Wiener Linien
Sammelkläger sieht weiter Chance auf Millionenentschädigung

Die Causa rund um Preisdifferenzen ehemaliger Semestertickets je nach Wohnort ist eine Facette reicher. | Foto: Johannes Zinner
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  • Die Causa rund um Preisdifferenzen ehemaliger Semestertickets je nach Wohnort ist eine Facette reicher.
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Erst am Freitag wurde bekannt, dass die Wiener Linien jetzt doch keine Millionenentschädigung zahlen müssten. Studierende aus den Bundesländern hatten geklagt, nachdem sie deutlich mehr für Semestertickets gezahlt hatten, als ihre Kollegen aus Wien. Ein Gericht hatte eine Entschädigungsleistung jetzt gekippt, für den Sammelkläger "Ticketerstattung.at" ist die Sache aber keinesfalls vom Tisch. Man sieht sogar ein Schuldeingeständnis des Wiener Öffi-Betriebs.

WIEN. Es ist eine Causa mit vielen Wendungen. Wie MeinBezirk bereits mehrfach berichtet hat, fühlen sich viele Studierende unfair behandelt. Der Grund liegt bei den ehemaligen Preisen für das Semesterticket. Bis Jänner 2023 gab es nämlich zwei verschiedene Tarife, je nach Hauptwohnsitz.

Studierende aus Wien mussten 75 Euro zahlen. Wer in der Bundeshauptstadt zwar zur Uni ging, hier aber keinen Hauptwohnsitz hatte, musste doppelt so tief in die Tasche greifen. Ein System, welches sich über die Jahre bewährt hatte.

Mittlerweile hat das städtische Unternehmen Anfang 2023 den Preis für die Semesterkarte angepasst. | Foto: Johannes Zinner/Wiener Linien
  • Mittlerweile hat das städtische Unternehmen Anfang 2023 den Preis für die Semesterkarte angepasst.
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Doch dann begannen immer mehr Studierende aus den Bundesländern gegen das städtische Unternehmen wegen dieser – aus ihrer Sicht – unfairen Behandlung vor Gericht zu ziehen. Bei "Ticketerstattung.at" wurde gar eine Sammelklage ins Leben gerufen. Bis 23. Dezember schlossen sich über 17.000 Personen der Klage an. 

War es Diskriminierung?

Und zunächst sah es recht gut aus. Auf Bundesebene gaben die Gerichte den Studierenden in mehreren Instanzen recht. Es handle sich hierbei um eine Diskriminierung, so die Urteile. Die Wiener Linien müssten alleine deshalb schon eine Entschädigung für die erlittene Benachteiligung in der Höhe von 300 Euro pro Fall überweisen. Nur dadurch wären mindestens 5,14 Millionen Euro zusammengekommen.

Der EuGH als oberste Instanz blickte jedoch ebenso noch einmal auf die Causa. Und man sah das Ganze deutlich anders. Für den EuGH seien Menschen aus anderen Bundesländern als Wien keine "Ethnie", daher könne schon mal keine Diskriminierung vorliegen.

Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) könne schon alleine deshalb keine Diskriminierung stattfinden, weil Menschen außerhalb Wiens keine "Ethnie" seien. | Foto: Horst Galuschka / dpa / picturedesk.com
  • Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) könne schon alleine deshalb keine Diskriminierung stattfinden, weil Menschen außerhalb Wiens keine "Ethnie" seien.
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Und tatsächlich, am vergangenen Freitag dann der Paukenschlag: Das Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGRZS) nahm sich nach dem EuGH-Beschluss noch einmal einem bereits behandelten Fall an und kippte das ursprüngliche Urteil. Die Wiener Linien teilten dazu bereits mit, dass wohl andere Gerichte folgen werden und damit die Millionenentschädigung vom Tisch sei. Bei "Ticketerstattung.at" sieht man auf MeinBezirk-Anfrage das jedoch weiterhin anders. Und man erkennt sogar ein gewisses Schuldeingeständnis des Öffi-Betriebs in der Vergangenheit.

