Landesgericht Wien
Kritik nach verbalen Angriffen wegen Freispruch

- Der Freispruch eines 17-Jährigen im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer Zwölfjährigen sorgte für heftige Reaktionen, insbesondere in sozialen Netzwerken. (Archiv)
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Der Freispruch eines 17-Jährigen im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer Zwölfjährigen sorgte für heftige Reaktionen, insbesondere in sozialen Netzwerken. Selbst Elon Musk kommentierte den Fall. Die verbalen Angriffe auf die vorsitzende Richterin hätten offenbar ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht, für Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber seien "rote Linien" überschritten.
WIEN. In einem Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung einer Zwölfjährigen wurde ein 17-Jähriger am 7. Jänner im Zweifel freigesprochen – MeinBezirk berichtete:
Nach zweitägiger Verhandlung kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Mädchen eine innere Ablehnung gegen die inkriminierte Handlung empfunden haben dürfte. Es sei jedoch nicht erwiesen, dass dies für den Angeklagten erkennbar war. Zudem konnte nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass Gewalt angewendet wurde. Gemäß rechtsstaatlicher Prinzipien sei ein Freispruch notwendig, wenn die Beweislage keine zweifelsfreie Verurteilung ("In dubio pro reo", im Zweifel für den Angeklagten) zulässt.
"Unabhängige Rechtsprechung in Gefahr"
Die Entscheidung löste jedenfalls im Nachhinein große Empörung aus, insbesondere in sozialen Netzwerken heizte sich die Stimmung auf. Vor allem die vorsitzende Richterin wurde dabei das Ziel der verbalen Angriffe. Diese sah sich nach der Urteilsverkündung einem Shitstorm und persönlichen Angriffen ausgesetzt.

- Friedrich Forsthuber, Präsident des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, zeigte sich über die Reaktionen besorgt: "Dadurch wird ein Druck aufgebaut, der die Justiz und die unabhängige Rechtsprechung in Gefahr bringt."
- Foto: Max Slovencik / EXPA / picturedesk.com
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Friedrich Forsthuber, Präsident des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, zeigte sich über die Reaktionen besorgt: "Dadurch wird ein Druck aufgebaut, der die Justiz und die unabhängige Rechtsprechung in Gefahr bringt."
Er warnte, dass in "mehrfacher Hinsicht rote Linien überschritten" wurden. Die Angriffe hätten die Schranken einer zulässigen Kritik an der Rechtsprechung bei Weitem überschritten, "was sehr beunruhigend ist". Der Gerichtspräsident wies "die in den letzten Tagen vor allem in den sozialen Netzwerken erfolgten emotionalen Angriffe gegenüber der Vorsitzenden des Schöffengerichts und der unabhängigen Rechtsprechung in aller Deutlichkeit zurück".
Auch Berichterstattung gerügt
Die Kritik entzündete sich vor allem an einem aus dem Kontext gerissenen Zitat aus der Urteilsbegründung, das in sozialen Netzwerken und einigen Medien verbreitet wurde. Selbst X-Chef Elon Musk kommentierte den Freispruch als "verrückt" ("crazy"), ein Beitrag, der über mittlerweile über 50.000-mal "reshared" wurde:
Forsthuber betonte, dass die Gründe für den Freispruch teilweise auf Umständen basierten, die im geschützten, nicht öffentlichen Teil der Verhandlung besprochen wurden. Diese Details würden aus Opferschutzgründen auch weiterhin nicht offengelegt. Die Verbreitung von Fehlinterpretationen und die persönlichen Angriffe gefährden nach Ansicht Forsthubers nicht nur die betroffene Richterin, sondern auch die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats.
Eine freie und unabhängige Rechtsprechung sei dessen Fundament. "Dieses zu schützen, ist unsere Verantwortung als Gesellschaft. Nur in einem Klima, "das von Vertrauen und Respekt gegenüber den demokratischen Institutionen geprägt ist, können Richterinnen und Richter ihre Arbeit zum Wohl unserer Gesellschaft leisten", bekräftigte der Präsident des Wiener Landesgerichts.
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