"Kinderunfälle"
Die größten Gefahren im eigenen Zuhause

"Messer, Gabel, Schere, Licht, ist für kleine Kinder nicht."  | Foto: Privat
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  • "Messer, Gabel, Schere, Licht, ist für kleine Kinder nicht."
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Rund 40.000 Kinder in NÖ verletzen sich jährlich und das alleine nur im eigenen Zuhause. Welche Gefahren im Haushalt lauern und wie es sich mit der Aufsichtspflicht verhält, erklärten uns eine Kinderärztin und Rechtsanwälte aus Wiener Neustadt.

WIENER NEUSTADT. Wenn sich das eigene Kind schwer verletzt, ist es auch für die Eltern eine zutiefst schlimme Erfahrung. Wir haben hier ein paar Tipps und Tricks, wie das in den eigenen vier Wänden nicht mehr so schnell passieren kann. 

Interview mit Dr. Monika Peter

Welche Unfall- und Verletzungsart ist am häufigsten?
Wiener Neustädter Kinderärztin Dr. Monika Peter:

"Die Arten der Unfälle und Verletzungen variieren mit dem Alter. Bei Kindern unter einem Jahr sind häufig Verletzungen durch Stürze hervorgerufen."

Eltern werden aufgerufen, das Baby sicher in einem Kindersitz (anfangs Babyschale) zu transportieren und auf eine gute Gurtführung mit einem gut angezogenen Gurt zu achten (maximal ein Fingerbreite zwischen Gurt und Kind). Weiters dürfen Säuglinge nie unbeobachtet am Wickeltisch, Sofa oder Bett gelassen werden. Sie können sich schnell umdrehen und dadurch runterfallen. Größere Kinder sollen auch im Hochstuhl bzw. im Kinderwagen angeschnallt werden. Ebenfalls sehr gefährlich sind instabile Kinderwagen oder auch Einkaufswagerl. Kinder sollen in die Einkaufswagensitzvorrichtung gesetzt werden – bei großen Kindern kippt der Einkaufswagen leicht, wenn sie sich auf der Seite draufhängen. Wichtig sind auch Treppenschutzgitter bzw. Fenstersicherungen! Eine zusätzliche Gefahr bei Kindern im Gehbeginn-Alter sind auch nicht befestigte Kommoden, Kästen oder Regale – daran ziehen sich Kinder auch gerne hoch. Hochbetten müssen ebenfalls abgesichert werden.

Meist fallen Kinder auf den Kopf, wodurch Verletzungen im Schädelbereich auftreten. Beulen, Rissquetschwunden, aber auch Arm-, Bein- oder Schädelbrüche sind keine Seltenheit.

Größere Kinder sollen beim Fahrradfahren immer einen Helm tragen – dies muss Kindern auch schon beim Laufradfahren angewöhnt werden (Radhelmpflicht bis 12 Jahren!).

Verbrennungen und Verbrühungen treten meist ab dem Alter von zirka fünf bis sechs Monaten auf. Kinder sind sehr schnell und greifen gerne zu. Manchmal passieren auch Unfälle, wenn die Eltern mit heißen Getränken und Kind im Arm ins Stolpern geraten. Deswegen gilt die Regel: Eltern dürfen niemals Heißes neben oder über dem Kind tragen, essen oder trinken.

Große Kinder imitieren Erwachsene und hantieren gerne mit Feuer. Auch hier gilt: niemals ein Kind unbeaufsichtigt mit einer brennenden Kerze alleine lassen.

Verschlucken oder Einatmen (Aspiration) von Fremdkörpern: Auch immer wieder einmal Thema in der Ordination. Gerade bei größeren Geschwisterkindern, die gerne kleine Spielsachen herumliegen lassen, ist die Gefahr groß. Auch beim Spielzeugkauf auf mögliche Kleinteile achten – Kinder nehmen alles gerne in den Mund.

Ertrinken: Gott sei Dank nicht sehr häufig, aber schon einige cm Wassertiefe reichen bei kleinen Kindern aus um zu ertrinken. Deswegen dürfen Kinder niemals unbeaufsichtigt in Badewannen oder im Sommer in Plantschbecken gelassen werden. Auch Kinder, die bereits schwimmen können, müssen beaufsichtigt werden (bis zum Alter von 10 Jahren!) – Kinder ertrinken meist völlig lautlos. Schwimmbecken und Biotope sollten mit einer ca 1,5m hohen Umzäunung (Maschenweite ca 4cm) und einer gut verschließbaren Türe versehen werden.

Ersticken: Plastiksackerl oder auch Ketten (Schnullerketten) sind keine Spielzeuge. Babyschnuller dürfen nie an Kordeln oder Schnüren befestigt werden – weder am Babykörper noch am Gitterbett. Achtung auch bei Vorhangschnüre oder Kabel.

Verätzungen, Einnahme/Verschlucken giftiger Substanzen: Putzmittel, Zigaretten oder auch Alkohol und Medikamente müssen kindersicher in verschlossenen Kästen aufbewahrt werden. Öfters habe ich auch Verätzungen erlebt, wenn Putzmittel in Getränkeflaschen abgefüllt und nicht beschriftet werden.

