Bankomatsprenger
So agierten die "Rollerbanden" bei ihren Coups in Wien

- Das Bundeskriminalamt informierte am Donnerstag über die Bilanz zur Arbeit der "SOKO Bankomat".
- Foto: Andreas Pölzl/MeinBezirk
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Das Bundeskriminalamt zog am Donnerstag Bilanz über die Arbeit der "SOKO Bankomat". Insgesamt wurden 14 mutmaßliche Bankomatensprenger festgenommen, 19 weitere werden noch gesucht. Zwei der fünf ausgeforschten Gruppen agierten in Wien, aufgrund ihrer Fluchtmethode wurden sie als "Rollerbanden" bekannt. MeinBezirk bringt alle Details.
WIEN/ÖSTERREICH. 26 Bankomatsprengungen gab es seit Anfang 2025 in Österreich, die meisten davon in Wien. Akribisch haben die Ermittler still und leise nach den Tätern gesucht – und Spuren bis in die Niederlande gefunden. MeinBezirk berichtete am Donnerstagvormittag, dass mittlerweile 14 Personen festgenommen wurden, 19 weitere werden teilweise international gesucht.
Zeitsprung in den vergangenen Herbst: In der Nacht auf den 28. September 2024 riss ein lauter Knall die Anrainer der Favoritenstraße aus dem Schlaf. Gegen 3.40 Uhr wurden dort mehrere Bankomaten in die Luft gesprengt. Die mutmaßlichen Täter flüchteten, die Polizei konnte trotz rascher Fahndungsmaßnahmen die Gruppe nicht finden. Es war der Anfang einer Serie an Sprengungen in Wien und anderen Bundesländern.
Fünf Gruppen ausgeforscht
In der Zwischenzeit hat das Bundeskriminalamt (BK) die sogenannte „SOKO Bankomat“ ins Leben gerufen, die die Koordination der nationalen und internationalen Ermittlungen übernommen hat. Auch gab es einen „Bankengipfel“ mit heimischen Geldinstituten, bei welchem man besondere Sicherheitsmaßnahmen beschlossen hat. Sehr bedeckt hat man im Hintergrund gegen die Täterschaften ermittelt und am Donnerstag wurde eine Zwischenbilanz gezogen.
Bei zwölf der 26 Bankomatsprengungen ist es nur bei einem Versuch geblieben, jedoch gab es immer massive Sachbeschädigungen an den Bank- oder Supermarktfilialen, wo sich die betroffenen Geldautomaten befanden. Der Schaden liegt im Millionenbereich. Es wurden fünf unabhängige Gruppen ausgeforscht, die allesamt aus den Niederlanden, mit weiteren Wurzeln in anderen Ländern, stammen. Obwohl jede Gruppe arbeitsteilig tätig ist, gibt es Schnittmengen und Kooperationen zwischen den hochprofessionell agierenden Banden.
16 Roller sichergestellt
Bei den 33 ausgeforschten Tatverdächtigen sind nicht nur Haupttäter, sondern auch Mittäterinnen und -täter wie Logistiker oder Personen, die etwa beim Vermieten von Fluchtautos geholfen haben sollen. Die jüngste Festnahme ereignete sich am Dienstag in Wien, dabei sprang die gesuchte Person aus dem zweiten Stock eines Gebäudes, konnte jedoch geschnappt werden.
Wie oben erwähnt, wurden 14 Personen festgenommen, der Rest wird teilweise international gesucht. Bei jeweils sechs Razzien in Österreich und in den Niederlanden wurden 16 Roller, 48 Handys, 26 Datenträger, geringe Mengen an Drogen, Bekleidung mit Tatbezug sowie 39.000 Euro an Bargeld sichergestellt, schilderte BK-Direktor Andreas Holzer beim Medientermin.