Bereits Geld überwiesen

Zwar erkennt man an, dass in diesem einen Fall das LGRZS die Entschädigung wegen Diskriminierung gekippt habe. Von einem Präzedenzfall könne man jedoch nicht sprechen: "Bei anderen Senaten des Landesgerichts sind noch mehrere Berufungsverfahren mit umfassenden Ausführungen anhängig. Wie diese Senate entscheiden bzw. auf den EuGH-Beschluss reagieren, wird sich in den nächsten Wochen bis Monaten zeigen. Jeder Senat trifft seine Entscheidungen unabhängig".

Vielmehr deutet man auch an, dass durch das Vorgehen der Wiener Linien in dem Rechtsstreit erneut eine Diskriminierung aufgetreten sein könnte. Denn einem ehemaligen Studierenden aus Oberösterreich habe man bereits die 300 Euro, plus Preisdifferenz zum damaligen Ticket, als Entschädigung ausbezahlt, "indem sie eine Berufung gegen ein erstinstanzliches klagsstattgebendes Urteil bewusst und freiwillig zurückgezogen haben". Sprich: Der Klage des Oberösterreichers gegen die Wiener Linien wurde damals, genauer im Oktober 2022, in erster Instanz stattgegeben, der Öffi-Betrieb ging dann plötzlich nicht mehr weiter dagegen vor und überwies das Geld.

Über 17.000 Personen, Stand 23. Dezember 2024, haben sich der Sammelklage von "Ticketerstattung.at" angeschlossen. | Foto: Screenshot Ticketerstattung.at
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Für "Ticketerstattung.at" ein gewisses Schuldeingeständnis. Und man könne jetzt nicht nachvollziehen, warum dies wiederum fair sein solle: "Da wir dies als erneute Ungleichbehandlung erachten – wieso soll ein Studierender Entschädigung zurückerhalten und alle anderen nicht? – haben wir diesbezüglich zahlreiche weitere ‚Musterklagen‘ angestrengt". Laut der Plattform hatten die Wiener Linien zumindest aus betrieblicher Sicht damals gute Gründe, warum man nicht weiter in Berufung ging. Man hätte Sorge gehabt, dass der Fall noch weiter medial aufgerollt werden würde. Dies habe das Öffi-Unternehmen in einem Schreiben dem Gericht damals selbst so mitgeteilt.

Differenz noch offen

So viel zu der potenziellen Entschädigung wegen erlittener Diskriminierung. Gänzlich noch offen ist jedoch die Entscheidung, wie es jetzt um die eigentliche Preisdifferenz zwischen Wiener- und Bundesländer-Semestertickets steht. Zur Erinnerung: 75 Euro mussten Nicht-Wiener im Gegensatz zu ihren Kollegen aus der Hauptstadt bis Jänner 2023 draufzahlen.

Mittlerweile kosten die Semestertickets einheitlich gleich viel, egal, woher man kommt. | Foto: Johannes Zinner/Wiener Linien
  • Mittlerweile kosten die Semestertickets einheitlich gleich viel, egal, woher man kommt.
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Hier landete der Fall vom Landesgericht noch einmal retour beim Bezirksgericht Innere Stadt. Dieses war in der Causa die erste Instanz und solle sich mit anderen Rechtsgrundlagen noch einmal vertieft auseinandersetzen. Angesichts des aktuellen Urteils in Sachen Diskriminierungs-Entschädigung sehen die Wiener Linien diesem Verfahren jedoch "positiv entgegen", hieß es am Freitag. Auch diese Aussage könne man bei der Gegenpartei "Ticketerstattung.at" nicht nachvollziehen.

Das Landesgericht habe aus Sicht der Plattform sich nur mit der Diskriminierung auseinandergesetzt, nicht jedoch mit der Preisdifferenz. Man wollte schlicht vermeiden, "dass eine Überraschungsentscheidung getroffen wird". Aber das Gericht habe "eine klare Meinung zur Rechtslage und hat bereits im Aufhebungsbeschluss mehrere Einwände der Wiener Linien verworfen". Man blickt bei "Ticketerstattung.at" dabei auch in andere Bundesländer. Stichwort Liftanlagen: So dürfe es bei der Beförderung auf den Pisten dort auch keine unterschiedlichen Preismodelle für Einheimische und Touristen geben.

Mehr zum ganzen Fall:

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Über 17.000 Personen, Stand 23. Dezember 2024, haben sich der Sammelklage von "Ticketerstattung.at" angeschlossen. | Foto: Screenshot Ticketerstattung.at
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