"Wien, wie sie will"
Frauen klagen über unbezahlte Arbeit und zu wenig Zeit
Wie die Studie "Wien, wie sie will" ergab, wünschen sich Wienerinnen mehr Zeit für sich selbst. Zudem klagen sie über mangelnde Karrierechancen, zu geringe Gehälter und zu viel unbezahlte Care-Arbeit.
WIEN. Unter dem Motto „Wien, wie sie will“ startete am 8. März die größte Frauenbefragung, die es bislang je in der Bundeshauptstadt gab. Bis 10. April waren Wienerinnen ab 14 Jahren eingeladen daran teilzunehmen. Rund 15.500 Mädchen und Frauen kamen dem nach und beteiligten sich an der Frauenbefragung.
Ziel war es, die Lebenssituation der Wienerinnen etwa zwei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie zu erfassen, aber auch den Status quo zu erheben. „Mir war es immer wichtig, dass wir nicht über Frauen sondern mit Frauen sprechen“, so Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál (SPÖ).
Auswirkungen der CoV-Pandemie
Die Forschungsinstitute IFES und OGM führten die Frauenbefragung im Auftrag des Frauenservice Wien in zwei Teilen durch. Einerseits gab es eine quantitative Befragung von mehr als 3.069 Wienerinnen. Dabei ging es vor allem um Herausforderungen in der CoV-Krise sowie um die Zufriedenheit in den einzelnen Lebensbereichen wie etwa Wohnung, Ausbildung, Gesundheit und Kinderbetreuung. Am partizipativen Beteiligungsprozess nahmen mehr als 12.000 Mädchen und Frauen teil. Insgesamt beteiligten sich kanpp 15.500 Frauen an "Wien, wie sie will". Dabei formulierten sie ihre Anliegen und Ideen für eine gerechtere Zukunft.
Unbezahlte Arbeit bleibt an Frauen hängen
Am Dienstag wurden nun die Ergebnisse der Befragung von IFES-Geschäftsführerin Eva Zeglovits und OGM-Prokurist Johannes Klotz präsentiert. Wenig überraschend hat die Pandemie alte Rollenbilder verfestigt. Die unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung, Homeschooling, Haushalt und Pflege anderer Familienmitglieder, obliegt zumeist den Frauen - unabhängig davon, in welchem Beschäftigungsverhältnis sie stehen. Alleinerzieherinnen hatten es in diesen Bereichen eine noch größere Belastung als jene in einer Partnerschaft.
Am meisten klagen die Wienerinnen über zu wenig verfügbare Zeit für sich selbst. Ob für Sport, soziale Kontakte oder andere Freizeitaktivitäten - Frauen haben hier das Nachsehen. Mehr als die Hälfte der Befragten gab in der Umfrage an, in diesem Bereich unzufrieden zu sein.
Seit Jahrzehnten diskutiert und noch immer bestehend ist die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen. Hinzu kommen die schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten und die fehlende Gehaltstransparenz. Zufrieden zeigten sich die Frauen jedoch bei den Kinderbetreuungsangeboten der Stadt Wien. Eine sehr hohe Zufriedenheit gab es vor allem bei jenen Frauen, die zugezogen sind.
Stadt Wien setzt Maßnahmen
„Mit den Ergebnissen setzen wir einen Startschuss für zahlreiche Maßnahmen, die wir als Stadt Wien in den nächsten Monaten und Jahren setzen werden“, kündigte Stadträtin Gaál an. So wird es künftig ein „Mädchenzentrum“ ab Hebbelplatz in Favoriten geben. Dieses soll ein niederschwelliger Ort ohne Konsumzwang sein, in dem Mädchen ihre Freizeit in einer geschützten Umgebung verbringen können. Weil gerade sichere Orte ein großes Anliegen der befragten Wienerinnen war, wird die Stadt bis Ende des Jahres ein fünftes Frauenhaus eröffnen. Dieses wird Platz für 50 von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen bieten.
Um den Frauenanteil in technischen Berufen zu erhöhen, finanziert der Waff berufstätigen Frauen Stipendien für ein Hochschulstudium. Zudem werden bis zum Jahr 2025 300 zusätzliche berufsbegleitende FH-Studienplätze in den Bereichen Digitalisierung und Technik finanziert. Damit bereits junge Mädchen ihre Neugierde für Technik entdecken können, soll ab dem kommenden Jahr - neben dem Töchtertag - das Projekt „Mädchen feiern Technik“ starten. Dabei öffnet die MA 39 (Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle) einmal im Monat ihre Türen für Schülerinnen.
Frauen auf der Bühne
Im Anschluss an die Ergebnispräsentation lud Frauenstadträtin Gaál gemeinsam mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) drei Teilnehmerinnen der Frauenbefragung zur Podiumsdiskussion. Frida Pock, Gabriele Kopetzky und Joanna Dziekanowska-Matys erzählten von ihren unterschiedlichen Lebenswegen, wo sie Verbesserungsbedarf sehen und was sie sich für die Zukunft wünschen.
Bürgermeister Ludwig verwies darauf, wie viel die Stadt Wien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bereits für die Gleichstellung geleistet habe. „Überall dort, wo die Stadt Handhabe hat, hat sich viel getan“, so Ludwig. Das gemeinsame Ziel müsse weiterhin Chancengleichheit sein, da sei auch die Bundesregierung eingeladen, mitzuwirken.
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