Kornspitz-Erfinder Peter Augendopler über Russland, den Nahen Osten und Verantwortung zu Hause

Peter Augendopler zu den Sanktionen gegen Russland: "Das ist ein absoluter Schwachsinn. Alle sind Verlierer." | Foto: backaldrin
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  • Peter Augendopler zu den Sanktionen gegen Russland: "Das ist ein absoluter Schwachsinn. Alle sind Verlierer."
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Wie läuft das Geschäft?
PETER AUGENDOPLER: Wir bewegen uns auf festem Grund. Es wird ein positives Jahr.

Wie geht es in Russland, einem Ihrer wichtigsten Märkte?
Wir sind in allen 68 russischen Regionen vertreten. Die Rubelabwertung macht unsere Rohstoffe für unsere Abnehmer dort aber jetzt wahnsinnig teuer. Trotzdem sind unsere Rückgänge überschaubar. Weil die Leute nicht auf uns verzichten wollen.

Was halten Sie von den EU-Sanktionen gegen Russland?
Das ist ein absoluter Schwachsinn. Alle sind Verlierer.

Im arabischen Raum war Backaldrin toll unterwegs. Dort läuft nichts mehr, oder?
Wir waren vor einigen Jahren Marktführer in Syrien, im Irak, im Jemen. Jetzt ist es dort aus. Wir halten natürlich noch Kontakt zu unseren Händlern vor Ort. Falls es wieder einmal losgehen sollte. Aber das wird wohl lange nicht der Fall sein.

Wackelt dadurch der Backaldrin-Produktionsstandort im jordanischen Amman?
Nein. Es gibt ja weiterhin sehr gute Märkte wie Saudi-Arabien, Oman oder die Emirate. Außerdem erschließen wir neue Märkte wie Nigeria, Senegal und Elfenbeinküste etc. in Westafrika oder Indonesien und Malaysia in Südostasien. Das entwickelt sich sehr positiv und macht die Verluste im Nahen Osten fast schon wett.

"Die Chinesen essen wenig Brot, aber es wird mehr."

Und China?
Die Chinesen essen wenig Brot, aber es wird mehr. Wir sind seit 13 Jahren dort und wachsen klein aber fein von Jahr zu Jahr. Mit dem größten Hefe-Hersteller Chinas haben wir vor Ort auch einen sehr guten Vertriebspartner, der zu 60 Prozent im Staatsbesitz ist und zu 40 Prozent an der Börse notiert.

Wie geht es am Heimmarkt Österreich?
Mit einem von uns geschätzten Marktanteil von 30 bis 35 Prozent und einem noch immer leichten Wachstum erstaunlich gut.

Sie haben vor über 30 Jahren den Kornspitz erfunden. Das Oberlandesgericht Wien hat unlängst den Begriff Kornspitz als Markennamen nicht anerkannt. Der Markennamen Kornspitz dürfte also – wenn es dabei bleibt – von anderen Mitbewerbern verwendet werden. Wie sehr schmerzt das?
Wir haben mit dem Kornspitz einen riesigen Erfolg geschafft. Wir sind in 72 Ländern damit. An diesem Erfolg würden gerne andere teilhaben. Damit muss man leben.

Aber Sie haben berufen?
Ja. Die Causa liegt jetzt beim Obersten Gerichtshof.

Was tun Sie, wenn der OGH das Gleiche sagt wie das Oberlandesgericht Wien?
Ich lebe nach dem Grundsatz der britischen Armee: Wir überqueren den Fluss dann, wenn wir ihn erreicht haben. Fakt ist aber, derzeit ist und bleibt der Kornspitz bis zu einer endgültigen Entscheidung eine geschützte Marke von Backaldrin.

"Der Backwarenmarkt wird in Europa nicht mehr wachsen."

Ist der europäische Markt überhaupt noch ein Zukunftsmarkt, wenn hier der Lebensmittelhandel schon bis zu 90 Prozent des Brotumsatzes macht und dabei von internationalen Konzernen mit Tiefkühlware versorgt wird?
Der Backwarenmarkt wird in Europa nicht mehr wachsen aber auch nicht schrumpfen. Und das ist ja schon sehr viel. Bleibt also die Frage, wer diesen Markt bedient. In Österreich zum Beispiel gibt es natürlich auch Tiefkühlprodukte. Die aber werden zum größten Teil von österreichischen Bäckereien hergestellt und dann noch von einigen deutschen. Aus anderen Ländern gibt es praktisch nichts in Österreich.