- Zogen die Bilanz am Donnerstag, v. l.: Bundeskriminalamt-Direktor Andreas Holzer, Leiter der Ermittlungsdienste im LKA Wien, Gerhard Winkler, und Staatsanwaltschaft-Wien-Sprecherin Nina Bussek.
- Foto: Andreas Pölzl/MeinBezirk
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Die Wiener Staatsanwaltschaft hat 15 Beschuldigte ausgeforscht, die bei insgesamt 14 Bankomatsprengungen in der Hauptstadt betätigt waren. Der Start der Razzien war im Jänner, als drei Tatverdächtige festgenommen wurden. Seitdem befinden sich fünf Personen in der Justizanstalt (JA) Josefstadt, zwei wurden in den Niederlanden festgenommen und eine Person wird am Donnerstag nach Österreich ausgeliefert.
Täter von Polizei angeschossen
Während die Bankomatsprenger in anderen Bundesländern vom Tatort mit „hoch-PS-igen Autos“ flüchteten, haben die Wiener Sprenger anders agiert. Sie flüchteten nämlich mit Rollern. Die zwei in Wien tätigen Gruppen wurden als „Rollerbande 1“ und „Rollerbande 2“ von den Ermittlern bezeichnet.
Die erste Gruppe hatte ihren letzten Coup am 6. April in der Vorgartenstraße. Dabei kam es zu einer „Konfrontation mit der Polizei“, wie der Leiter der Ermittlungsdienste im Landeskriminalamt (LKA) Wien, Gerhard Winkler, geschildert hat. Fünf Täter waren vor Ort, vier konnten flüchten. Ein 34-Jähriger wurde von einem Beamten angeschossen. Zwei Komplizen im Alter von 33 und 36 Jahren wurden später in den Niederlanden festgenommen.
Gruppe Nummer zwei hatte zum letzten Mal im Juni nach drei Sprengungen zugeschlagen. Ihr Unterschied: bei der ersten Serie waren meistens vier bis fünf Täter im Einsatz, die mit zwei Rollern flüchteten. Sie benutzten „massive Sprengmittel“ mit einem halben Kilogramm Sprengstoff. Die zweite Gruppe war immer nur zu zweit vor Ort, hat weniger explosives Material benutzt und somit wurden auch die betroffenen Filialen weniger beschädigt.

- So oder ähnlich sahen betroffene Bankfilialen nach Bankomatsprengungen in Wien aus. Dieses Foto zeigt einen Fall aus dem 21. Bezirk.
- Foto: Andreas Pölzl/MeinBezirk
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In den vergangenen „zwei bis drei Wochen“ hat die Polizei „gute Erfolge“ zur zweiten Rollerserie gefeiert, so Winkler. Es wurden zwei Täterwohnungen in Favoriten und Meidling ausgeforscht, drei Personen im Alter von 27, 34 und 37 Jahren geschnappt. Bei ihnen wurde Regenbekleidung, die Bankomatensprenger oft benutzen, sowie ein Sprengpaket und Zündschnüre beschlagnahmt.
"Kommissar Zufall hat zugeschlagen"
Staatsanwaltschafts-Sprecherin Nina Bussek bedankte sich ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Die Kollegen aus Deutschland haben nämlich am Tag nach einer Sprengung eines Geldautomaten in Liesing, die sich am 21. Jänner ereignete, zwei Tatverdächtige auf einer Autobahn bei Frankfurt angehalten. Oder wie Winkler es bezeichnen würde: "Kommissar Zufall hat zugeschlagen."
Während der 37-jährige Fahrer nicht festgenommen wurde (zu dem Zeitpunkt wusste die deutsche Polizei natürlich nichts von der Tat), wurde der zwei Jahre jüngere Beifahrer abgeführt, da er dort mittels Haftbefehl gesucht wurde. Das Auto war auf eine 24-jährige Österreicherin zugelassen. Sie wurde anschließend ebenso festgenommen, da sie dem Duo mit Fahrten und Mieten von Autos Hilfedienste geleistet hat.
Verbindungen zu Utrecht
Obwohl man die Öffentlichkeit zu den Ermittlungserfolgen informiert hat, sei man noch lange nicht am Ende der Arbeit, heißt es. Laut dem Bundeskriminalamt kamen früher die Bankomatsprenger eher aus Balkanstaaten, heute sind sie Niederländer. Alle fünf ausgeforschten Gruppen haben Verbindungen zur niederländischen Stadt Utrecht. Die historische Universitätsstadt im Herzen des Landes ist seit Jahren ein Hotspot für diese Gruppierungen.
Schätzungen zufolge haben die dortigen Banden 600 bis 1.000 Mitglieder, die alle arbeitsteilig vorgehen und keine „Capos“ haben, weil sie eine horizontale Hierarchie eingeführt haben. Oft suchen sie nach Einheimischen, teilweise sogar in den sozialen Netzwerken, die etwa in Wien wegen Ortskenntnissen wichtig sind. Sie haben sich zuerst selbst ausgebildet, mittlerweile agieren sie professioneller. In Österreich ist das Phänomen jedoch nicht so ausgeprägt wie in Deutschland, Frankreich und der Schweiz, wo es eine „massive Anzahl“ an Sprengungen gibt, heißt es abschließend.
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