Vorgestern - ein ganz normaler Freitag
Jeden Tag begleitet mich Charly unser Labrador-Retriever Mischling ins Büro. So auch heute. D.h. unser gemeinsamer 2 km Marsch dauerte nur wenige Meter. Charly hinkte, lief einige Meter blieb dann wieder stehen und leckte sich seine Vorderpfote und versuchte mir wieder gehorsam zu folgen. Doch ich stellte gleich fest, dass das heute nichts wird. Daher drehte ich mit ihm unverzüglich um, läutete an der Haustüre und bat Astrid sich seine Pfote anzuschauen. Gleichzeitig rief mich meine Assistentin aus dem Büro an, dass es nach Ebenthal zu fahren galt und es höchste Zeit sei, um rechtzeitig zur Bauverhandlung zu kommen. So sprang ich ins Auto und konnte die Angelegenheit noch rechtzeitig regeln. 3 Stunden später zurück im Büro begrüßte mich Charly schwanzwedelnd. Astrid fand einen langen Rosendorn in seiner Vorderpfote. Als sie diese entfernt hatte, war alles wieder in Ordnung und er konnte mit Frauchen ins Büro traben. Ich erledigte meine Aufgaben, so konzentriert und effektiv es ging bis kurz nach 3 Uhr Nachmittag. Mitarbeitergespräche, Planänderungen und ein wichtiges Besprechungsprotokoll passten da genau hinein und es war Zeit aufzubrechen, da 15 Minuten nach drei Freitag für Freitag das Treffen mit den Missionaren in Klagenfurt angesetzt war. Zu Hause noch 5 Minuten etwas essen, Astrid hatte zuvor Charly und mich auf halben Weg abgeholt, weil es sonst zeitlich nicht zu schaffen gewesen wäre, und dann Gitarre, Liederbuch und Unterlagen für den Deutschkurs zusammengepackt und zum zweiten Mal an diesem Tag auf nach Klagenfurt. Die Elders warteten schon. Mitten in unser Gespräch platzt eine rumänische Bettlerin herein. Ich frage sie, woher sie kommt. Sie antwortet: „Moldawia!“ Leider weiß ich aufgrund einiger moldawischer Freunde, dass das kaum stimmen kann. Ich höre, die übliche traurige Geschichte, die von allen erzählt wird und vereinbare mit ihr einen Termin in zwei Stunden. Ich nehme mir vor, ihr dann im Interspar etwas zu essen zu besorgen. Minuten später kommen die Schüler für den Deutschkurs an. Zwei mongolische Frauen, eine rumänische Pflegerin und 3 Amerikaner. Wir sprechen über besitzanzeigende Fürwörter und deren Deklination in den verschiedenen Fällen , Geschlechtern und Einzahl und Mehrzahlabhängigkeit. Wir bilden Sätze, lesen Sie und lachen wiederholt miteinander. Ich wundere ich selbst immer wieder, wie kompliziert deutsch im Vergleich zu Englisch gebaut ist, bin aber froh, dass ich die interessanten Laute des mongolischen nicht zu lernen habe. Zu Beginn und am Ende der Kursstunde singen wir ein Lied. Das Lieblingslied einer Schülerin „Näher mein Gott zu Dir“ ist schon zum Standard geworden. Sie bittet immer wieder darum, dass wir es singen und sie drückt herzlich ihre Dankbarkeit aus. Das Lob einer mongolischen Frau über unsere Deutschstunde tut der Seele auch gut.
Wie vereinbart taucht im Anschluß die Bettlerin auf. Gemeinsam wandern wir zum Interspar in der Rosentalerstraße und gemeinsam besorgen wir Essen und Trinken für eine Mahlzeit. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass uns einige beobachten, doch es macht mir nichts aus. Nach der Kassa verabschieden wir uns. Zugegebenermaßen denke ich nach, ob es richtig war, das zu tun. Zugleich schäme ich mich, dass ich überhaußt darüber nachdenke. Mir fallen die Parkstrafe in Wien zu 36 € ein. Meine Zerstreutheit beim Tanken in der Wiener SCS, als ich vor Kurzem Super statt Diesel getankt habe, was mich rund 300 € gekostet hat und setze es in Relation, zu dem was der Bettlerin eine gute Mahlzeit gebracht hat. Es steht in keiner Relation und ich frage mich, was den Jesus Christus an meiner Stelle getan hätte.
Für 18 Uhr hatte ich Familie Daniliants gebeten Gastgeber eines Informationsabends zu sein. Sonja eine gehbehinderte liebe Frau, war noch abzuholen. So verlieren sich meine Gedanken wieder und ich fahre zu ihr hin. Beim Wegfahren sehe ich noch Martin, Wassilij und Kelly, die mit Jugendlichen den wöchentlichen Putz des Gemeindehauses bewerkstelligen und freue mich, dass es engagierte Menschen gibt. Sonja war vor einigen Jahren als Fußgängerin von einem Auto niedergefahren worden und kann sich nur mehr mit einer Gehhilfe bewegen. Ich helfe ihr ins Auto, lade die Gehhilfe ein und fahre zu Daniliants. Am Weg noch die Elders, Elisabeth aus der Dominikanischen Republik und Antonio eingeladen. Das Reihenhaus der Daniliants liegt im Grünen. Der Weg von der Ausstiegsmöglichkeit zu ihrem Hauseingang ungefähr 100 m. Ich bin mit Sonja eine gefühlte halbe Stunde dorthin unterwegs. Sie meint lachend: „Mit dir komme ich wenigstens wohin!“ Nachdem sie eine Chemotherapie gerade hinter sich gebracht hat, erwartet sie ein künstliches Knie, um vielleicht auf den Rollator oder wie sie ihn nennt, Ihren Ferrari“ einmal verzichten zu können. Im Haus angekommen treffe ich noch Ivan und Gyn einen überaus gebildeten Fachhochschulstudenten aus Indonesien. Wir beten und essen miteinander. Elder Merkley hält einen gut vorbereiteten Vortrag über Vergebung. Die Gespräche und die Gemeinschaft tut allen gut. Um halb neun Uhr abends dann wieder den umgekehrten langen Weg mit Sonja, diesmal etwas kürzer über die Wiese, alle nach Hause bringen, nach Fischl, Waidmannsdorf und Lambichl und dann geht’s heim nach Villach. Es gibt während der Fahrt viel nachzudenken und ich bin froh, dass zu Hause meine gute Frau mich fröhlich empfängt. Und nach ei zwei Liedern am Keyboard gehe ich müde aber dankbar zu Bett.
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