Leben und Lehrabschluss fast ohne Ton, für ihn normal
Michael Baumann ist 19 Jahre alt, ausgelernter Mechatroniker - und - beinahe "taub". Für ihn kein Hindernis.
VILLACH/BAD BLEIBERG (aw). Mögliche Hemmungen mit Michael Baumann zu sprechen, vergehen schnell. Er sieht seinen Gesprächspartner an, spricht, lächelt. Dass er im Grunde genommen taub ist, wird zur Nebensache. Merken tut man dies nur, dreht man dem 19-Jährigen den Rücken zu. Denn Michael Baumann liest von den Lippen seines Gegenübers ab.
Ohne Gebärdensprache
Gebärdensprache hat er nie gelernt. Wollte er nicht. "Entweder man konzentriert sich darauf oder das Hören mit Hörgerät", erklärt Baumann.
Das Hörgerät trägt der 19-Jährige an beiden Ohren. Sie ergänzen das, was er von den Lippen abliest, "sehr gut". "Passt etwas nicht, kann es nachjustiert werden. Ganz einfach", erzählt er. Vor einigen Jahren wäre das noch nicht so gewesen, er hätte einen ganzen Apparat am Rücken tragen müssen.
Normale Schulbildung
Seine Hörschwäche – Baumann hat lediglich 10 Prozent Hörvermögen – hätte man schon früh erkannt, noch im Kleinkindalter. Dennoch hat er eine normale Volksschule besucht. "Die war auch nicht schwer, weil dich die Lehrerin ansieht, wenn sie dir etwas erklärt." In der Hauptschule wurde es schwieriger. "Da ging das leider nicht immer so einfach ..."
Gereicht hat es für den ehrgeizigen jungen Mann dennoch. Ohne zu wiederholen schaffte er die Hauptschule und ging in die Lehrausbildung. Inzwischen ist er ausgelernter Mechatroniker.
Lehre: Bravourös
"Er hat die Lehrzeit bravourös gemeistert", erklärt sein Lehrer in der Berufsschule Villach Wolfgang Zerza.
In der Berufsschule gibt es ein Lehrangebot für körperlich beeinträchtigte Lehrlinge.
"In Klassen, wo 30 Schüler zusammenkommen, geht das nicht mehr. Deshalb haben wir eigene Lehrpläne und zusätzliches Lehrpersonal. Lehrlinge können dann zum Beispiel auch die doppelte Zeit brauchen, ohne Konsequenzen", sagt Zerza, schmunzelt und fügt hinzu: "Aber beim Michael war das nicht nötig." Die zusätzliche Lernzeit, die er benötigte, wäre er am Wochenende gekommen, "und er war immer fünf Minuten früher da. Bei anderen würde ich mir diese Motivation wünschen."
Job in der Tasche
Die Schule seit Ende Mai hinter sich, hatte Baumann erst Sorge gehabt, einen Job zu finden. Unbegründet, wie sich wenig später zeigte. Denn die Firma Sico in Bad Bleiberg, bei der er bereits lernte, hat ihn übernommen. Noch ist er in Probezeit, aber überzeugt dort bleiben zu können. "Ich würde nie etwas anderes machen wollen. Mit taugt die Arbeit sehr."
Ob er sich durch seine Behinderung eingeschränkt fühlt? "Nein, warum? Bei der Arbeit gibt es nur mich und die Maschinen. Hören ist da nicht so wichtig", sagt er und lächelt.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.