"Evangelische oft zu protestantisch"
Warum der Karfreitag der höchste Feiertag der Christen ist, erklärt der evangelische Pfarrer Rudolf Waron.
dg.Der Freitag in der Karwoche, der Karfreitag, ist der höchste Feiertag der Evangelischen. Woher lässt sich der Begriff Karfreitag ableiten?
WARON: Das Wort „Kar“ kommt vom althochdeutschen Wort „kara“, was mit Kummer oder Klagen übersetzt werden kann. Im anglo-amerikanischen Raum heißt der Karfreitag „Good friday“, der „gute Freitag“ (Formulierung von Martin Luther). Ursprünglich wurde an diesem Tag bewusst auf die Sakramente verzichtet, es gibt z.B. kein Abendmahl.
Warum haben sich die Evangelischen den Sterbetag Jesu als höchsten Feiertag „ausgesucht“?
Das liegt vor allem an der Kreuzestheologie der Reformation und der Bedeutung des Todes Jesu für die Erlösung.
Am Karfreitag standen daher zum Teil sehr ausführliche Predigten über die Passiongeschichte im Mittelpunkt, später auch in der musikalischen Form von Oratorien. Erst viel später ist auch die Feier des Abendmahls dazu gekommen, also ganz anders als in den Ursprüngen der Christenheit.
Und was gerade in Österreich immer eine Rolle spielt: Der Versuch, es anders zu halten wie die katholische Mehrheit. Da sind wir bis heute „Akatholiken“ geblieben.
Sollte nicht eher der Ostersonntag, die Auferstehung im Mittelpunkt stehen?
Ich betone, dass der Karfreitag ohne das Osterfest, die Auferstehung Jesu kein Feiertag sein kann.
Ich hoffe, dass wir als Protes-tanten uns wieder der altkirchlichen Wurzeln besinnen und das Osterfest in seiner ganzen Dimension feiern, also von Gründonnerstag bis zur Auferstehungsfeier.
Seit einigen Jahren gibt es dafür gute Ansätze auch in Villach, wie Auferstehungsfeier am Kumitzberg oder die Abendmahlsfeier am Gründonnerstag in Villach-Lind.
Evangelische kennen kein Palmbuschentragen, keine Speisensegnung. Ist der Protestantismus wegen der fehlenden Bräuche um einiges ärmer?
Das ist sicherlich der Preis, den die Evangelischen für die Reformbewegung zahlen muss-ten. All diese Bräuche gibt es zum Teil auch deswegen nicht, weil wir uns als Protestanten von den Katholiken unterscheiden wollten und wollen. Ob das um jeden Preis gut ist, müssen wir uns allerdings auch fragen. Manchmal tun wir zu viel fürs Hirn und zuwenig fürs Herz und die Sinne. Vielleicht sind wir manchmal zu sehr protes-tantisch und zu wenig evangelisch.
Wie feiern Sie die letzten Tage in der Osterwoche?
Am Karfreitag habe ich naturgemäß viel zu tun. Es gibt Gottesdienste in St. Jakob im Rosental und natürlich in der Kirche im Stadtpark.
Wenn es das Wetter erlaubt, suche ich am Ostersonntag einen schönen Ort auf und schaue mir den Sonnenaufgang an. Danach feiere ich den Ostergottesdienst in der Kirche im Stadtpark.
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