Die großen Sorgenfalten der heimischen Schweinebauern

Kämpfen für einen fairen Anteil am Verkaufspreis: Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher (Mitte), Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann (rechts) und Schweinebauer Manuel Hagendorfer (links). | Foto: LK
  • Kämpfen für einen fairen Anteil am Verkaufspreis: Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher (Mitte), Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann (rechts) und Schweinebauer Manuel Hagendorfer (links).
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Schweinebauern hatten 2015 wenig Glück – eines der schwierigsten Jahre. „Es war eines der schwierigsten Jahre für die Schweinebäuerinnen und Schweinebauern. Der Erzeugerpreis ist bei Weitem nicht mehr kostendeckend, die Schweinebauern arbeiten ohne Lohn, die Darlehensraten können vielfach nicht mehr getilgt werden, viele Betriebe sind in Existenzgefahr“, erläutert Präsident Franz Titschenbacher. Für ein Schlachtschwein, das sechs Monate täglich gut betreut und gefüttert wird, bekommen die Bauern derzeit nur noch 126 Euro netto, um 29 Euro weniger (minus 19 Prozent) als vor zwei Jahren. Das entspricht zwei Tankfüllungen für ein durchschnittliches Familien-Auto.

„Die 6.300 heimischen Schweinebauern sichern direkt und indirekt rund 16.000 Arbeitsplätze. Sie sind ein wichtiger Wirtschaftsmotor im ländlichen Raum“, unterstreicht Titschenbacher. Aufgrund der schwierigen Marktlage sind Investitionen in die Schweinehaltung seit längerem nicht mehr möglich. Das hat entsprechend negative Auswirkungen auf das regionale Gewerbe, auf Stallbau- und Stalleinrichtungsfirmen sowie auf die Landmaschinenhändler und Landmaschinenfirmen. Titschenbacher: „Die Preismisere trifft nicht nur die Bauern, sondern auch das gesamte wirtschaftliche Umfeld sowie damit verbundene Arbeitsplätze“.

Regionalität bleibt weiter ein Megatrend. Mehr als 85 Prozent der Steirerinnen und Steirer wünschen sich im Lebensmittelhandel ein größeres Angebot an regionalen Lebensmitteln und sie wären bereit bis zu 15 Prozent mehr für heimische Herkunft zu zahlen, so eine aktuelle steirische Studie (bmm, September 2015). Die heimischen Schweinebauern haben schon in den vergangenen Jahren diesen Trend aufgegriffen und wichtige Regionalmarken wie beispielsweise „Vulkanlandschwein“, „Steirerglück“, „absolut steirisch“ oder das „Woazschwein“ ins Leben gerufen. „Knapp 530.000 Marken-Schweine dieser Provenienz bieten 811 steirische Schweinebauern“, unterstreicht der Kammerpräsident und ruft auf, heimischem Schweinefleisch den Vorzug zu geben.

Titschenbacher: Herkunft des Fleisches wie in der Schweiz auf der Speisekarte anführen! Den Steirerinnen und Steirern ist die Herkunft der Lebensmittel sehr wichtig. Der Bauernvertretung gelang es, dass seit April 2015 die Herkunft von Schweinefleisch nach dem Prinzip geboren-gemästet-geschlachtet verpflichtend gekennzeichnet wird. Fleisch von österreichischen Schweinen kann also klar von importiertem unterschieden werden. „Damit ist es auch möglich, dass die Gastronomie diese durchgängige Kennzeichnungskette auf der Speisekarte fortsetzt. Es gibt hier bereits Positivbeispiele“, sagt Titschenbacher und bekräftigt seine Forderung, „dass ähnlich wie in der Schweiz auch bei uns in der Gastronomie, Hotellerie und in den Großküchen die Herkunft des verwendeten Fleisches auf der Speisekarte deklariert werden muss“. Allerdings: Rund 50 Prozent des in den Gastrogroßmärkten angebotenen Schweinefleisches kommt derzeit aus dem Ausland.

Bundesvergabegesetz ermöglicht ab 1. März 2016 bestes statt billigstes und somit regionales Essen in den Kantinen. Österreichweit werden täglich 2,3 Millionen Mahlzeiten in Verwaltungsgebäuden, Schulen, Internaten, Kasernen, Spitälern oder Pflege- und Altersheimen verzehrt. Das im Dezember vom Nationalrat novellierte und ab 1. März in Kraft tretende Bundesbeschaffungsgesetz ermöglicht das Bestbieterprinzip auch für Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch, Gemüse und Obst. Damit können hochwertige, regionale Lebensmittel den ausländischen Billigstangeboten vorgezogen werden. Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher freut sich, dass der Steiermärkische Landtag bereits mit 1.Juli 2015 einen ähnlichen Beschluss gefasst hat. Titschenbacher verlangt: „Dass öffentliche Auftraggeber und ausgegliederte Unternehmen des Bundes und der Länder diese Vorgaben auch konsequent umsetzen.

Mit voraussichtlich 4. Jänner startet die EU mit der von Österreich und anderen Mitgliedsstaaten geforderten „privaten Lagerhaltung“. Firmen verpflichten sich dabei, Schweinefleisch für einen bestimmten Zeitraum einzulagern und erhalten Zuschüsse zu den Lagerkosten. „Dies wird Druck vom Markt nehmen und eine gewisse Entspannung bringen“, sagt Titschenbacher. Gleichzeitig soll ein mit Landesrat Johann Seitinger geschnürtes Maßnahmenpaket gewisse Anreize schaffen, dass in dieser extrem schwierigen Zeit die Schweine- und Ferkelhalter ihre Betriebe weiterführen. Außerdem wird ermöglicht, dass maximal zwei Tilgungsraten von Agrarinvestitionskrediten gestundet oder die Laufzeit um ein Jahr verlängert wird. Weiters ist eine von Landesrat Johann Seitinger unterstützte Schnitzel-Aktion in Planung, die den Kauf von regionalem Schweinefleisch ankurbeln soll.

Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann: Bäuerliche Familienbetriebe, denen die Steirerinnen und Steirer positiv gegenüberstehen, sind unter Druck. Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann führt ins Treffen, „dass in schwierigen Zeiten die bäuerlichen Familienbetriebe massiv unter Druck kommen und in Existenzgefahr sind, denen die Steirerinnen und Steirer sehr positiv gegenüberstehen“. In den vergangenen zwei Jahren waren die steirischen Schweinebauern aufgrund des angespannten Marktes nicht mehr in der Lage, Investitionen zu tätigen. Leider musste aufgrund dessen eine Stallbaufirma bereits ein Drittel der Belegschaft freisetzen, bei verschiedenen Gewerbebetrieben sind die Auftragsbücher leer. Tauschmann ferner: „Die heimischen Schweinebauern werden auch in Zukunft den Trend zu regionalen Fleischmarken im Sinne der Ökobilanz, der heimischen Arbeitsplätze, der regionalen Wirtschaft sowie der Tiergesundheit und des Tierwohls weiter verstärken. Eine aktuelle Studie der Johannes Kepler Universität Linz (Oktober 2015) zeigt, dass 17.000 Arbeitsplätze geschaffen würden, wenn die Österreicher um ein Prozent mehr für heimische Lebensmittel ausgeben und den Importanteil um einen Prozent verringern würden.

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