Bildung
Ethik als Pflichtfach
Keine Freistunde mehr: Ab dem Schuljahr 2020/21 müssen Oberstufen-Schüler, die kein Religion besuchen, zum Ethik-Unterricht. Wie sehen das Religionslehrer?
Villach. Durch Ethik entsteht ab der 9. Schulstufe ein zusätzliches Bildungsangebot für Schüler, die keinem religiösem Bekenntnis angehören. „Die steigende Anzahl von Jugendlichen, die sich vom Religionsunterricht abmelden, zieht zunehmend von verschiedenen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen die Forderung nach sich, auch für diese Schüler einen systematischen staatlichen Ethik- und Werteunterricht zu vermitteln“, sagt dazu Klaus-Peter Haberl, Leiter des Bereiches Pädagogischer Dienst, Ktn. Bildungsdirektion. Der Ethikunterricht soll Schüler zu selbstständiger Reflexion im Hinblick auf eine „gelingende Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten.“ Mit Ethik als Pflichtgegenstand in der Sekundarstufe II ist mittelfristig auch ein universitäres Lehramtsstudium anzubieten. Dazu gibt es derzeit erste Vorarbeiten, ein Studienangebot ist frühestens mit Beginn des Studienjahres 2022/23 realistisch.
Kein Ersatz für Religion
Der katholische Religionslehrer Klaus Masaniger aus Villach sieht die Einführung als einen sinnvollen Schritt: „Der wichtigste Punkt dabei ist endlich die Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schulen, die im Schulorganisationsgesetz definiert sind, und zwar an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen mitzuwirken – wie es heißt. Die jungen Menschen sollen etwa zu selbständigem Urteil geführt werden. Bisher wurde diese Pflicht bei Schülern, die vom Religionsunterricht abgemeldet waren nur bedingt erfüllt.“ Als „Religionsunterricht der Zukunft“ sieht Masaniger die Ethik nicht: „Auch wenn der Religionsunterricht immer schon ethische Fragestellung mit unterrichtet hat, steht er auf einem klar definierten Fundament. Religion vermittelt über die Ethik hinaus auch Werthaltungen wie Hoffnung, Liebe und Verzeihen.“
Evangelischer Lehrer
Auch der evang. Religionslehrer und Fachinspektor Gerd Hülser begrüßt den Ethik-Unterricht. Man sollte diesen aber nicht gegen den Religionsunterricht ausspielen: „Zum Einen ist der Religionsunterricht auf den Glauben der Menschen ausgerichtet. Das darf der Ethikunterricht nicht sein, weil er neutral sein muss. Zweitens ist der Religionsunterricht auch ein Stück weit Seelsorge. Auch das kann und darf der Ethikunterricht im Hinblick auf seinen eigenen Anspruch nicht leisten. Der dritte Punkt: Im Religionsunterricht beziehen sich Werte und Haltungen auf den Glauben an Gott. Ethik kann Werte zwar benennen, sie aber nicht an eine bestimmte Überzeugung knüpfen.“
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