Sorge um künftige Arztpraxen
Gemeinderatsbeschlüsse sollen verbesserte Bedingungen für Landmediziner einfordern.
Hausapotheken und Landarztpraxen kommen immer mehr unter Druck. Sind Großapotheken und Versorgungszentren die Zukunft? Landärzte und Gemeinden schlagen Alarm und fordern ein duales System, ein faires Nebeneinander.
Ein Treffen dazu fand in der Praxis von Dr. Friedrich Ritter in Gasen statt. Anwesend waren Ärzte und Gemeindevertreter vom oberen Feistritztal bis Puch und Fladnitz/T.
Gemeinsam mit seinen Kollegen möchte LAbg. und Bürgermeister von Gasen Erwin Gruber für verbesserte Strukturen und Bedingungen der Landärzte eintreten (Siehe unten).
Beschlüsse (teils bereits gefasst) sollen in weiteren Gemeinderatssitzungen auf den Tisch kommen.
"Wir wollen Rahmenbedingungen einfordern, um künftig eine gute Primärmedizin zu gewährleisten. Es braucht klare Regelungen in punkto Arbeitszeit und Nachtdienste sowie für Lehrpraxen und Hausapotheken", sagt Gruber.
Zudem geht in den nächsten zehn Jahren mehr als die Hälfte der Hausärzte in den Ruhestand. Die große Sorge: die Nachbesetzung der Stellen. Denn großteils absolviert ein angehender Arzt seine Lehre im Krankenhaus und nicht in der Landarztpraxis.
"Man muss als angehender Landarzt dieses Leben sehen, fühlen und erleben. Nur so hat man eine realitätsnahe Vorstellung. Das ist in einem Krankenhaus nicht möglich", sagt Andreas Kirisitz, Hausarzt in Puch/Weiz, der Hausapotheken- und Medikamentenreferent der Ärztekammer für Steiermark ist.
Zudem muss jeder ausbildende Arzt, wenn er einen "Lehrling" aufnimmt, aus eigener Tasche dazuzahlen.
Ein Großteil der Mediziner ist weiblich und es gilt, Beruf und Familie zu vereinen. Umso schwieriger ist dies für eine Landpraxis mit 70 bis 100 Wochenstunden, dazu bei weniger Gehalt.
"Man muss einen Wirtschaftsbetrieb gründen. Man investiert in einen Betrieb, und Einwohner werden oft weniger", betont Christian Geyer, praktischer Arzt und Lungenfacharzt in Strallegg.
"Wir müssen die Grundversorgung in den Landgemeinden aufrecht erhalten. Jede Schließung wäre eine Katastrophe", sagt Bgm. Peter Kern aus Strallegg.
Forderungen für die Landmedizin
Um eine nachhaltige ärztliche Versorgung am Land sicherzustellen, werden seitens der Gemeinden und Landärzte drei wesentliche Punkte von Verantwortlichen in Bund und Ministerium gefordert.
1) Bessere Finanzierung längerer Praxisöffnungszeiten: Die Wochenend- und Nachtarbeitszeit von Landärzten sollte zusätzlich von den Krankenkassen abgegolten werden, z.B. Landarztzuschlag derzeit nur Erschwerniszulage 25–50% für Visiten, Labor und fachärztliche Leistungen.
2) Beseitigung rechtlicher Hürden für Hausapotheken – das "duale System" sichert Medikamenten-Versorgung am Land: Landärzte sind die unmittelbaren Ansprechpartner für Patienten. Wichtiger Beitrag zur wohnortnahen medizinischen und medikamentösen Versorgung. Die ärztliche Hausapotheke spart dem Patienten Zeit. Keine zusätzlichen Fahrten, also auch kostengünstiger. Unverzichtbarer Einkommensvorteil, ohne den die Praxis nicht existenzfähig wäre. Finanzielle Planungssicherheit über 2018 hinaus. Öffentliche Apotheken können den Leistungsumfang einer landärztlichen Apotheke – wie Abgabe in der Praxis, wohnortnah, Wochenende, in der Nacht und bei Hausbesuchen – kaum zur Gänze ersetzen.
3) Familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Ärzte und Ärztinnen am Land: Steigender Frauenanteil, neue Bereitschaftsdienstmodelle, flexible Formen der Zusammenarbeit in Form von Gruppenpraxen, Timesharing, neue Praxis-Netzwerke wie Styriamed.net; Anstellung Arzt bei Arzt, Lehrpraxis im Studium und Turnus.
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