Urteil rechtskräftig
Acht Jahre Haft für Pflegemutter aus dem Bezirk Amstetten
Nachdem eine 46-jährige Pflegemutter aus dem Bezirk Amstetten im Juni 2021 am Landesgericht St. Pölten zu acht Jahren Haftstrafe verurteilt worden war, legte Verteidiger Georg Thum im Namen seiner Mandantin volle Berufung ein.
BEZIRK AMSTETTEN. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde in der Folge vom Obersten Gerichtshof abgewiesen. Nun bestätigte das Oberlandesgericht Wien auch noch das Strafmaß. Das bedeutet für die Beschuldigte, dass sie demnächst die Haft anzutreten hat (rechtskräftig).
Beim Prozess in St. Pölten schilderte Staatsanwältin Barbara Kirchner erschütternde Details aus dem Leben Kindes, das 2013 im Alter von eineinhalb Jahren in die Obhut der ausgebildeten Tages- und Pflegemutter kam, die bereits seit Jahren in dieser Funktion tätig war.
Kind verwahrlost und unterernährt
Das Kind wog damals zwölf Kilo und brachte fünf Jahre später kaum mehr auf die Waage. Körperlich massiv zurückgeblieben, stark auffällig im sozialen Verhalten und Narben führten trotz Kontrollbesuchen der Jugendfürsorge erst durch die Hartnäckigkeit einer Volksschullehrerin zu Ermittlungen. Vorwürfe, wonach das Kind kaum zu essen bekam, mit Handschellen ans Bett gefesselt und geschlagen wurde, sogar Kot essen musste, sowie ungewaschen und verwahrlost diverse Betreuungseinrichtungen besuchte, standen im Raum. Gutachter attestierten der Mutter einerseits, keine psychisch-geistigen Störungen im Sinne einer Erkrankung zu haben, während sich das Kind andererseits jahrelang in einem lebensbedrohlichen Zustand befunden habe. Der Hunger des Kindes sei mit täglichen Schmerzen von zwölf bis 16 Stunden verbunden gewesen, die das Mädchen mangels besserer Erfahrungen ertrug.
Katastrophale Zustand des Mädchens
Zahlreiche Zeugen, darunter auch Mediziner, die das Mädchen über Jahre betreuten, sowie Fürsorgerinnen wurden detailliert befragt, zumal sich der Richter nicht erklären konnte, wieso der auffallend katastrophale Zustand des Mädchens jahrelang niemanden zum Einschreiten brachte. Ein wesentlicher Anhaltspunkt auch für den Verteidiger, der unter anderem auf Ehemann und leibliche Kinder der Angeklagten als Entlastungszeugen setzte. Mittlerweile geschieden machte sowohl der Ehemann als auch die Kinder von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch. Unerklärlich für Georg Thum ist auch die Tatsache, dass die Ermittlungen gegen die Jugendfürsorge bereits im Vorfeld des Prozesses eingestellt worden waren. Zur letzten Entscheidung meinte Thum: „Trotz erheblicher Bedenken an der Beweiswürdigung muss man sich mangels weiterer Rechtsmittel dieser Entscheidung fügen.“
Die Beschuldigte leugnete bis zuletzt, für den Zustand des Mädchens verantwortlich zu sein. Sie habe mehrmals Hilfe in Anspruch genommen, sich beraten lassen und sich den besonderen Bedürfnissen des Kindes entsprechend verhalten. Seit 2018 befindet sich das Mädchen in einer Betreuungsstelle, in der es relativ rasch einige Defizite abbauen konnte.
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