Tiere: Häufig sieht man auch Verletzungen durch Tiere. Kinder dürfen nie alleine mit Haustieren spielen oder alleine gelassen werden: Katzen kratzen sehr gerne ins Gesicht, wodurch sich oft massiv entzündete Wunden ergeben. Tiere reagieren oft unerwartet auf Kinder, weswegen unbedingt der richtige Umgang erklärt werden muss. Bei fremden Tieren ist generell Vorsicht geboten."

Foto: Privat

Wie viele Patienten kommen im Durchschnitt pro Monat nach solchen Unfällen zu Ihnen in die Ordination?

"Unterschiedlich, aber ich schätze im Schnitt fünf bis zehn Mal pro Monat. Unterschiedliches Alter – meist aber Kinder unter fünf Jahren."

Wie oft haben Aufsichtspersonen Schuld daran?
"Die Schnelligkeit und der Entdeckergeist der Kinder werden meist unterschätzt. In seltenen Fällen liegt eine Aufsichtspflicht-Verletzung des Erziehungsberechtigten vor. Gott sei Dank sind die meisten Unfälle glimpflich und Eltern/Kind kommen mit einem Schrecken davon bzw. verheilen die kleinen Verletzungen wieder gut. Leider ist der Grad aber sehr schmal und in seltenen Fällen kommt es zu einem Folgeschaden.

Ärztliche Begutachtung muss immer dann erfolgen, wenn sich zB nach Sturz das Verhalten des Kindes ändert, eine Wesensveränderung auftritt (zB Schielen, Erbrechen, vermehrte Schläfrigkeit…) oder auch wenn sichtbar eine Verletzung zu sehen ist (Blutung, Schonung des Armes/Beines bzw. massive Schwellung oder Schmerzen angegeben werden. Eine innere Verletzung kann bis 72Stunden nach Sturz auftreten (Achtung auf Prellmarken zB nach Fahrradstürzen). Eltern sollen auf die eigene Intuition achten, aber bei einem „komischen elterlichen Gefühl“ soll das Kind lieber 'einmal zu viel' angeschaut werden."

Foto: Privat

Rößler Rechtsanwälte wurden zwecks "Aufsichtspflicht" befragt

"Ganz allgemein besteht die Pflicht, dass minderjährige Kinder beaufsichtigt werden müssen. Die sogenannte Aufsichtspflicht trifft daher im eigenen Zuhause vorrangig die Eltern als Aufgabe der Pflege im Rahmen der Obsorgepflicht. Alter, Reife, persönliche Eigenschaften und der Entwicklungstand eines Kindes beeinflussen die Anforderungen an die Beaufsichtigung. Sinn der Aufsichtspflicht ist einerseits der Schutz des Kindes, aber auch der Schutz dritter Personen vor Gefahren und Schäden, die durch unangepasstes Verhalten von Kindern herbeigeführt werden können. Im Gesetz ist diese Aufsichtspflicht nicht detailiert geregelt. Es ist jedoch anerkannt, dass von der Aufsichtspflicht insbesonders eine Anleitungs-, Kontroll- und Belehrungspflicht umfasst sind. Kinder müssen über Gefahren und risikobehaftetes Verhalten aufgeklärt sowie von falschem Verhalten abgehalten werden. Es ist daher von den Eltern sicherzustellen, dass diese Verpflichtungen eingehalten werden. Sind Eltern in bestimten Zeiträumen nicht in der Lage, die Aufsichtpflicht selbst auszuüben, darf bzw. muss diese dritten Personen übertragen werden, wofür etwa Großeltern, Verwandte, Freunde, Babysitter, etc. in betracht kommen. Selbst (älteren) Kindern kann die Aufsichtspflicht übertragen werden, wenn diese dazu in der konkreten Situation in der Lage und insbesonders reif genug dafür sind.

Als Maßstab, der von einem Beaufsichtigenden im Einzelfall erwartet wird, wird von der Rechtssprechung im Schadensfall der durchschnittlich sorgfältige Mensch herangezogen. Es wird gefragt, wie eine andere durchschnittliche, verständige und sorgfältige Betreuung in dieser Situation reagiert hätte. Das Maß der Aufsichtspflicht orientiert sich stets an den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls, sodass eine generalisierende Antwort nicht gegeben werden kann, was im Einzelfall erforderlich ist. Je gefahrengeneigter eine konkrete Situation jedoch ist, desto höhere Anforderungen werden an das Verhalten des Aufsichtspflichtigen gestellt. Werden die erforderlichen Maßnahmen im Schadensfall nicht gesetzt, spricht man von einer Verletzung der Aufsichtspflicht.

Verletzt ein Aufsichtspflichtiger seine Aufsichtspflicht, hat er für entstandene Schäden zivilrechtlichen Schadeneratz zu leisten.

Es kann dabei jedoch auch zur Verwirklichung von Straftatbeständen kommen, wenn durch die Verletzung der Aufsichtspflicht das Kind oder Dritte zu Schaden kommen – zu denken ist hier an fahrlässige Körperverletzung (§ 88 StGB) oder gar fahrlässige Tötung (§80 StGB).

Hat jedoch ein Beaufsichtigender seine Aufsichtspflichten im Schadensfall erfüllt, kann er nicht zur Verantwortung gezogen werden", so die Wiener Neustädter Rechtsanwälte Sylvia und Oliver Rößler.

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