Zeichen der Erinnerung
Denkmal für Ilse Aichinger in Wien enthüllt
Für die 2016 verstorbene Autorin Ilse Aichinger wurde eine Gedenktafel auf der Wiener Schwedenbrücke errichtet. Es soll ein Zeichen der Erinnerung und gegen das Vergessen der NS-Geschichte sein.
WIEN. Die bedeutende Wiener Schriftstellerin Ilse Aichinger hätte am 1. November ihren 100. Geburtstag gefeiert. Um ihrer zu gedenken, wurde am Mittwoch auf der Schwedenbrücke ein neues Denkmal enthüllt. Das von der Bühnenbildnerin Elisabeth Eich, der Schwiegertochter Ilse Aichingers, entworfene Erinnerungszeichen wurde vom Österreichische Kunstsenat gemeinsam mit dem Kunstverein Wien/Alte Schmiede errichtet.
Es verwendet Aichingers Gedicht „Winterantwort“ als Schriftzug auf dem Geländer der Schwedenbrücke. Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer und die Stadträtin für Kultur und Wissenschaft in Wien, Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), nahmen gemeinsam mit der Geschäftsführerin der S. Fischer Stiftung Berlin, Antje Contius, und dem Präsidenten des Österreichischen Kunstsenats, dem Schriftsteller Josef Winkler, die feierliche Enthüllung vor.
Gegen die Verdrängung der Geschichte
Sie sei sich nicht sicher, so Staatssekretärin Mayer in Ihrer Rede, ob Ilse Aichinger selbst sich jemals ein Denkmal in ihrem Namen gewünscht hätte. „Als ich hörte, dass ein Gedicht Ilse Aichingers im öffentlichen Raum präsentiert werden soll, fand ich den Plan mehr als überzeugend“, so Mayer bei der Enthüllung.
„Das gemeinschaftliche, öffentliche Erinnern ist für unsere Gesellschaft von großer, sinnstiftender Bedeutung. Daher freut es mich, dass sich von nun an die zahlreichen Passantinnen und Passanten mit dem Gedicht von Ilse Aichinger und der Geschichte dieser Stadt konfrontiert sehen“ meinte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.
„Aichingers eindringlicher Aufruf zur schonungslosen Eigenanalyse und gegen die Verdrängung der Geschichte darf nie verhallen. Das heute enthüllte Erinnerungszeichen wirkt genau in diesem Sinne und führt uns vor Augen, was Worte zu bewirken vermögen.“
Aichingers Familie deportiert
Auf der Schwedenbrücke, die die Wiener City mit der Leopoldstadt verbindet, erlebte Aichinger im Jahre 1942 ein lebensbestimmendes Ereignis: Sie musste zusehen, wie drei ihrer engsten Verwandten, darunter ihre Großmutter, auf einem Lkw in Richtung Maly Trostinez bei Minsk deportiert wurden. Dort wurden sie ermordet.
Dieses Erlebnis ist für Ilse Aichingers Leben und Werk von bestimmender Bedeutung geblieben und verbindet ihre Familiengeschichte mit der großen Anzahl der von den Nationalsozialisten Deportierten und Getöteten. Die Autorin gilt bis heute als eine der bedeutendsten Autorinnen der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur.
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