Leben mit Piercings
Einzigartig ist viel besser als perfekt zu sein

Michaela Köck und ihr talentierter Lehrling Sam | Foto: Köck
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"Alle wollen individuell sein aber wehe jemand ist anders" - Dies bekommt auch der Lehrling Sam Schimek aus der Style Lounge von Michaela Köck in Vestenpoppen bei Waidhofen des Öfteren zu spüren. Jedoch ist das was der junge Mensch macht "Samtastisch".

WAIDHOFEN/THAYA. Wir baten Friseurmeisterin Michaela Köck und Lehrling Sam zum Gespräch über Vorurteile und schiefe Blicke.

Was lernt Sam in eurem Team?

Köck:  Sam ist seit Oktober 2023 Mitglied unseres Teams und befindet sich im dritten Lehrjahr seiner Friseurlehre. Wir geben ihm die Möglichkeit, alles über unsere Handwerkskunst zu erlernen und bereiten ihn intensiv auf die Gesellenprüfung vor. Obwohl sein vorheriger Ausbildungsbetrieb in Krems ihm nicht viel Fachwissen vermittelt hat, holt er beeindruckend schnell auf. Ich bin zuversichtlich, dass er sich zu einem äußerst talentierten Stylisten entwickeln wird. Neben seiner Friseurlehre bilden wir Sam auch im Piercing-Studio unseres Salons aus.

Wie empfandet ihr den ersten Eindruck, als er sich bei euch vorstellte?

Köck:  Der erste Kontakt erfolgte telefonisch. Seine schüchterne und ausgesprochen nette Art beeindruckte mich, besonders da er selbst anrief – nicht, wie oft üblich, die Eltern. Er erläuterte sein Anliegen bezüglich einer Lehrstelle, bei der er tatsächlich etwas lernen könne. Daraufhin bat ich ihn, mir seine Bewerbung vorab per E-Mail zuzusenden, bevor er bei uns reinschnupperte. Als die Bewerbung eintraf und ich sein Foto sah, erlebte ich einen überraschenden Moment. Die Stimme und schüchterne Art spiegelten sich überhaupt nicht in diesem Bild wider. Ein paar Tage später besuchte er bereits den Salon, um uns alle kennenzulernen und zu prüfen, ob die gegenseitige Harmonie vorhanden ist. Für mich zählt der Mensch, sein Charakter und berufliches Talent, nicht sein Äußeres.

Wie nehmen die Kunden seine Präsenz wahr und reagieren darauf?

Köck:  Unsere Kunden sind sich bewusst, dass unser Salon ein sicherer Ort ist, an dem jeder sein kann, wie er möchte. Obwohl es interessierte Blicke geben kann, machen wir keine große Sache daraus. Die Kunden kommen wegen unseres Talents, ihre Schönheit zu unterstreichen und für ein perfektes Service. Eine herzerwärmende Geschichte, die mir immer noch ein Lächeln entlockt: Eine langjährige Kundin von uns, die wir sehr schätzen, kam zu ihrem Termin und sah Sam. Sam begleitete sie zu ihrem Platz und wollte sich um ihr Service kümmern. Sie sah ihn skeptisch an und fragte: "Tust du mir nicht weh?" Ich antwortete scherzhaft: "Keine Sorge, Sam opfert nur schlimme Kinder bei Vollmond." Das führte zu gemeinsamem Gelächter. Beim nächsten Termin hat sie ausdrücklich nach Sam verlangt.

Als Chefin, wie würdest du handeln, wenn Sam im Studio direkt konfrontiert wird?

Köck:  Es hängt davon ab. Bei neugierigen, weltoffenen und respektvollen Fragen nimmt sich Sam gerne die Zeit, um angemessen zu antworten. Bei respektlosen Fragen oder wenn jemand ihn behandeln würde, als wären wir noch im Mittelalter, würde ich den Kunden auch höflich hinausbegleiten. Der "Safe Place"-Ansatz gilt für beide Seiten. Wenn meine Mitarbeiter sich wohl fühlen, erbringen sie auch herausragende Leistungen. Wenn sie täglich mit Unwohlsein zur Arbeit kämen, könnte die Qualität der Dienstleistung nicht dem Optimum entsprechen. Interessant zu wissen! Bei der Arbeit erscheint Sam also in einer Light-Version, während sein persönlicher Look privat noch künstlerischer ist. In der Realität ist es so: Durch seine Art und seinen Mut, nicht mit dem Strom zu schwimmen, strömen die Kunden regelrecht zu ihm. Sobald wir Modelle ausschreiben, häufen sich die Anfragen. Sam eine Bereicherung für unseren Salon. Sein Aussehen schreckt nicht ab; im Gegenteil, die meisten finden es interessant und faszinierend. Nur sehr wenige sind noch zu weltfremd für so viel Mut. Ich kann es jedem Chef nur empfehlen. Mit mutigen Menschen wie Sam habt ihr einen zuverlässigen und wertvollen Mitarbeiter gewonnen. Die Befürchtung, Kunden zu verlieren, ist unbegründet. In Wirklichkeit zeigt sich das Gegenteil.

