Hitzefrei ab 30 Grad
"Wien ohne Fiaker wäre wie Venedig ohne Gondeln“
Während Bund und Länder um die Zuständigkeit streiten, begrüßen laut Gallup-Umfrage 76 Prozent ein Fiaker-Verbot ab 30 Grad. Die Wirtschaftskammer Wien sieht die Existenz einer ganzen Branche in Gefahr und fordert einen runden Tisch.
WIEN. Die Temperaturen klettern wieder konstant nach oben. In Wien wurden vergangene Woche bereits erstmalig im heurigen Jahr 30 Grad gemessen. Pünktlich zum warmen Wetter kommen damit auch wieder die Diskussionen rund um die Fiaker aufs Tapet. Neben Tierschützerinnen und Tierschützern, die seit Jahren für ein Fiaker-Verbot plädieren, schaltet sich jetzt auch Bundesminister Johannes Rauch (Grüne) ein.
Streit um Zuständigkeit
Sozial- und Gesundheitsminister Rauch, in dessen Ressort auch Tierschutz fällt, fordert, dass man sich zumindest Gedanken über ein Fiaker-Verbot machen soll. In wessen Verantwortung ein Verbot fällt, darüber wird schon lange gestritten. Wien sieht den Bund gefordert, dieser sieht die Zuständigkeit jedoch beim Land Wien.
Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt. Er sieht Wien in der Verantwortung, denn es gehe dabei "nicht um die bloße Haltung von Pferden", sondern "um eine bestimmte Art des Einsatzes von Pferden". Und dieser "Einsatz" in Form der Personenbeförderung falle in die Kompetenz der Länder.
76 Prozent für hitzefrei ab 30 Grad
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) begrüßt den Vorstoß von Minister Rauch. Der VGT argumentiert unter anderem, dass schon viele Städte weltweit Fiaker aus Tierschutzgründen verboten haben. In Österreich stoße man in Wien, Innsbruck und Salzburg jedoch weitgehend auf taube Ohren.
Der VGT sieht die Politik nun erst recht gefordert und zitierten am Dienstag eine Umfrage des Instituts Gallup. Mehr als drei Viertel der österreichischen Befragten - nämlich 76 Prozent - würden demnach eine Hitzefrei-Regelung ab 30 Grad befürworten. Nur zehn Prozent der Befragten finden, dass Hitzefrei ab 35 Grad ausreichend ist. Weitere zehn Prozent sprachen sich gegen jegliche Regelung aus. 42 Prozent sind laut Gallup-Umfrage sogar für ein totales Fahrverbot in den Innenstädten.
„Die Pferde leiden in der Stadt – besonders in den Sommermonaten unter der großen Hitze. Und die Sommer werden immer heißer, die Belastungen für die Pferde immer schlimmer. Die Politik muss jetzt endlich handeln und eine neue Hitzefrei-Regelung ab 30 Grad einführen", sagt Georg Prinz vom VGT.
WK Wien will runden Tisch
Davor Sertic, Spartenobmann Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien, widerspricht diesem Argument: „Pferde können als Steppentiere mit der Hitze sehr gut und besser als wir Menschen umgehen. Noch dazu werden die Tiere bestmöglich betreut - werden regelmäßig gefüttert und wenn nötig gekühlt. An besonders heißen Tagen ist zusätzlich eine Tierärztin im Einsatz, die durchgehend den gesundheitlichen Zustand der Pferde kontrolliert“, so Sertic.
Fiaker seien zudem mehr als nur ein Transportmittel, sondern auch eine der wichtigsten Attraktionen der Stadt Wien für Touristen. Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien, argumentiert, dass Fiaker zum Stadtbild gehören und Touristen erwarten, dass die Fiaker in Wien ihre Runden drehen. „In Venedig fährt auch nicht jeder Tourist mit einer Gondel. Dennoch erwarten alle Besucher, sie in den Kanälen zu sehen. Wien ohne Fiaker wäre wie Venedig ohne Gondeln“, so Grießler.
Die beiden WK Wien Spartenobmänner Sertic und Grieler wollen nun zum runden Tisch laden um sich mit den politischen Verantwortlichen auszutauschen, wie es in einer Aussendung heißt.
Wiener City stimmt für Hitzefrei ab 30 Grad
Der türkis-geführte 1. Bezirk hat bereits im heurigen März bei der Bezirksvertretungssitzung ein Fiaker-Verbot ab 30 Grad durchgeboxt. ÖVP, Grüne und Neos schafften beim Hitzefrei-Antrag eine Mehrheit, SPÖ und FPÖ stimmten dagegen.
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