Verwaiste Eltern
"Ein Kind zu verlieren, ist eine Wunde fürs Leben"
VILLACH/KLAGENFURT. Eine unglaubliche Erschütterung sei es, ein tiefer Schnitt in die Seele eines Menschen, "es zieht einem nicht nur sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg, ein Kind zu verlieren", sagt Astrid Panger, Mitbegründerin von "Verwaiste Eltern". Zehn Jahre besteht die Plattform in Trägerschaft der Diözese Gurk. Unzähligen Familien habe man bisher beigestanden, aktuell seien es 18, derer sich das 17-köpfige Experten Team rund um Panger annimmt, erzählt die Initiatorin. Heuer, zum ersten Mal, gab es auch eine Förderung seitens des Landes. "Das ist eine enorme Wertschätzung unserer Arbeit", sagt Panger.
Ein Kind ist man immer
Eine Arbeit, die anspruchsvoll ist. Betreut werden zurückgelassene Familienmitglieder, die ein Kind verloren haben. Ob noch vor der Geburt, in Kindes- oder Erwachsenenalter. "Ein Kind bleibt man ein Leben lang", weiß Panger.
Auch Jahre nach dem Tod
Die Familien, die ihre Hilfe aufsuchen, kommen eigenständig und zu unterschiedlichen Phasen der Trauer auf sie zu. "Manchmal melden sich Menschen schon recht kurz nach dem Ableben des Kindes, andere kommen noch nach Jahren zu uns, weil sie merken, dass sie mit der Trauerarbeit nicht vorankommen."
Besonders schlimm ist es ...
Oft seien es dann Muttertage oder Anlässe wie Weihnachten, die das Ableben des Kindes in Erinnerung rufen und ein Gefühl der Ohnmacht auslösen. "Was wir erreichen wollen, ist die Eigenständigkeit des Menschen zu erhalten oder wiederzuerlangen. Der Mensch soll fähig sein, zu leben", erzählt Panger. Manchen Menschen fiele dies leichter, andere bräuchten Jahre: "Während manche den Alltagstrott brauchen, sind andere nicht in der Lage, ein "normales" Leben wieder aufzunehmen." Trauerbewältigung sei, so Panger, ein individueller Prozess.
Und nicht jeder trägt die Trauer gleich nach außen. "Über Fehlgeburten wurde früher nicht gesprochen, das wurde tabuisiert. Obwohl es einen innerlich zerrissen hat."
Unter welchen Umständen man ein Kind verliere, sei in Bezug auf die Trauerbewältigung eine Frage am falschen Platz, erklärt Panger. "Das Ableben eines Kindes geht gegen den natürlichen Verlauf des Lebens. Unser Wesen ist nicht auf so einen Fall vorbereitet." Der Verlust des Kindes geht mit einem Verlust der Elternschaft einher, erklärt Panger. "Plötzlich ist man keine Mutter, Vater, Oma, Opa, Tante oder Schwester mehr."
Individuelle Betreuung
Um Menschen in dieser Phase aufzufangen gibt es verschiedene Betreuungsmodelle. Gesprächsgruppen, individuelle Therapien, "die Palette ist sehr breit", sagt Panger. Auch Messen und Workshops gibt es. Im vergangenen Jahr wurde eine Gedenkmesse für "Sternenkinder" (Kinder, die noch vor oder während der Geburt versterben) abgehalten. "Die Resonanz war enorm, viele Menschen dankten uns, dass diesen Kindern Platz gegeben wurde", erinnert sich Panger.
Die Arbeit macht demütig
Wie man in einer solchen Arbeit, Panger ist selbst zweifache Mutter, dennoch ein "normales" Leben führen könne? Natürlich, sagt Panger, dürfe man nicht alles an sich "heranlassen". Aber, so ergänzt die Betreuerin, die Arbeit mache wohl "demütig". So falle Alltägliches nicht immer ganz so schwer ins Gewicht. "Man weiß, es gibt Wichtigeres", sagt Panger, und gibt noch etwas mit auf den Weg, "ich selbst habe es mir zur Angewohnheit gemacht, nie mit einem bösen Wort auseinanderzugehen. Egal welcher Streit vorangegangen war, es bleibt immer Zeit für ein nettes Wort."
Zur Sache: Die Plattform Verwaiste Eltern in Trägerschaft der Diözese Gurk ist österreichweit einzigartig. Termine: Am 3. November: Messe für Betroffene nach Suizid, Kreuzbergl Kirche, Klagenfurt. Am 16. Dezember: Nähnachmittag für Sternenkinder, Hotel Goldenes Lamm, Villach. Am 9. Dezember findet anlässlich der weltweiten Gedenkstunde für verstorbene Kinder eine Messe im Gemeindezentrum der Evangelischen Kirche im Stadtpark Hohenheimstraße 3, Villach statt. Infos online auf www.kath-kirche-kaernten.at/verwaiste-eltern, Tel. 0676 8772 2132.
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