Auch keine chinesischen Teiglinge?
Das sind alles Latrinengerüchte. Es gibt in ganz Europa keine.

"Alles was in Österreich wächst und in ausreichender Menge vorhanden ist, kaufen wir in Österreich ein."

Zum Thema Regionalität: Wo kauft Backaldrin die Rohstoffe ein?
Alles was in Österreich wächst und in ausreichender Menge vorhanden ist, kaufen wir in Österreich ein. So kaufen wir 100 Prozent aller Getreiderohstoffe in Österreich ein.

In Deutschland oder Polen wäre es aber billiger.
Ja. Aber das ist eben unsere Geschäftspolitik seit 15 Jahren. Insgesamt stammen 75 Prozent all unserer Rohstoffe aus Österreich.


Foto: backaldrin

Liefern Sie auch Rohstoffe aus Österreich an das zweite Produktionswerk im jordanischen Amman?
Ja. Rund ein Fünftel der Rohstoffe, die in Amman verarbeitet werden, stammen aus Österreich.

Kann man sich als Lebensmittelproduzent Regionalität überhaupt noch leisten?
Unbedingt. Es gibt nun einmal kein besseres Getreide in Europa als das aus Österreich. Und die Regionalität hat den Vorteil, dass die Lieferanten in unserer Nähe sind. Wir kennen uns gegenseitig in- und auswendig. Unsere Lieferanten werden daher alles tun, um uns und damit unsere Abnehmer zufrieden zu stellen. Das ist mehr wert als jede Qualitätskontrolle, die es natürlich trotzdem gibt.

"Regionalität darf kein Schmäh sein."

Aber ist Regionalität auch den Konsumenten etwas wert?
Regionalität darf kein Schmäh sein. Dann ist der Konsument bereit, dafür zu bezahlen. Aber wir müssen auch sehen, dass in Österreich sehr viele Leute wenig verdienen. Für diese Menschen spielt der Preis eine ausschlaggebende Rolle. Umgekehrt ist es auch so: Je geringer das Einkommen, desto wichtiger wird die Qualität des Essens. Weil gutes Essen vielleicht wichtiger ist als ein zweites Auto. Da kann man mit ehrlicher Regionalität auch bei diesen Konsumenten punkten.

Von den weltweit 780 Mitarbeitern beschäftigt Backaldrin 280 am Hauptsitz im oberösterreichischen Asten. Woher kommen die?
Zum größten Teil aus dem Mühlviertel und Linz Land.

Sie beschäftigen auch Ausländer in Asten?
Etwa 70. Deutsche, Spanier, Brasilianer, Westafrikaner zum Beispiel. Wir sind weltweit tätig. Da ist eine gute internationale Durchmischung gut.

"70 Prozent aller Lehrlinge bleiben dauerhaft bei uns."

Wie viele Bäcker beschäftigen Sie?
Über 30. Die bilden wir großteils selbst aus. 70 Prozent aller Lehrlinge bleiben übrigens dauerhaft bei uns.

Hat Backaldrin also kein Facharbeiterproblem?
Generell haben wir etwas weniger Bewerbungen von Facharbeitern als in den Jahren zuvor. Wir haben aber eine stabile Mannschaft. Fähige Leute sind immer herzlich willkommen.

Wie beurteilen Sie die derzeitige Wirtschaftspolitik in Österreich?
Wirtschaft ist in Österreich ein Randthema und so wird es auch abgehandelt. Schade. Denn es gibt hier – egal ob Arbeitnehmer oder Unternehmer – unheimlich viele fleißige und kluge Leute.

Wo sehen Sie als Familienunternehmen eigentlich Ihre größte Verantwortung?
Im Wachstum. Denn es wäre für mich die größte persönliche Niederlage, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen zu müssen, weil wir nicht mehr wachsen.

Danke für das Gespräch.

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