ich habe meinen Selbstwert verloren“ oder „Ich hätte nie gedacht, dass MIR das passiert“ bekam die Therapeutin schon zu hören.
"Zu den seelischen gesellen sich meist auch körperliche Beschwerden. Da der Weg zum Psychotherapeuten manchmal immer noch eine Hürde darstellt, verschlimmern sich die Beschwerden. Es wird gerne zur Selbstmedikation gegriffen bzw. wird Entlastung in Alkohol oder Drogen gesucht. Ein Teufelskreis, aus dem nur wenige alleine wieder herausfinden",
so Luxardo. Ein Leben auf der Straße oder Selbstmordgedanken können resultieren. Für solche Fälle gibt es den psychosozialen Dienst. Auch der Hausarzt sollte Ansprechpartner sein, falls Medikamente nötig sind. In NÖ gibt es auch "Clearing Stellen". Dort werden Therapeuten mit Kassenverträgen vermittelt.
Wichtige Nummern:
- Psychosozialer Dienst: 01 31 330
- Kriseninterventionszentrum: 01 40 69 595
- Dachverband NÖ Selbsthilfe: 02742 226 44
Junge Menschen im Fokus
Oft sind auch die junge Menschen betroffen. Die Arbeitssuche gestaltet sich schwierig. Es wird ein Studium begonnen oder neben dem Studium in die Berufswelt geschnuppert, doch mit hohem Zeitaufwand, weiß auch Katharina Geiger, Studentin aus Ollern:
"Besonders schwierig ist das, weil ich vorher schon einen anderen Lebensstandard gewohnt war und ich mich jetzt umgewöhnen muss. Ich muss Freunden öfters absagen oder darum bitten, dass wir zu Hause bleiben, uns im Supermarkt Sachen kaufen und selber kochen, da ich mir essen gehen nicht so oft leisten kann".
Verständnis sollte jedenfalls für die Betroffene da sein und ein Rahmen geschaffen werden, in dem man sich seinen Freunden und der Familie anvertrauen kann.
„Wenn Bürger in Not zu uns kommen, werden wir unser Möglichstes tun, um ihnen über finanzielle Engpässe zu helfen – zum Beispiel durch eine einmalige finanzielle Zuwendung aus dem Sozialfonds oder durch das Vermitteln an weitere helfende Stellen, z.B. die Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft",
so tullner Stadträtin für Soziales Elfriede Pfeiffer.
Arbeiterkammer unterstütz
Die Arbeiterkammer unterstützt seine Kunden in Sachen Konsumentenschutz. Günter Kraft, AK-Bezirksstellenleiter Tulln verrät:
"Strom, Gas, Heizen ist ein Thema. Die Menschen kommen zu uns, wenn sie Fragen zu Anbietern haben oder sie hohe Rechnungen bekommen haben. Wir versuchen hier rasch zu Helfen und Beratungen durchzuführen bzw. an die richtigen Stellen zu vermitteln. Gerade wenn Lohnansprüche ausständig sind, muss schnell reagiert werden, denn es sind Rechnungen jedes Monat zu zahlen".
Aber auch bei der Arbeitnehmerveranlagung unterstütz die AK.
Österreichweite Krisentelefone & Notrufnummern
Bei psychischen oder suizidalen Krisen sowie im akuten Notfall ist es wichtig, rasch Krisentelefonnummern und Notrufnummern bei der Hand zu haben. Hier findest du eine österreichweite Übersicht.
Anlaufstellen
Polizei: 133Rettung: 144
Telefonseelsorge Österreich: 142
Rat auf Draht: 147 - Telefonhilfe, Notruf und psychologische Beratung für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern und Bezugspersonen
Kindernotruf 0800 567 567 - 24-Stunden Telefonberatung in akuten Krisen sowie Konfliktsituationen
Männerinfo: 08000 400 777 - Telefonische Krisenberatung rund um die Uhr aus ganz Österreich; bei Bedarf auch gedolmetschte Beratung; anonym vertraulich, kostenlos
Männernotruf: 0800 246 247 - bietet Männern in Krisen- und Gewaltsituationen österreichweit rund um die Uhr eine erste Ansprechstelle
Frauenhelpline 0800 222 555 - Rund um die Uhr, anonym und kostenlos. Informationen, Hilfestellungen, Entlastung und Stärkung – auch in Akutsituationen
ö3 Rotes Kreuz Kummernummer: 116 123 - aus allen Netzen zum Nulltarif erreichbar, absolut anonym; täglich von 16 bis 24 Uhr. Die Ö3-Kummernummer ist eine Erstanlaufstelle für alle Menschen in persönlichen Notlagen
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