Drängelei statt Drogendeal in der U6
Vor eineinhalb Jahren war die U6 als Drogen-Hotspot verschrien. Heute hat sich die Situation beruhigt.
WIEN. Die U6 ist eine ikonische Linie im Wiener U-Bahnverkehr. Sie ist das Tor zum Nachtleben am Gürtel und verbindet zahlreiche Außenbezirke von Floridsdorf bis Liesing miteinander. An, in und um die U6 herum spiegelt sich die ganze Palette des Großstadtlebens. Tausende fahren täglich mit ihr zur Arbeit oder zur Schule. Längst nicht allen Nutzern hat das Leben Rosen auf den Straßenasphalt gestreut.
Um den vor allem entlang des Gürtels florierenden Drogenhandel einzudämmen, wurde im Juni 2016 eine Novelle des Suchtmittelgesetzes erlassen. Sie gab der Polizei größere Handlungsspielräume bei der Verhaftung von mutmaßlichen Dealern.
Davor gab es viel Hysterie rund um den Drogenhandel in der U6, aber auch Ängste aus der Bevölkerung. Eineinhalb Jahre später ist davon nur mehr wenig zu spüren. An einem Mittwochnachmittag ist es im U6-Waggon entspannt, wenn auch dicht gedrängt. Vor allem in den Stoßzeiten prägt nicht der Drogenhandel, sondern die Überlastung der Waggons das Bild. Bei den ehemaligen Hotspots, so zum Beispiel in der Station Jägerstraße in der Brigittenau, regiert der Alltag: Schüler kehren heim.
Verbreitetste Droge: Alkohol
Wiens Sucht- und Drogenkoordination begrüßte die Novellierung. Laut Koordinator Michael Dressel habe sich die Lage seither stark verbessert. "Wir leben aber in einer Millionenstadt. Man wird nie völlig verhindern können, dass an öffentlichen Orten Drogen angeboten werden." Die am meisten verkaufte illegale Droge sei nach wie vor Cannabis. "Die Novelle hat die Nutzer weiter entkriminalisiert, macht aber Dealern das Leben schwer. Das ist gut so."
Das größte Drogenproblem sei aber ohnehin der Alkohol, der auch am Gürtel reichlich zu bekommen ist. "In Wien gibt es bis zu 70.000 Alkoholkranke. Hier ist mehr Prävention nötig", so Dressel. Alkohol ist – wie alle anderen Drogen – in der Hausordnung der Wiener Linien verboten. Seit August wird diese durch einen hauseigenen Sicherheitsdienst durchgesetzt. Eine erste Bilanz steht noch aus, doch eine Ausweitung ist bereits geplant. Derzeit patrouillieren 22 Sicherheitsleute. Bis Ende 2019 sollen es 330 sein.
Die Polizei setzt auf Schwerpunktaktionen. Ziel sei es, "gruppenmäßiges Dealen zu unterbinden und zu verhindern, dass sich die Szene an bestimmten Orten festsetzt". Laut Suchtmittelbericht des Bundesinnenministeriums wurden 2016 36.235 Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz angezeigt – ein Plus von 3.328 Anzeigen im Vergleich zum Vorjahr. Schwarzmarktpreis der sichergestellten Drogen: 26 Mio. Euro.
Derweil geht das Leben in der U6 weiter: Jemand im Waggon fragt nach Geld, um sich etwas zum Essen kaufen zu können. Eine ältere Frau sucht nach ihrem Geldbörsel und kramt einen Zehn-Euro-Schein hervor. Der Mann bedankt sich höflich und steigt aus. Auch das ist die U6.
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