Welche Ziele und Wünsche habt ihr für Sams berufliche Entwicklung?

Köck:Was ich mir für Sam wünsche? Das Gleiche wie für all meine Lehrlinge: Dass sie herausragende Stylisten werden und eine glänzende Karriere vor sich haben. Vor allem wünsche ich mir, dass sie einmal besser werden als ich es selbst bin. Dann habe auch ich meinen Job richtig gemacht.

Was hat dich - ich würde dich schon als Kunstfigur bezeichnen- inspiriert, zu dir selbst zu stehen und Dinge zu wagen, wofür andere vermutlich der Mut fehlt?

Sam:  Es war wirklich ein langer Prozess. Früher habe ich mich nie wirklich getraut, aus mir herauszukommen und das zu tun, was ich wirklich möchte. Ich ließ mich lange Zeit von anderen beeinflussen und war ständig unzufrieden. Irgendwann wagte ich es dann, das zu tun, was mir wirklich Freude bereitet, und zu meiner eigenen Person zu stehen. Heute kann ich sagen, dass mich die Meinung anderer nicht mehr interessiert. Das Wichtigste ist, dass ich mit mir selbst zufrieden bin und zu mir stehe. Aber es ist alles ein langer Prozess der Selbstfindung und Selbstliebe.

Wie gehst du damit um, wenn dich Menschen intensiv anstarren?

Sam:  Ehrlich gesagt, achte ich nicht mehr darauf. Anfangs fiel es mir schwer, negative Kommentare oder Blicke auszublenden. Menschen werden immer eine Meinung haben, besonders wenn es um etwas geht, das aus der "Norm" fällt. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass ich mich anpassen muss. Jeder darf seine Meinung haben und staunen. Ich weiß, dass ich mir selbst treu bleibe, und deshalb kann ich darüber hinwegsehen.

Welche Pläne hast du nach Abschluss deiner Lehre?

Sam:  Ich würde gerne weiterhin im Friseur-Bereich bleiben, was mir lange Zeit als unmöglicher Gedanke erschien, aufgrund meiner vorherigen beruflichen Erfahrungen. Bei Michi und ihrem Team habe ich nun festgestellt, dass es mir wirklich Freude bereitet und ich Spaß an der Arbeit habe. Zusätzlich absolviere ich gerade eine Ausbildung zum Piercer und plane, nach der Lehrabschlussprüfung auch die Ausbildung zum Tätowierer zu beginnen.

Was schätzt du am meisten an deinem Beruf?

Sam:  Die tollen Menschen – wir haben so viele herzensliebe Kunden, die einen so sehr in dem, was man tut, bestätigen. Ebenso schätze ich die Unterstützung, die ich im Salon erhalte. Ich weiß, dass Michi und das Team hinter mir stehen, und das ist das Allerwichtigste. Wenn man sich wohl fühlt und Spaß an der Arbeit hat, bringt man auch gute Leistungen.

Da viele positiv auf dein Auftreten reagieren, welcher Moment war für dich besonders schön?

Sam:Für mich persönlich gibt es nichts Schöneres, als wenn mir Leute sagen, dass ich sie inspiriert habe, zu sich selbst zu stehen. Der Gedanke, dass sie durch mich den Mut bekommen haben, ihr Ding durchzuziehen und sich selbst treu zu bleiben, bereitet mir wirklich Freude. Ganz egal, wie viele Menschen negativ und mit Vorurteilen reagieren, ich weiß, dass ich Menschen mit dem, was ich mache, helfe, und das bedeutet mir unglaublich viel.

Abschlussfrage: Wie viele Piercings trägst du tatsächlich?

Sam:  Aktuell sind es 62, aber da ist noch einiges in Planung...

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