Kommentare zur Wahl
Die Gretchenfrage: Wer mit Kurz?
Als klarer Wahlsieger erhält Sebastian Kurz mit seiner ÖVP den Regierungsauftrag und wird den Bundeskanzler stellen. (Kommentar von RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko)
ÖSTERREICH. Als „Brautwerber“ sehen seine möglichen Varianten nun so aus:
- Variante 1: Die ÖVP holt sich ihre „Ex“, die FPÖ, zurück und vertraut deren Primus Norbert Hofer, der in der letzten ORF-Elefantenrunde beteuert hat: „Führe ich die Partei, wird diese eine andere sein.“ Laut einer Umfrage des Sozialforschungsinstituts (SORA) befürworten das jedoch nur drei von zehn ÖVP-Wählern. Und die ersten FPÖler sprechen schon von Opposition.
- Variante 2: Die ÖVP holt sich die Grünen ins Bett. Parteichef Werner Kogler hat sich in einem ersten Statement als mögliche „Braut“ noch geziert. Dennoch eine sehr wahrscheinliche Option, sollte die ÖVP etwa bei Umweltschutz, Migration (schwierig) und Armutsbekämpfung flexibel sein. Eine solche Koalition gab und gibt es auf Landesebene bereits mehrmals erfolgreich.
- Variante 3: Erneute „Ehe“ mit der SPÖ – rechnerisch ergäbe diese Variante die meisten Mandate. Von der Rücknahme des 12-Stunden-Tags bis zur Schließung der Lohnschere: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte vor der Wahl bereits mehrere strikte Bedingungen für eine Koalition mit der ÖVP gestellt – eine Partnerschaft ist aus heutiger Sicht also eher unwahrscheinlich.
- Variante 4: Minderheitsregierung nach skandinavischem Vorbild: Dieses Modell, das es in der Zweiten Republik nur einmal gab, hatte Kurz im Wahlkampf nicht ausgeschlossen, sollte es zu keinem Einverständnis mit einer Partei kommen. Auch eher unwahrscheinlich. Und wirklich nicht sehr österreichisch.
Die Wahlanalysen aus den Bundesländern
Burgenland, Chefredakteur Christian Uchann:
Im Burgenland kann man von einer „historischen Niederlage“ für die SPÖ sprechen. Erstmals nach 49 Jahren verliert sie bei einer Nationalratswahl den ersten Platz. Damit gewinnt auch die Landtagswahl im Jänner 2020 an Spannung. Die ÖVP darf zumindest von einer Fortsetzung der Siegesserie träumen.
Oberösterreich, Chefredakteur Thomas Winkler:
In Oberösterreich hat die SPÖ selbst im Kerngebiet Traunviertel stark verloren. So ging es auch der FPÖ in ihrer Hochburg Innviertel. Die Ansage des Landeshauptmann-Stellvertreters und stellvertretenden FP-Bundesparteiobmanns Manfred Haimbuchner verwundert deshalb nicht: „Wir gehen in Opposition, daran wird kein Weg vorbeiführen.“
Tirol, Chefredakteur Sieghard Krabichler:
Tirols ÖVP-Chef Günther Platter sieht im Wahlsieg einen großen Auftrag für eine stabile Bundesregierung. Für die Tiroler ÖVP-Spitzenkandidatin Margarete Schramböck kann sich erneut ein Ministeramt ausgehen. Und Tirol hat wieder einen Neos-Nationalrat und voraussichtlich zwei Grüne im Parlament.
Kärnten, Chefredakteur Peter Kowal:
In Kärnten weichen Wahlergebnisse gerne deutlich von jenen auf Bundesebene ab: Bei der Nationalratswahl 2017 war noch die FPÖ mit 31,8 Prozent die stimmenstärkste Partei. Dieses Mal eroberte die ÖVP auch Kärnten, das bei der Landtagswahl 2018 erzrot war (SPÖ: 47,9 Prozent). Das Fazit: Kärnten ist nicht mehr anders!
Salzburg, Chefredakteurin Julia Hetegger:
Die Salzburger sind zufrieden mit ihren Lebensverhältnissen sowie mit der Landes- und Gemeindepolitik. Daher stärken sie das bestehende System mit diesem Wahlergebnis. Was sich schon bei den vergangenen Wahlen abgezeichnet hat, bestätigen 47,5 Prozent der Stimmen für die ÖVP: Salzburg ist ein bürgerliches Bundesland.
Wien, Chefredakteurin Nicole Gretz-Blanckenstein:
Selbst in der roten Hochburg Wien wurde die SPÖ abgestraft. Zwar hält die Partei immer noch den ersten Platz, jedoch ist der Abstand zur ÖVP um einiges geringer. Strahlende Sieger sind hier die Grünen. Mit ihren Themen wie Klimaschutz und Kampf gegen Kinderarmut konnten sie massiv bei den Wienern punkten.
Niederösterreich, Chefredakteur Oswald Hicker:
Bis 1999 war die SPÖ in NÖ bei Bundeswahlen vor der ÖVP. Nun führt die Liste Kurz mit 22 %. Trotzdem herrscht Ratlosigkeit bei der NÖVP: Mit wem regieren? Mit einer SPÖ, die im Debakel sagt: „Der Kurs stimmt“? Mit der FPÖ, die sich zum zweiten Mal am Trog der Macht überfressen hat? Oder mit den Grünen, die Kurz verteufeln?
So hat Niederösterreich gewählt
Steiermark, Chefredakteur Roland Reischl:
Die Steiermark liegt voll im Bundestrend, in Werner Koglers Heimatland sind ÖVP und Grüne die Sieger, SPÖ und FPÖ müssen bittere Niederlagen einstecken. Eine spannende Testwahl für die Steiermark, die durchaus Rückschlüsse auf die (von ÖVP und Grünen) vorverlegte Landtagswahl am 24. November zulässt.
So hat das die Steiermark gewählt
Vorarlberg, Chefredakteur Christian Marold:
Die ÖVP geht auch in Vorarlberg als Sieger aus der Wahl hervor. Platz zwei belegen die Grünen. Größter Verlierer sind die Freiheitlichen. Die SPÖ kommt mit 13,8 Prozent auf Platz vier (minus 4,0), dahinter liegen die Neos mit rund 13,0 Prozent (plus 4,0). Die Liste Jetzt war die stärkste Partei der „Kleinen“.
Alle Bundeslandergebnisse im Überblick
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