Lehrlinge gehen öfter ins Ausland
Während es für Schüler und Studenten schon fast selbstverständlich ist, ein Auslandssemester zu absolvieren, sind Auslandsaufenthalte von Lehrlingen noch eher selten. Doch immer mehr Lehrlinge und Lehrbetriebe erkennen den Wert von Auslandspraktika für die berufliche und persönliche Entwicklung.
ÖSTERREICH. 2015 haben 702 österreichische Lehrlinge Praktika im EU-Ausland gemacht. Das sind doppelt so viele wie noch vor wenigen Jahren. Martin Prinz vom Österreichischen Austauschdienst (OeAD) wünscht sich noch viel mehr Teilnehmer.
Mehr Hürden für Lehrlinge
"Lehrlinge sind im Gegensatz zu Schülern und Studenten schwerer mobil zu machen, weil Betrieb und Berufsschule zustimmen müssen", sagt Prinz im Gespräch Regionalmedien Austria (RMA). Hinzu komme, dass sich kleinere Betriebe den mehrwöchigen Wegfall einer Arbeitskraft kaum leisten können.
Selbstvertauen und Sprache
Die gelernte Buchhändlerin Anna Krupitza verbrachte 2015 nach ihrem Lehrabschluss einen Monat im irischen Belfast, wo sie in einer Buchhandlung arbeitete. "Das war eine durchwegs positive Erfahrung, die ich jedem weiterempfehle", sagt Krupitza im Gespräch mit den RMA. Für sie war es jedenfalls ein großer Gewinn – nicht nur, was die Sprachkenntnisse betrifft. "Es hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Wenn ich in Irland in einer fremden Sprache Buchhandel betreiben kann, dann kann ich das auch in meiner Heimat", sagt Krupitza, die demnächst ihren eigenen Comicbuchladen in Wien eröffnen wird.
Führungspositionen übernehmen
Bei der Einzelhandelskauffrau Renate Sabo war es der Lehrbetrieb, der die Initiative ergriff. "Die Idee kam vom Betrieb", sagt Sabo, die beim Eurospar in Purgstall in der Lehre ist. "Für mich war das eine tolle Gelegenheit neue Erfahrungen zu sammeln", sagt sie zur RMA weiter. Sie hat vier Wochen im britischen Portsmouth verbracht. Der Auslandsaufenthalt gebe den Lehrlingen die Möglichkeit, Führungspositionen zu übernehmen, so Sabo, die stellvertretende Abteilungsleiterin für Obst und Gemüse ist.
Zur Sache: Auslandspraktika für Lehrlinge
Die Praktika werden aus Mitteln des EU-Programms Erasmus+ gefördert, zu dem auch die Mobilitätsprogramme von Schülern und Studenten zählen. Dem OeAD stehen dafür 5,2 Millionen Euro zur Verfügung. Der Internationale Fachkräfteaustausch (IFA) schreibt zweimal jährlich Praktika aus, bei denen sich Lehrlinge ab 16 Jahren ab dem dritten Lehrjahr bewerben können. Die Teilnahme ist bis maximal ein Jahr nach Lehrabschluss möglich. Die aktuelle Ausschreibung läuft bis 20. Mai.
Die Förderung besteht aus einem länderabhängigen Zuschuss zu den Reise-, Versicherungs- und Aufenthaltskosten. Auch Sprachkurse können in einigen Fällen gefördert werden. Die Förderungen decken allerdings nicht die Gesamtkosten. Bei einem drei- bis fünfwöchigen Aufenthalt ist mit einem Selbstbehalt zwischen 200 und 700 Euro zu rechnen. Lehrlinge bleiben während der Dauer des Auslandsaufenthalts in Österreich sozialversichert und erhalten weiterhin die Lehrlingsentschädigung vom Lehrbetrieb.
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